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Coaching-Ausbildung aus dem Blickwinkel der Anbieter | Fokus: Ausbildung & formale Seite

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Coaching-Ausbildungen in Österreich decken ein weites Spektrum ab. In meinem heutigen Experten-Interview interessiert mich nicht so sehr der konkrete Output für den Teilnehmer, sondern die Überlegungen dahinter: wie gehen die Anbieter vor, weshalb wurde genau diese Ausbildungs-Dauer gewählt, welche Entscheidungskriterien legen sie für Bewerber fest, inwiefern sind Altersgrenzen sinnvoll, wie sieht es mit Prüfungsmodalitäten aus und welchen Abschluss hält der Teilnehmer letztendlich in Händen?

Das nächste Experten-Interview habe ich bereits im Ärmel und schüttel es kommende Woche heraus, dann beleuchte ich die persönlichere Seite – jene der Teilnehmer als auch jene des Ausbildungs-Instituts.

 

Die Ausbildungs-Seite

Nach welchen Kriterien wählen Sie Bewerber für Ihre Coaching Ausbildung aus?

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Als Bedingung für die Teilnahme laden wir jeden Bewerber zu einem persönlichen Infogespräch ein. Hier klären wir die Motivation für die Teilnahme ab und schauen, ob unser Angebot zu den Zielvorstellungen dieser Person passt. Folgende Punkte sind für die Teilnahme in jedem Fall Voraussetzung:
●   Mehrjährige Berufserfahrung (muss nicht einschlägig sein)
●   Bereitschaft zur Reflexion
●   Bereitschaft zum eigenständigen Arbeiten

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Die Interessenten füllen am Ende des Informationsabends ein Datenblatt aus, auf dessen Basis sie vom Lehrgangsleiter zu einem 4-Augen-Gespräch geladen werden. In dessen Rahmen wird einerseits der Nachweis von Erfahrungen in sozialer und persönlicher Kompetenz in der Höhe des vom Österreichischen Coachingdachverbands vorgegebenen Stundenausmaßes überprüft; andererseits werden die individuellen Ziele der Interessenten sorgfältig überprüft, um sicherzustellen, dass die jeweiligen Erwartungshaltungen kompatibel sind mit dem, was im Lehrgangsjahr geboten wird.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Ich frage immer, wie sie das Gelernte nutzen möchten und schaue sehr darauf, dass sie Berufserfahrung haben und selbstreflexionsfähig sind.

Inwieweit sind Altersuntergrenzen für Coaching-Ausbildungen sinnvoll?

Mag. Michael Tomaschek, MSc (ESBA-European Systemic Business Academy): Eine Altersuntergrenze ist eine Qualitätssicherungsmaßnahme und wird deshalb auch in allen Berufsvoraussetzungen und Berufsgesetzen, die Personenberatungen umfassen, als Mindeststandard gesetzt. Lebensalter per se ist noch keine Qualifikation, aber eine gewisse Berufs- und Lebenserfahrung gehört zur Persönlichkeitsentwicklung einfach dazu, um auch für Kunden ein adäquates Gegenüber sein zu können, das Sicherheit und Kompetenz in der Rolle als Dienstleister repräsentiert. Unmittelbar nach dem Studium bzw. in jungen Jahren wird es schwierig sein trotz Talent diese Erfahrung und Kompetenz zu repräsentieren und auch von Kundenseite die Akzeptanz auf Augenhöhe zu bekommen, die aber Grundvoraussetzung ist, damit Coaching funktionieren kann.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Es braucht Felderfahrung, um coachen zu können. Je mehr Erfahrung man mitbringt, desto mehr kann man auch Coachees hilfreich unterstützen. Daher machen Altersuntergrenzen natürlich Sinn. Wenn jemand Junger genau weiß wofür er Coaching einsetzen möchte z.B. im Sportbereich oder im Universitätsbereich im Coachen von Studenten, dann lasse ich den Teilnehmer auch zu. Der Altersschnitt liegt bei um die 40 Jahre.

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Altersuntergrenzen sind absolut sinnvoll, das gilt für jegliche Ausbildungen im psychosozialen Kontext, an deren Ende sich Menschen in Berater- oder Begleiterrollen begeben. Jeder Kunde wird von ihnen neben deren fachlichem Wissen auch ein gebündeltes Maß an persönlicher und sozialer Kompetenz erwarten, verbunden mit Arbeitspraxis, Führungserfahrung, Beratungsroutine und möglichst viel Lebenserfahrung. Das kann in Summe ein zu junger Coach nicht leisten – und deshalb gibt es das Mindesteinstiegsalter in Coaching-Ausbildungen.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Wir geben keine Altersgrenzen an, haben aber als Bedingung mehrjährige Berufserfahrung und Reflexionsfähigkeit. Unserer Meinung nach ist es wichtig, ein breites Erfahrungsspektrum mitzubringen, das z.B. berufliche Vorkenntnisse, Erfahrungen aus anderen Lebensbereichen und zB auch die Bewältigung eigener „Krisen“ umfasst.

Welche Dauer sollten Coaching-Ausbildungen aufweisen, damit sie qualitativ sinnvoll sind? Bzw. Wie lange brauchen Ihrer Erfahrung nach Coach-Neulinge bis sie die Rolle des Coaches gefunden haben?

Mag. Doris Perg (Potentialfokus Center): Es liegt in der Sensibilität der Auswahl, ob und in welcher Form und in welchem Ausmaß bereits Vorwissen und Erfahrungen vorliegen. Für jemanden, der ohne das Genannte eine Coaching-Ausbildung beginnt, würde ein Jahr, in dem er sich mit den Tools und Techniken auseinandersetzt, diese anwendet, reflektiert und daraus erste trittsichere Erfahrungen generiert, wohl jene Zeitspanne sein, die er braucht, um sich in der Rolle gut zurechtzufinden.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Ich halte die vom AMS verlangten 120 Übungseinheiten für recht sinnvoll für eine Basisausbildung – das sind in etwa 12 Tage. Diese sollten auch nicht in einem Stück absolviert werden, sondern sich auf einen gewissen Zeitraum erstrecken (1/2 Jahr), damit ein Reflexions- und Reifungsprozess erfolgen kann. Wie schnell ein Coach Neuling in die Rolle findet kommt auf die Vorerfahrungen, die Persönlichkeit und den Lerneifer an.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Mit einer gewissen Sorge beobachte ich, dass immer mehr Coaching-Kompaktausbildungen angeboten werden, in denen die Teilnehmenden angeblich an ein, zwei Wochenenden den Beruf Coach erlernen. Aus meiner Warte geht das nicht – unabhängig von der Vorqualifikation der Teilnehmer. In einem 2-Tagesseminar lernt man was Coaching ist, aber in einem Lehrgang lernt man, wie man arbeitet. Unsere Ausbildung erstreckt sich über ein dreiviertel Jahre mit ca. einem Präsenzmodul pro Monat und begleitenden Peergruppentreffen und Arbeitsaufgaben. Diese Länge ist in jedem Fall notwendig, um die Rolle und Haltung und entsprechende Basistools effizient einsetzen zu können und parallel dazu die Eigenreflexion als Coach immer wieder zu thematisieren. Für das Coach-werden gilt ebenso wie für alle Personalentwicklungsprozesse: Diese Prozesse erfordern ihre Zeit, und man kann sie nicht beliebig beschleunigen.

Mag. Michael Tomaschek, MSc (ESBA-European Systemic Business Academy): Der Mindestumfang einer Coaching Basisausbildung sollte nach dem DBVC (Deutscher Bundesverband Coaching) 150 Stunden umfassen, nach ACC (Österreichischem Dachverband für Coaching) 175 Stunden und für eine ISO-Zertifizierung zur Berufsqualifikation Coach 225 Stunden und mindestens ein Jahr dauern. Diese Formalkriterien definieren Mindeststandards an theoretischen und praktischen Lehreinheiten, die bei einer durchschnittlichen Vorbildung an Kommunikations-, Beratungs- und Führungskompetenzen ausreichen, um in diesem Feld methodisch tätig werden zu können.
Eine professionelle Ausbildung, um auch den berufsrechtlichen Anforderungen zu genügen und eine ausreichende Kompetenz zu erwerben, um in unterschiedlichen Kontexten und Anlassfällen seriös und professionell Coachen zu können, umfasst das dreifache an Ausbildungsstunden und dauert mindestens 2,5 Jahre.
Die Zeitdauer hat auch etwas mit der Praxiserfahrung zu tun, die es braucht, um die Rolle zu internalisieren – da Coaching sehr stark mit einer Haltung verbunden ist, die sich erst durch Übung und Erfahrung ausbilden kann.

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Ein Ausbildungsjahr sehe ich als Mindestmaß, mit ca vorzugebenden 200 Lehreinheiten, dazu Peergroup-Arbeit, Literaturstudium, Diplomarbeit und Praktika. Diese Einheiten zu komprimieren, um in kürzerer Zeit abzuschließen, sehe ich als kontraproduktiv, weil alles, was erarbeitet wird, einwirken und sich langsam entwickeln können muss, damit Übernahme und Identifikation mit der Rolle des Coaches entsteht.

Macht es wirklich Sinn unterschiedliche Schulen und methodische Ansätze zu lernen, oder wäre es nicht besser sich klar als ein Coach einer Richtung zu deklarieren (z.B. Systemischer Coach, NLP-Coach, Analytischer Coach,…) ?

Mag. Michael Tomaschek, MSc (ESBA-European Systemic Business Academy): Coaching ist primär ein Setting und keine Methode und beschreibt den Rahmen, die Rahmenbedingungen und Aufgaben sowie die Rolle und Funktion eines Coachs. Welche Methoden innerhalb dieses Rahmens angewendet werden, hängt ausschließlich von der Kompetenz und Qualifikation oder auch der Zielgruppe und den Themen ab, die Kunden ins Coaching einbringen.
Es gibt nicht DIE Methode oder Schule, schon gar nicht die richtige oder falsche für das Setting Coaching. Dennoch macht es für einen selber Sinn, sich in einer Richtung zu vertiefen und diese Methode auch wirklich zu beherrschen, als 100te und von deren Hintergründen und Praxis nicht viel verstanden zu haben. Im Coaching ist es ebenso wie z.B. in der Psychotherapie aber symptomatisch, dass die, die wirklich gut sind und als solche von den Kunden eingeschätzt werden, meist ein größeres Methoden-Repertoire aufweisen und nicht nur in einer Schule und Tradition verhaftet sind und links und rechts nichts anderes gelten lassen. Die Coaching Praxis ist so vielfältig wie eben Menschen sind, und nur mit einem Werkzeug z.B. einem Hammer zu hantieren, hat schon Paul Watzlawick pointiert beschrieben, sieht man in allem nur einen Nagel.

Die formale Seite

Welche Prüfungsmodalitäten/Leistungsnachweise fordern Sie in Ihrer Ausbildung für einen erfolgreichen Abschluss? Weshalb haben Sie diese Modalitäten so gewählt?

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Um mit dem Diplom abzuschließen, ist es notwendig, zusätzlich zur aktiven Mitarbeit in den Seminarveranstaltungen, den Peergroup-Treffen und den Supervisionen ein Lehrgangspraktikum mit „Echtkunden“ außerhalb des Lehrgangs durchzuführen, dann ist im letzten Ausbildungsmodul ein Prüfungscoaching zu absolvieren, letztlich ist eine positiv bewertete Diplomarbeit nötig.
Die Abschlussmodalitäten wurden deshalb in dieser Form gewählt, weil sie in dieser Bündelung eine effiziente Evaluation darüber ermöglichen, inwiefern der Absolvent die Ausbildungsziele erreicht hat.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Neben dem Live-Coaching, brauchen die Teilnehmenden schriftliche Nachweise über ihre Peergruppentreffen und ihre eigenen Einzelcoachingstunden. Weiters hat jeder Teilnehmer eine schriftliche Abschlussarbeit zu verfassen. Hierbei dokumentieren sie 4 Coachingfälle mit anschließender ausführlicher Selbstreflexion. Diese Arbeit wird im Rahmen des Abschlussmoduls vorgestellt und kurz besprochen.

Mag. Michael Tomaschek, MSc (ESBA-European Systemic Business Academy): Im Intensivlehrgang wird ein Live-Coaching und eine schriftliche Praxisarbeit (im Umfang von 20 Seiten) gefordert, um einen Einblick in das Grundverständnis der Anwendung von Coaching und der Selbstreflexion in dieser Rolle zu erheben.
Im Professional Lehrgang wird neben einer Masterthesis (Umfang mind. 40 Seiten) ein zweitägiges Prüfungsseminar abgehalten. In diesem findet eine Live Sequenz statt und eine theoretische Prüfung mit Diskussion der Abschlussarbeit, sowie das Durchlaufen von mehreren Stationen mit strukturierten Übungsangaben in Kleingruppen und einer schriftlichen Auswertung zur Erfassung der unterschiedlichen Coaching Kompetenzen.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Es gibt einen Abschlusstest vom theoretischen Wissen, für das Diplom eine Diplomarbeit und für das Zertifikat Supervision, in der Fälle präsentiert werden müssen. Mir ist wichtig, dass die Teilnehmer während der Ausbildung Fachliteratur lesen, dass sie die erlernten Techniken anwenden und den Prozess leiten können – vieles passiert dann eher nach der Ausbildung und dafür gibt es Supervision.

Welchen formalen Abschluss erreichen die Teilnehmer Ihrer Coaching-Ausbildung?

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Die Absolventen erhalten ein WIFI-Diplom, das sie als ausgebildeten systemischen Coach auszeichnet.
Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, bei eingereichtem Antrag auf Basis dieses Diploms den Gewerbeschein „Unternehmensberater, eingeschränkt auf Coaching“ zu erlangen, können als „professional coach“ eingetragenes Mitglied beim ACC, dem Österreichischen Coachingdachverband, werden – und sie können sich nach Durchführung eines Zertifizierungsverfahrens als Coach nach ISO 17024 zertifizieren zu lassen.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Sie erhalten ein Zertifikat über 135 Stunden Coaching-Ausbildung. Dieses Zertifikat wurde von der wba mit 9, 5 ECTS anerkannt.

Mag. Michael Tomaschek, MSc (ESBA-European Systemic Business Academy): Teilnahmebestätigung und Zertifikat der ESBA, optional externe Absolvierung der ISO Zertifizierung.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Je nach Umfang gibt es Teilnahmebestätigung, Zertifikat oder Diplom. Mit der Diplomausbildung kann man, je nachdem welche Wahlmodule und welcher Umfang ausgesucht wird, mehrere Abschlüsse gleichzeitig machen. Diese reichen vom Diplom-Business Coach inkl. zertifizierten wingwave Coach, dipl. Lebensberater bis hin zum MBA in Training & Coaching

Mag. Doris Perg (Potentialfokus Center): Sie können unsere Ausbildungen in drei aufeinander aufbauenden Levels abschließen: Kurzlehrgang, Diplomlehrgang und Master-Levelsiehe.

Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, die Voraussetzungen für die Berufsbezeichnung Coach und die Ausbildung zum Coach ähnlich exakt und nachvollziehbar zu regeln, wie jene für den Beruf Mediator oder auch jene für den Gewerbeschein Lebens- und Sozialberater?

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Ich würde eine nachvollziehbare Regelung begrüßen. Denn eine Professionalisierung von Coaching ist wichtig für die Zukunft des ‚Berufsbildes Coach‘. Der Begriff „Coaching“ scheint für viele ein Synonym für ‚Beratungsgespräch‘ zu sein. Zur Zeit zeigen einige Berufsgruppen (Lebens- und Sozialberater, Arbeitspsychologen, Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmensberater…) Interesse daran, Coaching zu einer ihnen untergeordneten Profession zu machen.


Die Gesprächspartner

„Coaching-Ausbildung aus dem Blickwinkel der Anbieter. Fokus: Ausbildung & formale Seite“

tomaschek_michael_esbaMag. Michael Tomaschek, MSc
Leitung

E.S.B.A- European Systemic Business Academy


prohaska_sabine_100

Mag. Sabine Prohaska
Geschäftsführerin

seminar consult prohaska


perg_doris_potenzialfokusMag. Doris Perg
Mitglied Coachingpool

Potentialfokus Center


ladinig_corinna_ctcCorinna Ladinig
Geschäftsführerin

CTC Academy OG


Wifi-Stmk, Testimonial, Günther Kampitsch

Mag. Günther Kampitsch, MBA
Coaching-Lehrgangsleiter

WIFI Steiermark


Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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