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Frau K. ist ausgebildete Internistin. Herr D. ein gleichaltriger Studienkollege schlägt Frau K. für seine Nachfolge an einem Klinikum vor, da er sich beruflich verändern will. Frau K. erhält die Stelle. Nach einigen Monaten treffen sich Frau K. und Herr D. wieder, im Gespräch erfährt Frau K. dass Sie fast 1.000 Euro weniger verdient als Herr D. in der gleichen Position. Der Vorstand argumentiert, dass Frau K. beim Einstellungsgespräch weniger verlangt habe.

Gesetzesnovelle 2011

Mit 1. März 2011 tritt die neue Novelle des Bundesgesetzes über Gleichbehandlung in Kraft. Unternehmen mit über 1000 Mitarbeiter (2012 für 500 MA, 2013 für 250 MA und 2014 für 150 MA) werden damit aufgefordert ab heuer alle 2 Jahre einen Einkommensbericht gegliedert in Frauen/Männer zu erstellen und diesen dem Betriebsrat bzw. den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Dieser muss bis Ende März des Folgejahres vorliegen. Durch die späte Verabschiedung des Gesetzes haben die Unternehmen 2011 eine Fristverlängerung bis 31. Juli 2011. Gleichzeitig müssen alle Unternehmen Stellenanzeigen ab diesem Zeitpunkt mit der Angabe des KV-Mindest-lohns/-gehalts und dem Zusatz ob über KV bezahlt wird ergänzen. Erlaubt ist auch eine Gehaltsbandbreite anzugeben.

Wenn man sich mit diese Gesetzesnovelle etwas genauer beschäftigt – und dabei helfen im Moment einige Seminaranbieter ausgezeichnet – wird man den Eindruck nicht los, dass es sich hierbei wieder um ein nicht wirklich durchdachtes Regelwerk handelt. Die Freiheitlichen und das BZÖ verweigerten der Gleichbehandlungsnovelle genauso wie die Grünen ihre Zustimmung. Viele Fragen von Praktikern bleiben unbeantwortet bzw. wird man auf noch nicht vorhandene Judikatur verwiesen. Selbst Personen die an der Novelle mitgearbeitet haben (aber leider nur reine Theoretiker sind), können nur persönliche Vermutungen äußern. Während in Schweden die Einkommensdifferenz zwischen 1 – 8 % liegt (Studie der schwedischen Regierung) liegt dieser in Österreich angeblich bei 40 % (Quelle: Rechnungshofbericht 2009) – angeblich deshalb weil es sich bei dieser Zahl um eine arbeitszeitunbereinigte (Teilzeit wurde nicht auf Vollzeit hochgerechnet) handelt. Je nach Studie findet man in arbeitszeitbereinigten Statistiken Zahlen zwischen 19 und 25 %. Rechnet man hier noch den „unerklärten Rest“ – Alter, Zugehörigkeit, Branche, etc. ab kommt man auf Werte um die 15 – 18 % (Quelle: Statistik Austria, VESTE 2006). Aber 40 % wirken einfach plakativer und mediengerechter.

Befragt man die Statistiker nach der Basis ihrer Daten, wird erklärt, dass diese eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung anstellen und ökonomisches Zahlenmaterial erfassen. Unternehmen hingegen orientieren sich an arbeitsrechtlichen Kriterien, was nach genauer Betrachtung (das Gleichbehandlungsgesetz steht im Stufenbau der Rechtsordnung über jedem Kollektivvertrag) dazu führt, mit Anwendung des Kollektivvertrages gegen geltendes Recht zu verstoßen. Dementsprechend müssten die Wirtschaftkammer und Sozialpartner die Kollektivverträge für nichtig erklären und komplett neu verhandeln. Wie bei einigen anderen Gesetzen wurde auch hier wieder der österreichische Weg gesucht – dem abwälzen auf die Unternehmen. Lobend zu erwähnen ist hier die Initiative der Bundesministerin Heinisch-Hosek, die Unternehmen mit einem Seminarangebot bei der Umsetzung unterstützt.

 

Der Einkommensbericht

Was genau muss der Einkommensbericht enthalten?

  • Neben der Anzahl der Mitarbeiter je Verwendungsgruppe und Geschlecht müssen
  • die anonymisierten Durchschnitts- oder Medianarbeitsentgelte nach Geschlecht (ab einer Anzahl von mindestens 3 Personen pro Geschlecht) und
  • die Durchschnitts- oder Medianarbeitsentgelte pro Verwendungsgruppenjahr und Geschlecht inklusive Abweichung

dargestellt werden. Zu den Entgelten zählen neben dem Monats-Lohn/-Gehalt, Zulagen, Prämien oder Boni, Provisions- oder Akkordsysteme, Überstunden sowie Sonderzahlungen. Teilzeit muss auf Vollzeit, Eintritte während des Jahres auf 12 Monate hochgerechnet werden. Offen ist hier etwa die Frage nach der Behandlung von Beförderungen während des Jahres.

Gleicher Lohn/Gehalt für gleiche/gleichwertige Arbeit ist das Ziel dieses Gesetzes. Die Rechtsfolgen sind moderat. Anspruch auf Schadenersatz ab 1.000 Euro sowie 3 Jahre rückwirkend im Fall einer Diskriminierung. Die fehlende Angabe des KV Gehalts wird erst ab 2012 verfolgt! Sanktionen bei nicht Erstellung des Einkommensberichts (im Falle das kein Betriebsrat vorhanden ist) bedürfen der Klage der Arbeitnehmer und selbst dann ist nicht sicher ob das Arbeits- und Sozialgericht hier nicht anders entscheidet. Mitarbeiter dürfen keine Löhne/Gehälter nach außen tragen, hier drohen 360 Euro bei Verstössen.

 

Verkrustungen aufbrechen

Ist die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz eine Augenauswischerei? Hoffentlich nicht! Die Unternehmen werden gezwungen sich mit der Thematik auseinander zu setzen. Der Betriebsrat bekommt ein Instrument in die Hand, anhand dessen er Mitarbeiter beratend zur Seite stehen kann. Wie bei vielen Neuerungen gehen am Anfang die Wogen hoch, schlussendlich ist dies eine Möglichkeit die teils verkrusteten Lohn-/Gehaltsgefüge zwischen Frau und Mann aufzubrechen und an die heutige Zeit anzupassen.

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