Kaum ein Unternehmen, das ein breites Publikum ansprechen möchte, kommt mehr an Social Media vorbei. Personalberater machen hier keine Ausnahme. Social Media verfolgen bei weitem nicht (ausschließlich) den eigentlichen Unternehmenssinn, in diesem Fall das Recruiting. Social Media unterstützen viel eher das Employer Branding und das Branding des Unternehmens und/oder des Produktes ganz allgemein. Achtung! Social Media ist kein Marketing-Tool an sich. Wer sie für plumpes Marketing einsetzt, hat Social Media nicht verstanden.
Eva Selan interviewt für das HRweb namhafte Personalberater und hinterfragt ihren Zugang zu Social Media.
Gewusst wie
Social-Media-Kanäle wie Facebook wurden bis vor wenigen Jahren ausschließlich privat genutzt. Gerade Facebook wuchs – vor allem beim jungen Publikum – quasi ins tagtägliche Leben hinein. Durch die selbstverständliche und regelmäßige Nutzung, werden mittlerweile auch Profile mit unternehmerischem Hintergrund angenommen … wenn der private oder berufliche Nutzen für die User erkennbar ist. Denn schließlich kann mit diesen Medien niemand zwangsbeglückt werden – wie zB mit Print- oder TV-Werbung.
Das bedingt auch, dass die online gestellte Information so interessant sein muss, dass sich potentielle Kunden aktiv bereit erklären, die Meldungen die ein Unternehmen über seinen Account verbreitet, abzufragen. Im Fall von Personalberatern betrifft das oft Stellenanzeigen, die gepostet werden. Diese können vom Personalberater weder hinsichtlich der konkreten Zielgruppe eingeschränkt werden noch handelt es sich dabei ausschließlich um tatsächlich Jobsuchende. Viel mehr geht es darum, den bei einer Vielzahl von Angestellten latent vorhandenen Fluktuationswunsch zu schüren und im richtigen Moment genau dort zu sein wo es der potentielle Kunde ist. Und ihn in diesem Augenblick zum tatsächlichen Kunden zu machen. „Wir verwenden diese Social Media Kanäle, um Jobs zu posten und Kandidaten direkt anzusprechen bzw. den Kontakt zu unseren Kandidaten direkter zu gestalten“, bestätigt Elisabeth Weghuber (Secretary Search) und führt weiter aus: „Außerdem wollen natürlich auch unsere Kunden gerne mehr über Kandidaten erfahren. Insofern eignen sich die Social Media hervorragend für Recherchezwecke.“
Irmgard Prosinger (Trenkwalder) beschreibt es treffend: „Als Personaldienstleister sind wir ständig auf der Suche nach den besten Bewerbern. Daher ist es für uns von großer Bedeutung, Jobinteressierte dort abzuholen, wo sie sich gerade befinden. Auch wenn die Jobsuche für viele User von Social Media Netzwerken nicht direkt im Vordergrund steht, ist Trenkwalder trotzdem im ständigen Kontakt mit potentiellen zukünftigen Mitarbeitern. Die Auswahl der Social Media Netzwerke richtet sich in erster Linie an der Anzahl der User des jeweiligen Netzwerkes. Ziel ist es, Interessierten Informationen rund um das Thema Job und Jobsuche bis hin zum konkreten Jobangebot zur Verfügung zu stellen.“
Und wenn die Social-Media-Strategie aufgeht, ist sie unter anderem ein unschlagbares Employer-Branding-Tool. Florens Eblinger (Eblinger & Partner) unterstreicht: „Mit der Reichweite die durch Social Media geboten wird, ist ein zielführendes Eigenmarketing wichtig geworden. Durch den Viralen Effekt und die gebotene Transparenz der einzelnen Tools als auch durch zukünftige, interessante Beiträge auf Facebook und Twitter transportieren wir unser Image und die Marke in der sozial-medialen Welt.“
Auf Unternehmensseite darf allerdings der Zeitaufwand nicht missachtet werden, denn Social-Media-Accounts müssen gewartet werden. Am besten täglich. Denn statische Informationen interessieren nicht.
Gewusst wo
Ich wende mich an Personalberater mit der Frage: Welche Social-Media-Kanäle sind für Sie relevant und aus welchen Gründen haben Sie ausgerechnet jene gewählt?
Florens Eblinger (Geschäftsführung, Eblinger & Partner Personal- und Managementberatungs GmbH) geht ins Detail: „Seit August 2010 beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Social Media vor allem in Hinsicht auf Facebook. Generell sind mehrere Social Media relevant:
- Xing ist vor allem im deutschsprachigen Raum ein sehr verbreitetes und dadurch nützliches Recruiting-Tool. Hier können sehr gute Ergebnisse im Direct Search und Executive Search erzielt werden.
- Zur Markenbildung wird Kununu herangezogen.
- Mit Facebook und Twitter begeben wir uns in ein zukunftsweisendes Feld der neuen Medien. Vor allem durch interessante, selbstgestaltete als auch externe Inhalte sollen Human Resources Interessierte, potentielle Kandidaten und unsere Kunden einen informativen Mehrwert vor allem im Bereich Human Resources erlangen.
Um einen professionellen Auftritt zu gewährleisten, sind wir der Meinung, dass eine fundierte Recherche und entsprechende Vorbereitungszeit notwendig ist. Risiken sehen wir durch die veränderte Kommunikationsart, vor allem deswegen erhalten unsere Mitarbeiter Verhaltensrichtlinien wie auf Social Media kommuniziert und agiert werden soll.“
Auch Trenkwalder ist in zahlreichen namhaften österreichischen Social Media Netzwerken vertreten, wie Mag. Irmgard Prosinger (Leiterin Corporate Marketing, Trenkwalder Personaldienste GmbH) ausführt: „Trenkwalder Unternehmensinformationen oder Jobinformationen finden sich auf Xing, Facebook, Twitter, Linked In. Weiters betreiben wir einen Unternehmensblog, der uns direkt mit unseren Mitarbeitern und Bewerbern verbindet. Dazu stellen wir nützlichen Informationen über das Unternehmen wie auch alles rund um die Arbeitswelt zur Verfügung, wir beantworten Fragen und helfen gerne auch mal mit ein paar Bewerbungstipps weiter.“
Secretary Search setzt auf Facebook, Xing, Muslimspace. Hier merkt man sofort: irgendetwas läuft anders! Darauf angesprochen sagt Elisabeth Weghuber (Geschäftsführerin, Secretary Search Personalberatung GmbH): „Ein zentraler Aspekt der Arbeit in unserer Business Unit Diversity Search, die sich an diversitätsbewusste Kunden und Kandidaten richtet, ist die gezielte Ansprache verschiedener Communities. Diese sind eher über Social Media Kanäle zu erreichen, als über klassische Kommunikationskanäle. Facebook verwenden wir weil es eine sehr breit gestreute Community aufweist. Xing eignet sich sehr gut zur Kontaktpflege im geschäftlichen Bereich; so können auch Zielgruppen erreicht werden, die privat keine Social Media nutzen wollen. Muslimspace wiederum ist sozusagen eine special interest Plattform, die uns bei der Kommunikation mit der muslimischen Community unterstützt.“
Mag. Evelyn Poms (Geschäftsführung, top-jobs-europe Consulting OG) betreibt keine eigenen Accounts, dennoch stellen Social-Media-Kanäle ein wichtiges Instrumentarium für sie dar:
- „Wir sehen Xing als professionelles Medium, wo nicht über das berichtet wird „Was ich zurzeit gerade tue …“. Ich muss nicht wissen ob xy jetzt gerade auf Urlaub oder erst früh morgens nach Hause gekommen ist – in welchem ‚Zustand‘ auch immer, evtl. noch fotografisch untermalt. Xing ist für uns grundsätzlich faktenorientiert und es herrscht prinzipiell nicht von vornherein die Du-Kultur!
- Facebook nutzen wir ab und an in Linienfunktionen, wo sich z.B. auf ein simples Wortinserat mehr als 50 jungen Damen und Herren bewerben – oft mit ‚Standard-/Massen‘-Bewerbungsschreiben. Im hochqualifizierten bzw. berufserfahrenen Kontext wissen wir, dass wir uns unsere Meinung auch selber – ohne Facebook – bilden können.
- Twitter: Nein, alles geht nicht gleichzeitig, wir müssen auch noch andere Themen/Aufgaben bewirtschaften.
- Kununu: Nutzen wir als Orientierung bei potenziellen neuen Firmenkunden . Ehemalige Mitarbeiter sind durchaus Informationsquellen, um interne Stimmungen/Betriebsklima/Abläufe zu erfahren. Wobei wir immer sagen: Wenn jemand sich in der einen Organisation nicht zurecht gefunden hat, hat das nicht unmittelbar eine Auswirkung auf eine andere Organisation.“
Kein Allheilmittel
Nein, Social Media ist nicht das Allheilmittel. Generell nicht und schon gar nicht wenn es nicht die Kernkompetenz des Unternehmens ist. Personalberater sollen in erster Linie Stellen besetzen. Social Media ist Mittel zum Zweck. Evelyn Poms (top-jobs-europe): „Im Personalgeschäft, weiß man letztendlich ja nie, wann und wo man zur richtigen Zeit die richtige Person erreichen kann. Manchmal ist es ausschließlich ein Wortinserat für Linienfunktionen oder ein aufwändigeres und teures (!) Printinserat in einem der einschlägigen Karriere-Wochenendausgaben, die quasi ‚nur 1 Tag am Tisch liegen’. In gut dotierten, Führungs- oder innovativen Positionen bzw. im IT-Umfeld genügt meist auch das zeitlich/inhaltlich flexiblere und v.a. kostengünstigere Online-Medium – je nach Zielgruppe.“
Nein, kein Allheilmittel. Aber Mittel zum Zweck – der Zweck ist das Besetzen von Stellen und „ganz nebenbei“ können Social Media Mehrwert für den Kunden / User liefern: mehr Information, Hintergründe, interessante Hinweise, eben ein wenig Rundum-Wissen, am Rande der Kernkompetenzen, was schlichtweg das (Employer) Branding unterstützt und langfristig wirkt.
Gesprächspartner
![]() | Mag. Irmgard Prosinger Leiterin Corporate Marketing Trenkwalder Personaldienste GmbH |
![]() | Elisabeth Weghuber Secretary Search Personalberatung GmbH |
![]() | Florens Eblinger Eblinger & Partner Personal- und Managementberatungs GmbH |
![]() | Mag. Evelyn Poms top-jobs-europe Consulting OG |