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Eine „einvernehmliche Kündigung“ gibt es im österreichischen Arbeitsrecht nicht. Der Begriff „einvernehmliche Kündigung“ wird in der Praxis oft verwendet, ist aber missverständlich und widersprüchlich. Warum das so ist und warum es wichtig ist, Kündigung und einvernehmliche Beendigung von Dienstverhältnissen auseinander zu halten, schildert dieser Artikel „Kündigung und einvernehmliche Beendigung“ im Überblick:

Beendigung von Dienstverhältnissen

Das österreichische Arbeitsrecht kennt im Wesentlichen folgende Basiskonzepte der Beendigung von unbefristeten Dienstverhältnissen:

  • Ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer, jeweils unter Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen
  • Fristlose Entlassung aus wichtigem Grund durch den Arbeitgeber
  • Sofortiger Austritt aus wichtigem Grund durch den Arbeitnehmer
  • Tod des Arbeitnehmers
  • Einvernehmliche Lösung

Die „einvernehmliche Kündigung“ ist formell gesehen keine Beendigungsart. Nach den Grundprinzipien des Zivilrechts, zu dem auch das Arbeitsrecht gehört, sind aber einvernehmliche Beendigungen von Vertragsverhältnissen grundsätzlich jederzeit möglich.

Die – vermeintlich oft als „einvernehmliche Kündigung“ bezeichnete – einvernehmliche Auflösung darf nicht mit einer Kündigung verwechselt werden:

Eine Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung einer der Vertragsparteien mit Wirkung für die Zukunft. Bei Ausspruch der Kündigung sind Fristen und Termine einzuhalten, die Kündigung muss dem anderen Vertragspartner rechtzeitig zugehen, Gründe müssen nicht angegeben werden. Vereinfachtes Beispiel: „Arbeitgeber A kündigt das Dienstverhältnis mit Arbeitnehmer B unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von xxx Monaten zum 31.3.2015.“

Eine einvernehmliche Beendigung hingegen ist eine Willensübereinstimmung beider Vertragsparteien. Für sie gelten keine Fristen und Termine, erforderlich ist aber eine Einigung beider Parteien über die Beendigung und deren Modalitäten, wobei die Einigung frei von Willensmängeln sein muss (also nicht durch Zwang, List oder Drohung herbeigeführt). Vereinfachtes Beispiel: „Arbeitgeber A und Arbeitnehmer B vereinbaren, dass das Dienstverhältnis einvernehmlich am 31.3.2015 endet“.

Wahl der Beendigungsart

Im Rahmen eines professionellen Trennungsmanagements ist aus rechtlicher Sicht eine der wichtigsten und ersten Fragen: „Durch welche Beendigungsart soll das Dienstverhältnis beendet werden?“ Die Wahl der passenden Beendigungsart muss im Einzelfall anhand verschiedener Kriterien erfolgen. Sie ist auch stark eine Frage der Unternehmenskultur und hat zahlreiche Aus- und Außenwirkungen. Eine einvernehmliche Beendigung eines Dienstverhältnisses kann gegenüber anderen Beendigungsarten Vorteile haben und dazu beitragen, Trennungen fair zu gestalten.

Eine einvernehmliche Auflösung ist aber nicht immer das Allheilmittel. Je nach Einzelfall kann auch der Ausspruch einer Kündigung oder sogar eine Entlassung sinnvoll und/oder erforderlich sein. Zu bedenken ist auch, dass eine einvernehmliche Beendigung nur möglich und wirksam ist, wenn die andere Partei aus freiem Willen zustimmt. Hinweis: Das Anbieten einer einvernehmlichen Auflösung kann als Verwirken des Entlassungsrechts interpretiert werden.

Einvernehmliche Trennung

Ein magerer Kompromiss ist besser als ein dicker Prozess (George Herbert) – Mögliche Vorteile einer einvernehmlichen Trennung

Aus Arbeitgebersicht sprechen unter anderem folgende Aspekte gegen eine Kündigung und für eine einvernehmliche Trennung:

  • Einvernehmliche Auflösungen bieten höhere Rechtssicherheit. Sie sind nur sehr eingeschränkt vor Gericht anfechtbar und können langwierige und teure Streitigkeiten verhindern.
  • Das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren (Verständigung des Betriebsrats und Abwarten der Sperrfrist) muss nicht eingehalten werden.
  • Einvernehmliche Auflösung können mehr Fairness und Wertschätzung zum Ausdruck bringen.

Auch aus Arbeitnehmersicht gibt es Vorteile, etwa mögliche freiwillige Zusatzleistungen, Verzicht des Arbeitgebers auf Ansprüche gegen den Arbeitnehmer, Mitgestaltungsmöglichkeiten, keine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld und kein Verlust der Abfertigung Alt.

Formalitäten

Einer der rechtlichen Kardinalfehler im Trennungsmanagement ist das Nichteinhalten von Fristen, Terminen und Formvorschriften. Ein noch so kleines Versehen im Fristen- und Formmanagement kann ungeahnte Folgen haben: etwa Unwirksamkeit der Auflösung, Schadenersatzansprüchen des Arbeitnehmers und langwierige Gerichtsverfahren. Daher: Ist die Wahl der Beendigungsart getroffen, muss als nächster Schritt geprüft werden, welche Formalitäten einzuhalten sind.

Bei einer ordentlichen Kündigung sind dies unter anderem Ermittlung und Berechnung der anzuwendenden Kündigungsfrist und des Kündigungstermins, Einhalten des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens sowie Überprüfung, ob Schriftform erforderlich ist.

Bei einer fristlosen Entlassung sind dies unter anderem Prüfung, ob das Verhalten auch tatsächlich eine Entlassung rechtfertigt, Ermittlung und Dokumentation des Sachverhalts, unverzüglicher Ausspruch der Entlassung und anschließende Information des Betriebsrates.

Für einvernehmliche Auflösungen gibt es keine Pflicht zur Einhaltung von Fristen und Terminen. Die Formfreiheit ist jedoch nicht grenzenlos: Bei Minderjährigen, Präsenz- und Zivildienern sowie Lehrlingen gilt Schriftformgebot und die zwingende Einholung einer Bescheinigung über eine Rechtsbelehrung durch die AK oder das Arbeits- und Sozialgericht. Bei Schwangeren und Eltern in Elternkarenz gilt Schriftformgebot. Vorsicht: Wird eine Auflösungsvereinbarung in Unkenntnis einer Schwangerschaft geschlossen und die Schwangerschaft binnen fünf Tagen gemeldet, ist die Vereinbarung unwirksam. Keine Formvorschriften gelten entgegen zuweilen kursierender Gerüchte für Betriebsräte oder begünstigte Behinderte. Auch wenn kein gesetzliches Schriftformgebot gilt: Schriftform ist für eine einvernehmliche Auflösung in jedem Fall ratsam.

Tipps für die Gestaltung von einvernehmlichen Auflösungen

Grundsatz: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können (und müssen) den Inhalt und die Konditionen der einvernehmlichen Auflösung frei vereinbaren. Nicht fehlen darf der ausdrückliche Hinweis, dass die Beendigung einvernehmlich erfolgt, da sonst unklar sein könnte, um welche Beendigungsart es sich handelt.

Regel Nr. 1: Keine Auflösungsgespräche ohne gute Vorbereitung! Eine einvernehmliche Auflösung muss gut vorbereitet sein, und zwar aus rechtlicher ebenso wie aus organisatorischer und methodischer Sicht. Aus rechtlicher Sicht muss dabei insbesondere überlegt werden, ob und welche Leistungen dem Arbeitnehmer im Gegenzug für die Unterzeichnung einer einvernehmlichen Auflösung angeboten werden. Klassiker sind freiwillige Abfertigungen, Kostenübernahme für Outplacement-Programme, positive Dienstzeugnisse (Achtung auf Wahrheitsgebot und Nichterwähnen der Beendigungsart) oder Dienstfreistellung (eventuell unter Widerrufsvorbehalt). Wenn die Initiative zur einvernehmlichen Auflösung eindeutig vom Arbeitnehmer ausgeht und keine unzulässige Drucksituation vorliegt, könnte anders herum der Arbeitnehmer sogar auf Ansprüche (zB Einhaltung der Kündigungsfrist, Abfertigung alt) verzichten. Die Wirksamkeit von Verzichtserklärungen muss aber im Einzelfall sorgfältig vorab geprüft werden.

Regel Nr. 2: Alle offenen Punkte klären! Es sollten alle offenen Fragen im Zusammenhang mit der Beendigung und dem Dienstverhältnis klar geregelt werden, nicht nur das einvernehmliche Enddatum. Fragen wie Rückgabe von Betriebsmitteln, Rückersatz von Ausbildungskosten, Bindung an Konkurrenzklauseln, Verbrauch des Resturlaubs und vieles andere wird oft nicht mitbedacht und bleibt ungeregelt.

Regel Nr. 3: Nicht auf den Generalvergleich vergessen (sofern ein solcher gewünscht ist)! In der Regel enthält die Auflösungsvereinbarung eine Generalklausel, nach der mit Erfüllung der Vereinbarung (wechselseitig) alle Ansprüche bereinigt und beglichen sind. Wird eine solche Klausel nicht aufgenommen, verfehlt die einvernehmliche Auflösung einen ihrer Hauptzwecke, nämlich die abschließende Regelung aller möglichen Ansprüche.

Regel Nr. 4: Keine unzulässige Druckausübung und Beachtung der Mitwirkungsrechte des Betriebsrates! Unter unrechtmäßigem Druck dem Arbeitnehmer „abgerungene“ Auflösungsvereinbarungen können nichtig sein, denn hier fehlt es an der Freiwilligkeit. Ganz ohne Betriebsrat geht auch eine einvernehmliche Auflösung nicht: Der Arbeitnehmer kann vor Unterzeichnung die Beratung mit dem Betriebsrat verlangen. Dann gilt eine Sperrfrist von zwei Arbeitstagen. Tipp: Macht der Arbeitnehmer von seinem Beratungsrecht keinen Gebrauch, sollte dies in der Auflösungsvereinbarung vermerkt sein.

Hinweis: Dass bei einvernehmlichen Auflösungen grundsätzlich keine Auflösungsabgabe zu zahlen ist, ist ein Mythos. Ausgenommen sind einvernehmliche Auflösungen während des Probemonats, bei Anspruch auf Alterspension oder Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz, oder wenn unmittelbar ein neues Dienstverhältnis im Konzern anschließt. Ansonsten ist auch bei einvernehmlichen Auflösungen die Auflösungsabgabe zu entrichten (2014: € 115; 2015: € 118).

Trennungen von Mitarbeitern ohne unnötige Kosten, böse Überraschungen und unangenehme Folgen setzen ein professionelles Trennungsmanagement voraus. Dazu gehören insbesondere auch die Prüfung und Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Eine genaue Vorbereitung sowie die Abklärung der Vor- und Nachteile, Möglichkeiten, Voraussetzungen sowie Formalitäten im Vorhinein sind daher sehr wichtig.

Das Leben hat immer mehr Fälle, als der Gesetzgeber sich vorstellen kann (Norbert Blüm)

Kündigung und einvernehmliche Beendigung | Arbeitsrecht

Dr. Anna Mertinz | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Dr. Anna Mertinz ist Partnerin und Leiterin des Arbeitsrechtsteams bei KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH. Sie war zuvor als Legal Counsel bei Coca-Cola HBC Austria GmbH tätig und ist auf Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts spezialisiert.

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