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Manch Programmierer und Entwickler fragt sich „Sollte ich vielleicht im Vertrieb arbeiten?“. Denn im Vertrieb winkt oft eine bessere Bezahlung. Doch nur wenige Informatiker verfügen neben ihrem IT-Know-how über die Skills, die Vertriebsprofis brauchen.

„Unsere Vertriebler müssen die Geschäftsprozesse unserer Kunden verstehen“, sagt Christian Schneider (Geschäftsführer der Schneider & Wulf EDV-Beratung, Babenhausen). „Denn ohne dieses Know-how können sie für diese – unterstützt von unseren Technikern – keine passgenauen Problemlösungen entwerfen.“

Ähnlich wie Schneider, äußern sich fast alle IT-Unternehmen, wenn es um die Frage geht: Welche Fähigkeiten brauchen ihre Vertriebsmitarbeiter? Unabhängig davon, ob es sich dabei um mittelständische Systemhäuser wie Schneider & Wulf oder Konzerne wie die Software AG handelt. Sie betonen übereinstimmend: Ohne eine fundierte Kenntnis der Geschäftsprozesse der Zielkunden geht heute zumindest im Firmengeschäft fast nichts mehr.

Aus einem simplen Grund, erläutert Christian Herlan (Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal): „Kein Geschäftsführer oder Vorstand entscheidet einfach so ‚Lasst uns ein neues IT-System einführen’. Wenn das Management eines Unternehmens dies tut, dann verfolgt es damit konkrete Ziele.“ Zum Beispiel, dass die Arbeitsprozesse anschließend fehlerfreier ablaufen. Also lautet eine Herausforderung, vor der die Vertriebsmitarbeiter bei ihrer Arbeit oft stehen: Sie müssen den Kunden das Gefühl vermitteln „Mit unserer Hilfe erreichen Sie Ihr Ziel“.


Mehr Betriebswirte als Informatiker

Genau dies gelingt reinen ITlern oft nicht. Deshalb arbeiten im Vertrieb der IT-Unternehmen mehr Betriebswirte und Kaufleute als Informatiker. „Zumindest wenn es um das Tür-öffnen und Interesse-wecken geht, setzen die meisten Betriebe eher auf Betriebswirte“, betont Dr. Stephan Pfisterer (Arbeitsmarkt-Experte beim Branchenverband Bitkom).

Dass viele Unternehmen im Vertrieb primär auf Nicht-ITler und solche „Zwitter“ wie Wirtschaftsinformatiker setzen, hat viele Gründe. Eine Ursache ist laut Dr. Oliver Grün (Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands IT-Mittelstand [Bitmi], Aachen): Das Informatiker-Bild der Öffentlichkeit ist noch stark vom „Nerd“ geprägt – also vom blässlichen Sonderling, der am PC über irgendwelche technische Probleme grübelt und mit seiner Umwelt, wenn überhaupt, per Computer kommuniziert. Deshalb entschieden sich eher kommunikative Typen in der Vergangenheit meist gegen ein IT-Studium.


Vertriebler brauchen ein dickes Fell

Auch wegen der in der Vergangenheit oft einseitigen Ausrichtung der Informatik-Studiengänge auf die Programmier-Tätigkeit fehlen vielen Informatikern heute zahlreiche Fähigkeiten, die Vertriebler brauchen. Dazu zählt nicht nur die Kenntnis der Geschäftsprozesse in Unternehmen. „Dieses Know-how hat sich manch Informatiker, der heute als Projektmanager arbeitet, im Verlauf seines Berufslebens angeeignet“, betont Rosemarie Clarner (Senior Vice President Global Human Resources bei der Software AG, Darmstadt). „Dasselbe gilt für ein gewisses betriebswirtschaftliches Know-how.“ Das genüge aber nicht, um im Vertrieb erfolgreich zu sein. Denn um ein Vertriebsprojekt zum Erfolg zu führen, braucht man teils andere Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale als um ein firmeninternes Projekt erfolgreich zu gestalten.

Welche Skills dies sind, beschreibt Prof. Dr. Elisabeth Heinemann (FH Worms). Laut Aussagen der Diplom-Informatikerin, die den Karriere-Ratgeber für ITler „Jenseits der Programmierung“ schrieb, muss ein Vertriebler zum Beispiel Niederlagen gut wegstecken können. Nicht umsonst laute ein alter Spruch im Vertrieb: „Ein guter Vertriebler ist, wer durch die Vordertür rausgeschmissen wird und durch die Hintertür wieder herein kommt.“ Denn der Kunde hat nicht immer Bedarf. „Aber wenn ein neuer Bedarf entsteht – zum Beispiel, weil das Unternehmen sich neue Ziele setzt – dann muss der Vertriebler sozusagen auf der Matte stehen und sich als kompetenter Problemlöse-Partner erweisen“, betont Vertriebsberater Peter Schreiber (lsfeld [bei Heilbronn]).


Gespür für Personen und Konstellationen

Das ist oft nicht einfach. Denn für den Verkauf von Industriegütern und -dienstleistungen gilt: Die Wünsche der Kunden sind meist vielfältig. Zuweilen widersprechen sich die Interessen der Personen, die an der Kaufentscheidung beteiligt sind, sogar. Entsprechend feine Antennen benötigt ein Vertriebler laut Schreiber dafür: Was ist dem Kunden wirklich wichtig? Wie laufen die Entscheidungsprozesse bei ihm ab? Und: Wer hat wie viel zu sagen? Entsprechend flexibel muss ein Vertriebler zudem in seinem Denken und Verhalten sein. Auch eine (gesprächs-)taktische Schulung ist von Nöten.

Dr. Stefan Pfisterer empfiehlt denn auch jungen Informatikern, die sich als Entwickler wohlfühlen, eher nicht, eine Karriere im Vertrieb anzustreben – selbst wenn dort aufgrund der variablen Vergütungsanteile oft eine bessere Bezahlung lockt. Eher sollten sie darauf hinarbeiten, eine Teamleiter-Position oder eine Projektmanagement-Funktion zu übernehmen. Denn zumindest in solchen Großunternehmen wie der Software AG stehen heute auch Spezialisten attraktive Karrierewege offen.

Und die Karriere- sowie Verdienstmöglichkeiten werden in den kommenden Jahren noch besser – auch außerhalb des Vertriebs. Davon sind alle befragten Experten überzeugt. Denn gute Informatiker und Entwickler werden in Deutschland zunehmend rar. Deshalb sind viele Unternehmen heute bereits schlichtweg froh, wenn sie ausreichend Mitarbeiter mit dem benötigten IT-Know-how beispielsweise zum (Weiter-)Entwickeln ihrer Produkte haben. Entsprechend gering ist laut Arbeitsmarktexperte Pfisterer ihr Interesse daran, dass mehr „Kerninformatiker“ im Vertrieb zu arbeiten.

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