Arbeitsbedingte Erkrankungen und Beschwerden sind im Vormarsch. Stress liegt EU-weit an zweiter Stelle der häufigsten arbeitsbedingten Beschwerden. Was sind Risiken & Kosten der immer steigenden Zahl psychischer Belastungen für unsere Unternehmer?
Ergebnisse des Eurpean Working Conditions Survey 2010 zeigen, dass die Arbeitsintensität in Österreich durchwegs sehr hoch ist. Unsere Arbeitnehmer müssen überdurchschnittlich schnell arbeiten. Österreich liegt damit im EU- Spitzenfeld. 15,8 % der Erwerbstätigen arbeiten mehr als 70 Stunden pro Woche und 30,1 % geben an, die Arbeit beeinträchtige ihre Gesundheit negativ. Psychische Belastungen wie z.B. eine hohe Arbeitsintensität, komplexe Aufgaben oder Kundenkontakt verursachen nicht nur psychische Erkrankungen, sondern verstärken auch andere physische Probleme wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen, Magenbeschwerden, Schlafstörungen oder auch Diabetes.
Kosten haben sich fast verdoppelt
Einer Studie des WIFO und der Donau-Universität Krems (2011) zufolge wurden für Österreich von der European Agency for Safety and Health at Work die Kosten von arbeitsbedingtem Stress für 1998 auf 1,4 % des BIP bzw. 2,6 Milliarden Euro geschätzt. Mittlerweile betragen die direkten Kosten von arbeitsbedingtem Stress bereits 1,5 % des BIP. Für das Jahr 2011 ergibt das immerhin eine Summe von 4,5 Milliarden Euro für Österreich und damit für unsere Unternehmen, welche einen großen Teil dieser Kosten selbst tragen müssen.
Berechnungen legen nahe, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz mit ähnlich hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden sind wie physische Arbeitsbelastungen. Die Wahrscheinlichkeit infolge von Arbeitsstress krank zu werden ist dabei geringer als durch physische Belastungen zu erkranken. Die durchschnittliche Dauer der psychischen Krankenstände ist allerdings erheblich höher.
Ignorieren Unternehmen arbeitsbedingte, psychische Belastungen der Mitarbeiter, gehen sie damit eine Reihe von Risiken ein:
- Risiko eines längeren Krankenstandes bis hin zum gänzlichen Ausfall eines Mitarbeiters
Krankenstände mit z.B. der Diagnose Burnout können im schlimmsten Fall 1 Jahr oder länger betragen. - Risiko von Fehlern
Kognitive Fähigkeiten, wie z.B. die Konzentrationsfähigkeit können bei psychischer Belastung beeinträchtigt sein. Das gleiche gilt, wenn Medikamente eingenommen werden. Das heißt, das Risiko einen Fehler zu machen oder etwas zu vergessen steigt stark an. - Risiko des sinkenden Produktivitätsniveaus
Psychische Belastungen rauben Ressourcen. Wer schon einmal unter erschwerten Bedingungen gearbeitet hat, weiß: Alles geht langsamer voran, die Produktivität und die Motivation leiden darunter. Entweder die Arbeit bleibt liegen, was wieder zu mehr Druck führt, oder es werden Überstunden gemacht um die Arbeitsmenge zu schaffen. Durch Überstunden beginnt der Teufelskreis sich zu drehen. Überstunden reduzieren die Möglichkeit für einen gesunden Ausgleich zu sorgen. Üblicherweise werden in stressigen Zeiten zuerst ressourcenbringende Tätigkeiten wie z.B. Bewegung an der frischen Luft, gestrichen. - Risiko eines Arbeitsunfalls
Durch beeinträchtigte kognitive und körperliche Fähigkeiten steigt die Gefahr eines Arbeitsunfalls (und auch Arbeitswegunfalls) deutlich an. - Risiko einer „sozialen Infektion“
Ein demotivierter und womöglich auch frustrierter Mitarbeiter kann unabsichtlich oder auch absichtlich andere, „gesunde“ Mitarbeiter mitreißen. Das Arbeitsklima leidet darunter und der Nährboden für Mobbing und Aggressionen am Arbeitsplatz ist geschaffen.
Die Aufzählung ließe sich noch beliebig weiterführen. Kluge Unternehmer wissen um den Einfluss von arbeitsbedingten, psychischen Belastungen auf die Effizienz der Arbeit und haben deshalb eine Sensibilität ihrer Mitarbeiter gegenüber entwickelt. Sie erkennen beispielsweise sofort, wenn ein sonst sehr guter Mitarbeiter plötzlich in der Leistung nachlässt. Ehrliches Interesse an den Problemen der Mitarbeiter und der Wille gemeinsam eine Lösung zu finden nehmen viel Druck und Angst von Arbeitnehmern und erwirken eine Menge Vertrauen und Bindung in die Arbeitsbeziehung.
Weitere Informationen
- http://www.eurofound.europa.eu
- http://www.arbeiterkammer.at/bilder/d170/Psychische_Belastungen_der_Arbeit_2012.pdf
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Gastautorin: Mag. Manuela Palotay ist zertifizierte Arbeitspsychologin und als Unternehmerin in den Bereichen Persönlichkeitscoaching, Wirtschaftspsychologie, Sportpsychologie und Diagnostik tätig. office@pmplus.at, www.pmplus.at