Wenn Unternehmen einen Mitarbeiter mit einer ganz speziellen Expertise suchen, kommen sie mit dem Schalten von Stellenanzeigen meist nicht weit. Denn diese Spezialisten sind in der Regel rar. Und sie haben zumeist bereits einen Job, mit dem sie weitgehend zufrieden sind. Entsprechend professionell müssen die Personalsuche und -auswahl gestaltet werden.
Ein Speditionsunternehmen sucht einen Controller mit Erfahrung in der Logistikbranche. Ein Automatenhersteller sucht einen Ingenieur, der sich mit „Embedded Systems“ auskennt. Ein Versicherungskonzern sucht einen Buchhalter, der auch Erfahrung mit internationalen Konzernabschlüssen hat.
Doch von den ohnehin raren Spezialisten sind oft nur ganz wenige aktiv auf Stellensuche. Entsprechend professionell müssen die Unternehmen den Personalsuche-Prozess gestalten. Hier einige Tipps.
6 Schritte
1. Schritt: die Anforderungen klar definieren
Ein detailliertes Anforderungsprofil für den gesuchten Spezialisten existiert oft nicht – aufgrund mangelnder Zusammenarbeit von HR- und Fachabteilung. Deshalb sollte zunächst geklärt werden: Was macht der gesuchte Spezialist im Unternehmen genau? Mit wem muss er kooperieren? Über welche fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften sollte er verfügen? Scheinbar ganz banale Punkte. Doch genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich Unternehmen vorschnell mit Worthülsen zufrieden statt zum Beispiel nachzufragen: Was bedeutet es konkret, dass der neue Controller „unternehmerisch denken“ soll? Soll er die Geschäftsprozesse im Unternehmen verstehen? Sollen von ihm auch Veränderungsimpulse ausgehen? Soll er bei seiner Arbeit auch die Marktentwicklung und die künftigen technischen Möglichkeiten im Blick haben? Oder …?
2. Schritt: die Anforderungen gewichten
Sind die Anforderungen definiert, gilt es, diese zu gewichten. Denn für die Suche von hochqualifizierten Spezialisten gilt: Oft ist es unwahrscheinlich, dass das Unternehmen seinen Traumkandidaten findet. Also muss es Abstriche machen und sich zum Beispiel fragen: Ist es wirklich unabdingbar, dass der neue Buchhalter sich mit den „International Financial Reporting Standards“ auskennt, oder können wir ihm das nötige Wissen nicht auch vermitteln?
3. Schritt: ein verlockendes Angebot schnüren
Sind die Anforderungen klar, sollte das Unternehmen sich fragen: Was können wir den Wunschkandidaten eigentlich bieten? Ob sie 2000 oder 3000 Euro mehr oder weniger pro Jahr verdienen, das ist den meisten Top-Leuten egal. Sie nehmen hierfür allein zumindest keinen Ortswechsel in Kauf. Bliebe die Aussicht auf eine gehobene Führungsposition? Eine solche Stelle können und wollen die Unternehmen den Spezialisten aber meist nicht offerieren. Denn diese sind ja gerade wegen ihres Spezialwissens für sie interessant.
Oft reizen Experten die fachlichen Entwicklungsperspektiven, die ihnen eine Stelle bietet. Ein weiterer Trumpf können die Ressourcen sein, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Auch die Art wie Aufgaben in einem Unternehmen erledigt werden, kann ein Pluspunkt sein. Schon manch Spezialist wechselte seine Stelle, weil er zum Beispiel das permanente „Trouble-Shooting“ bei seinem alten Arbeitgeber leid war. Der Zugang zu fachlicher Weiterbildung ist gerade für Spezialisten, deren Fachwissen schnell veraltet, oft ein Wechselmotiv. Oft ist ein Entscheidungskriterium auch: Welches Schul- und Freizeitangebot bietet mir/uns der neue Wohnort?
4. Schritt: Firmen mit möglichen Kandidaten ermitteln
Online-Portale wie Xing und LinkedIn sind selten hilfreich – vor allem, weil sich die wirklich guten „Schaffer“ in den Unternehmen dort kaum präsentieren. Also bleibt den Unternehmen oft nichts anderes übrig, als Firmen zu ermitteln, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidaten für die vakante Stelle arbeiten – um diese abzuwerben. Relevant sind hier Mitbewerb, Nischenanbieter in der Branche, Unternehmen außerhalb der Branche, in denen Spezialisten mit einem ähnlichen Profil arbeiten – genau dort findet man meist die wirklich heißen Kandidaten.
5. Schritt: die Kandidaten kontaktieren
Sind die Zielfirmen definiert, gilt es, die Namen der Personen zu ermitteln, die in ihnen die betreffende Funktion innehaben. Diese Aufgabe übertragen Unternehmen oft Personalberatern – unter anderem weil diese meist über Netzwerke verfügen, die das Ermitteln der Namen erleichtern. Sind diese bekannt, gilt es die Kandidaten zu kontaktieren. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Spezial-Know-how. Denn den Kandidaten, die eigentlich einen guten Job haben, muss die vakante Stelle in der Regel zunächst schmackhaft gemacht werden, damit sie einen Stellenwechsel überhaupt erwägen. Dies gelingt nur Personen, bei denen die kontaktierten Kandidaten das Gefühl hat: Mein Gesprächspartner kennt mein Tätigkeitsfeld und kann den Wert meines Know-hows einschätzen.
6. Schritt: die eingeladenen Top-Kandidaten überzeugen
Sind die möglicherweise wechselwilligen Kandidaten identifiziert, beginnt ein reguläres Personalauswahlverfahren. Dabei sollte jedoch allen klar sein: Das Unternehmen wirbt um eine begehrte Top-Kraft, die mehrere bis sehr viele Optionen hat. Entsprechend sollte der Kandidat umworben werden, um ihm die gewünschte Wertschätzung zu signalisieren. Dazu zählt auch, dass zum Beispiel beim Vorstellungsgespräch ein Experte aus der betreffenden Fachabteilung anwesend ist. Denn gerade die absoluten Top-Kandidaten wollen, bevor sie sich entscheiden, sicher wissen: Finde ich in dem Unternehmen (auch personell) ein hoch-professionelles Milieu vor, das mir ideale Entfaltungsmöglichkeiten bietet? Zudem haben sie meist konkrete fachliche Fragen.
7. Schritt: den Neuen einführen
Ist der gesuchte Spezialist gefunden, atmen die Verantwortlichen in den Unternehmen meist erleichtert auf und kehren zu ihrer Alltagsarbeit zurück. Erwartet wird, dass der Neue vom ersten Tag an so funktioniert, als arbeite er schon immer für das Unternehmen – was er selbstverständlich nicht kann, da ihm noch viele Infos fehlen. Entsprechend ernüchternd und häufig sogar frustrierend sind für die Neuen häufig die ersten Arbeitstage. Und auch für ihdiere neuen Kollegen. Denn diese erhoffen sich vom Neuen oft eine Arbeitserleichterung. Diese fragen sich recht schnell: Ist das die richtige Person?
Mit der Konsequenz: eine eventuelle Trennung noch während der Probezeit und die zeit- und kostenintensive Suche beginnt von vorne. Und die Aufgaben, die er eigentlich erledigen sollte? Sie bleiben weiterhin liegen.
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Alexander Walz ist Geschäftsführer der Personal- und Managementberatung Conciliat GmbH, Stuttgart (www.conciliat.de, Tel.: +49 / 711 / 22 45 18-0, Walz.Alexander@conciliat.de).