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Wenn HR-Maßnahmen einfach nicht greifen – Das Modell der Ebenen der Führung als Lösungsansatz

Wenn HR Maßnahmen einfach nicht greifen, das Modell der Ebenen der Führung als Lösungsansatz

Personalisten sind ja oft nicht zu beneiden. Vielfach erkennen sie Trends sehr früh, versuchen tiefgehenden kulturellen Wandel zu initiieren und scheitern doch immer wieder mal am fehlenden Commitment der Führungskräfte, an einem Mangel an Motivation zur Umsetzung oder schlicht nicht vorhandenen Kompetenzen.

So sehr man sich auch bemüht, bestimmte erhoffte Veränderungen lassen sich einfach nicht und nicht so umsetzen wie gewünscht. In meiner Beratungspraxis bin ich oft damit konfrontiert, da gerade der von mir bearbeitete Bereich der familienfreundlichen Maßnahmen im Betrieb und des Diversity Managements häufig an Grenzen in der Umsetzung stößt. Um dem möglichst gut zu begegnen, bediene ich mich in der Beratungsarbeit eines einfachen Modells, das ich Ihnen heute gerne vorstellen möchte.

Die Ebenen der Führung – ein Modell zur effektiven Umsetzung von Wandel im Unternehmen

Das Modell, das ich in meiner Beratungsarbeit häufig anwende, ist kein von mir eigens erfundenes, sondern basiert auf einem althergebrachten Modell aus der Organisationspsychologie von Lutz von Rosenstiel. Ich nenne es „die Ebenen der Führung“. Es verdeutlich welcher Ebenen es bedarf, um Vorhaben in einer Organisation erfolgreich umzusetzen. Wenn eine oder mehrere der Ebenen schlecht bedient werden, ist ein Scheitern wahrscheinlich.

Im Folgenden möchte ich Ihnen das Modell anhand eines einfachen Beispiels aus meiner Praxis erläutern: In einer Organisation soll die Möglichkeit eines Sabbaticals (3 Monate, alle 7 Jahre in Anspruch zu nehmen) eingeführt werden. Man erwartet sich davon eine stärkere Mitarbeiterbindung. Um dieses Vorhaben erfolgreich umzusetzen, sollte jede der Ebenen gut durchdacht und berücksichtigt sein:

Organisationales SOLLEN – Ermutigung der Führungskräfte

Die oberste und meiner Erfahrung nach mitunter wichtigste Ebene ist jene des „Sollens“. Gemeint ist damit, dass es einen klaren Handlungsauftrag an die Führungskräfte gibt, der von der Leitung auch entsprechend kommuniziert ist.
Oft stockt die Umsetzungs bereits hier, wenn die Leitung kein klares Commitment zu einer Maßnahme abgibt und diese auch gegenüber ihren Führungskräften ausreichend kommunziert.

Dieses Commitment kann unterschiedlich erfolgen, etwa durch

  • Aufnahme ins Leitbild,
  • Aufnahme in die Führungsgrundsätze und –leitlinien,
  • Aufnahme in die Corporate-Social-Resonsibiliy-Grundsätze,
  • Veröffentlichung in internen Medien (Bericht in der Mitarbeiterzeitung)
  • Präsentation / Diskussion bei Führungskräfte-Zusammenkünften

Als Berater ist für mich eines oberstes Gebot: Wenn es für ein Vorhaben kein klares Commitment gibt, dann Finger weg! Das sei auch allen Personalisten geraten. Vielleicht ist es ärgerlich, wenn ein ersehnter Plan nicht umgesetzt werden kann, aber fehlendes Commitment führt meist zu Frust, weil kein Rückhalt da ist, wenn es zu internen Widerständen kommt.

Bezogen auf unser Beispiel wäre es in diesem Fall besonders wichtig, dass die Leitung des Unternehmens den Führungskräften klar den Nutzen und die Zielsetzung vermittelt, vor allem aber hervorhebt, dass das erwünschte Verhalten jenes ist, dass Mitarbeiter angstfrei einen Wunsch nach einer Auszeit bei ihrer Führungskraft melden können.

Soziales DÜRFEN– Vorhaben sozial erwünscht machen

Eine besondere Kraft der Ermöglichung aber auch Verhinderung liegt auf der zweiten Ebene, jener des „Dürfens“. Gemeint ist dabei nicht das Dürfen im disziplinarischen Sinn, sondern das soziale Dürfen.

Anhand unseres Beispieles lässt sich das gut erklären: Die Entscheidung über die Einführung des Sabbaticals wurde getroffen und kommuniziert. Einige Zeit später stellt der erste Mitarbeiter einen Antrag auf ein dreimontiges Sabbatical. In der Runde der Führungskräfte wird darüber gesprochen. Dabei fällt folgendes Statement: „Was, Herr Meier kann bei Dir einfach so drei Monate weg sein? Na Ihr müsst Zeit haben!“

In diesem Fall ist der behindernde Faktor, der die Führungskraft zögern lassen wird, jener, dass das Vorhaben sozial nicht erwünscht ist, ja sogar auf Missbilligung aus den eigenen Reihen stößt.

Um diesem Problem zu entgehen, ist es neben dem klaren Auftrag der Leitung wichtig, danach auch konsequent positive Beispiele vor den Vorhang zu holen. Die wirkungsvollste Maßnahme ist hierbei aber das Vorleben, etwa seitens der Leitung, die selbst entweder eine gewisse Leistung in Anspruch nimmt oder ihrerseits ermöglicht. Auch Lob für die Umsetzung ist ein starker Treiber, der bereits in die dritte Ebene hineinspielt.

Persönliches WOLLEN – den Nutzen klar machen und motivieren

Bei vielen Vorhaben scheitert die Umsetzung vor allem an einem der beiden Faktoren:

  1. Den Führungskräften ist der Nutzen (für sie, für die Organisation, für die Mitarbeiter) nicht klar
  2. Die Führungskräfte werden nicht daran gemessen, ob sie die Maßnahme umsetzen oder viel mehr noch, sie schadet ihnen unter Umständen sogar.

Meist fließen diese beiden Faktoren ineinander. Problematisch ist vor allem, dass manche Vorhaben nicht kurzfristig wirksam sind, sondern sich erst auf lange Sicht positiv auswirken. Viele Führungskräfte stecken gedanklich aber stark in ihrer aktuellen, operativen Situation und können dem Vorhaben kurzfristig keinen Nutzen abgewinnen. Daher ist ihre Motivation zum Umsetzung beschränkt.

In unserem Beispiel kann die Einführung eines Sabbaticals langfristig tatsächlich zu einer stärkeren Mitarbeiterbindung, weniger Fluktuation und einer besseren Mitarbeitergesundheit führen. Kurzfristig ist aber vor allem die Mehrarbeit durch Überlegungen der Überbrückung, Umschichtungen von Arbeit usw. sichtbar, die die Motivation der Führungskräfte zur Umsetzung bremsen.

Dazu kommt, dass Führungskräfte dann wenig Motivation verspüren, wenn sie selbst nicht auch davon profitieren, entweder weil sie selbst Nutznießer einer Maßnahme sind (also zB auch einmal eine Auszeit nehmen können) oder aber weil sie nicht daran gemessen werden. Hier liegt meiner Meinung nach bei vielen Vorhaben ein wesentlicher Faktor des Scheiterns. Wenn der einzig ausschlaggebende Umstand für die Messung des Erfolgs / Misserfolgs einer Führungskraft zB in den Umsetzsteigerungen liegt und sogar noch der persönliche Bonus daran geknüpft ist, dann wird eine Führungskraft verständlicherweise alles hintanstellen, was die Erreichung dieses Zieles gefährdet. Um dem zu entgehen ist es also wichtig, die Umsetzung entweder selbst zum Teil des Zieles zu machen oder aber zumindest zu belohnen durch:

  • Lob, Aufzeigen erfolgreicher Umsetzung,
  • Vergleich / Bewertung der Umsetzung über Mitarbeiterbefragungen oder Führungskräftebeurteilungen,
  • Aufnahme in die Zielvereinbarung
  • Entsprechende Vergütung / Prämierung bei guter Umsetzung

Oftmals erlebe ich hier das Verhalten der Unternehmensleitungen als höchst inkonsequent. Dann nämlich, wenn zwar ein Vorhaben umgesetzt werden soll, aber die Führungskräfte in letzter Konsequenz nicht daran gemessen werden bzw. vielleicht sogar an konkurrierenden Zielsetzungen gemessen werden.

Individuelles KÖNNEN – Führungskräfte qualifizieren

Zuguterletzt zeigt sich, dass kulturelle Veränderungen oder andere Herangehensweisen auch gewisser Kompetenzen seitens der Führungskräfte bedürfen, sei es im Umgang mit verschiedenen Mitarbeitersituationen oder aber im Bereich der fachlichen (zB rechtlichen) Kompetenz.
Hier gilt es, sicherzustellen, dass alle Führungskräfte über ausreichend Qualifikationen verfügen, um das Vorhaben gut umsetzen zu können. Häufig bedarf es mehr oder weniger langer Schulungen. Im Bereich der Einführung eines Sabbaticals wäre das etwa eine Schulung über die rechtlichen, gehaltlichen und arbeitszeitlichen Aspekte eines Sabbaticals.

Aber auch der Umgang mit entsprechenden Mitarbeiteranliegen gehört geschult oder aber mittels professioneller Personalmanagementinstrumente unterstützt. Ein Beispiel wären hierbei das zur Verfügung Stellen von Gesprächsabläufen, Guidelines für Führungskräfte oder aber die persönliche Unterstützung durch HR im Anlassfall. Je operativer Führungskräfte selbst eingebunden sind, desto wesentlicher erscheint in der Praxis dieser Faktor.

Ein Blick auf die Ebenen lohnt

Das Modell der Ebenen der Führung ist für mich ein leicht verständliches Modell, das immer dann lohnend ist, wenn entweder ein Vorhaben ins Stocken gerät (Auf welcher Ebene hackt es? Und was ist daher zu tun?) oder um von vorn herein ein solches Stocken zu verhindern.

Natürlich ist ein Modell immer eine Vereinfachung. Praktisch liegen die Gründe oft auf mehreren Ebenen bzw. lassen sich nicht immer so klar zuordnen. Für Personalverantwortliche halte ich es aber für ein sehr gutes Werkzeug, das hilft Frust zu vermeiden und von Beginn an konsequent an kulturelle Veränderungen heranzugehen. Ich hoffe, es hilft auch Ihnen!

Wenn HR-Maßnahmen einfach nicht greifen – Das Modell der Ebenen der Führung als Lösungsansatz

Mag. (FH) Peter Rieder | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. (FH) Peter Rieder ist Gründer der Arbeitswelten Consulting sowie geschäftsführender Gesellschafter des Diversity Think Tank Austria und begleitet Unternehmen in den Themen Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Audit berufundfamilie), Diversity Management und nachhaltiges Personalmanagement.

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