Sie sind der Dirigent!
Wie verarbeiten und bewältigen Menschen Veränderungen? Den Service verbessern, die Bearbeitungszeiten verkürzen, die Produktivität steigern und den Ertrag (wieder) erhöhen. Der Markt ist weitgehend gesättigt und entsprechend scharf ist der (Verdrängungs-)Wettbewerb.
Viele Veränderungs- beziehungsweise Changeprojekte können – oft parallel – ablaufen. Deshalb haben die Verantwortlichen schon viel Erfahrung mit dem Managen solcher Projekte gesammelt. Trotzdem werden oft nicht die gewünschten Wirkungen erzielt – primär aus folgenden Gründen:
- Den Verantwortlichen ist häufig nicht ausreichend bewusst, dass sich die initiierten Veränderungen nicht nur auf die Bereiche auswirken, in denen die Abläufe, Prozesse und Strukturen geändert werden. Sie wirken meist breiter. Deshalb treten oft Widerstände in Bereichen auf, die sie nicht im Fokus haben.
- Die Verantwortlichen reflektieren bei strategischen Veränderungen im Vorfeld oft nicht ausreichend die Auswirkungen auf die Struktur und Kultur des Unternehmens. Sie übersehen, dass in jeder Organisation die Dimensionen Strategie, Struktur und Kultur wie Zahnräder ineinander greifen müssen. Sonst arbeitet das System mit reduzierter Kraft.
Die meisten Dienstleistungsunternehmen steuern Veränderungsprozesse auf der strukturellen Ebene routiniert. Den Umgang mit deren Auswirkungen auf der kulturellen Ebene betrachten die Verantwortlichen aber oft als lokale Führungsaufgabe – also zum Beispiel als Aufgabe der Team- und Abteilungsleiter auf der Bereichsebene oder der Leiter der Niederlassungen und Filialen. Leider fehlen auf dieser Ebene mitunter die notwendigen Unterstützungs-Maßnahmen.
Welches Verhalten ist wann angesagt?
Die sieben typischen Phasen eines Veränderungsprozesses lassen sich wie folgt kurz beschreiben:
Phase 1: Erste Gerüchte über die geplanten Veränderungen verursachen Unruhe und Sorge in der Organisation – noch bevor sie offiziell verkündet wurden. In dieser Phase ist es wichtig, als Führungskraft mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen beziehungsweise mit ihnen im Gespräch zu bleiben und Spielregeln für den Umgang mit der unklaren Situation zu vereinbaren.
Phase 2: Mit der offiziellen Bekanntgabe zum Beispiel der geplanten Umstrukturierung wird die Notwendigkeit der Veränderung definitiv. Hoffnungen und Befürchtungen werden geäußert, doch noch kaum jemand ist in der Lage, sich auf die neuen Zukunftsvisionen einzulassen. Zuhören, Informieren und Verständnis zeigen sind, nun gefragt.
Phase 3: Nach dem ersten Schreck zeigen die Betroffenen Ärger und Wut. Die Folge sind Abwehrreaktionen, die zuweilen sogar zu mehr Produktivität führen. Denn die Mitarbeiter wollen zeigen: „Die Veränderung ist nicht nötig. Es geht auch so.“
Phase 4: Ist die Veränderung rational akzeptiert, setzen sich die betroffenen Mitarbeiter damit persönlich auseinander: Was bedeutet die geplante Veränderung für mich? Welche Herausforderungen kommen auf mich zu? Kann ich sie bewältigen und wenn ja wie? Dies können die Betroffenen in dieser Phase meist noch nicht genau einschätzen. Deshalb gilt es jetzt, die Betroffenen beim Aushalten dieses Zustands der Ungewissheit zu unterstützen.
Phase 5: Der Tiefpunkt ist erreicht, wenn den Betroffenen klar wird: Es gibt kein Zurück. Damit das Neue auch emotional akzeptiert wird, ist es wichtig, das Alte zu würdigen. Die Mitarbeiter brauchen Zeit und einen Raum für ihre Trauer und das Abschiednehmen – zum Beispiel in Workshops und Einzelgesprächen.
Phase 6: Erst nachdem dieser Prozess vollzogen ist, richtet sich die Energie auf das Neue. Nun gilt es, Neugier zu wecken und den Mitarbeitern das erforderliche Wissen und Können zum Umgang mit dem Neuen zu vermitteln. Ermutigung und Geduld sind nun hilfreich; ebenso Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch.
Phase 7: Das Neue wird allmählich zur Normalität und erste Lernerfolge schaffen Selbstvertrauen. Die Folge: Die Leistung des Systems steigt über das ursprüngliche Niveau. Nun gilt es, den Prozess zu bewerten: Was lief nicht so gut? Was hat sich bewährt? Aus diesen Erfahrungen kann und sollte jeder Einzelne und die Organisation lernen, damit künftige Veränderungen noch besser bewältigt werden.
Wenn die (operativen) Führungskräfte die typischen Phasen eines Veränderungsprozesses kennen, können sie ihre Mitarbeiter besser beim (mentalen) Bewältigen der neuen Herausforderungen unterstützen. Dadurch steigt auch ihr Selbstbewusstsein als Führungskraft. Zudem wächst ihre Fähigkeit, Veränderungsprozesse zu begleiten. Dadurch erhöht sich wiederum die Kompetenz des Dienstleistungsunternehmens, mit Veränderungen professionell umzugehen, was sich auf Folgeprojekte auswirkt.
Gastautor: Michael Reichl ist einer der beiden Geschäftsführer des Trainings- und Beratungsunternehmens im-prove, Schwäbisch-Gmünd, das (Dienstleistungs-)Unternehmen bei Changeprojekten unterstützt und Change-Berater und -unterstützer ausbildet (Tel. +49 / 8165 / 409 48 84; kontakt_muc@im-prove.de; www.im-prove.de).