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neue businesszeiten brauchen neue leitbilder

Höchste Zeit, dass sich was tut. Die Leitbilder, mit denen sich Unternehmen schmücken, sind mehrheitlich aus dem letzten Jahrhundert – im wahrsten Sinne des Wortes. Doch wer heute Business macht, ist fortschreitend einem dramatischen Wertewandel und der gnadenlosen Transparenz des Social Webs unterworfen. Kooperation statt Konfrontation und Menschlichkeit statt Machtgelüsten rücken nach vorn. Dieses neue Szenario zwingt das Management, veraltete Leitbilder rasch auf den Prüfstand zu stellen.

Neue Zeiten brauchen neue Leitbilder. Nicht nur das Zahlenwerk, auch die moralische Bilanz muss zukünftig stimmen. Die großen Unternehmenspleiten der letzten Jahre haben aller Welt sichtbar vor Augen geführt: Veraltete Managementmoden und Megalomanie fordern einen hohen Preis – und führen letztlich ins Aus. Beim Spiel mit den Bauklötzen der Macht bleiben nicht nur die Mitarbeiter und Kunden, sondern letztlich die Gesellschaft und unser aller Lebensraum auf der Strecke. Die gute Nachricht: Eine werteorientierte Unternehmensführung ist im Kommen, weil sich von allen Seiten eine stark zunehmende Nachfrage dafür entwickelt.

Leitbilder prägen die Unternehmenskultur

Doch in herkömmlichen Leitbildern spiegeln sich diese Veränderungen noch nicht wider. Ihre oft phrasenhaft klingenden Formulierungen beginnen vielfach wie folgt: „Wir sind der führende Anbieter von … .“ Oder: „Wir sind Marktführer in … .“ Mal ehrlich: Das klingt reichlich selbstverliebt. Und oft recht martialisch. Im Gegensatz dazu heißt es bei Intuit, einem Hersteller von Finanzsoftware: „Der Kunde soll sich mit unseren Produkten so wohl fühlen, dass er fünf Freunden sagt, sie sollten es ebenfalls kaufen.“

Das tönt sicher nicht so glattgebürstet wie die von Werbeagenturen aufgehübschten Mission Statements anderer Player im Markt. Und das ist auch gut so. Denn mit gekünstelter Leitbild-Prosa, die den Mitarbeitern an die Wand genagelt wird, kann niemand was anfangen. Bei dem schlicht formulierten Intuit-Satz hingegen versteht jeder was zu tun ist und wohin die Reise geht. Es reicht nämlich nicht, ein visionäres Ziel zu haben, man muss es auch erstrebenswert finden. Erst dann kommen die Mitarbeiter vom ‚Müssen‘ ins ‚Wollen‘. Und nur im ‚Wollen‘ steckt die Art von Kreativität, die die Konsumenten schließlich belohnen. Denn Geldscheine sind Stimmzettel.

Leitbild auf dem Prüfstand

Wie schaut das nun textlich aus? Überkommene Wir-sind-die-Größten-Leitbilder müssen neu gedacht und neu erarbeitet werden. Und zwar mithilfe der Mitarbeiter, und – das ist neu – auch mithilfe der Kunden. Mithilfe der Kunden? Ja, natürlich! Wenn Kunden-Involvement für die unternehmerische Zukunft unumgänglich ist, dann sollten auch die Kunden zu Inhalt und Ausrichtung des Leitbildes Stellung beziehen. Die Social-Media-Welt bietet heutzutage alle Möglichkeiten, ein solches Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Und wenn es sich aus welchen Gründen auch immer verbietet, den Kunden in diesen Prozess einzubeziehen? Dann sollte er wenigstens ein virtueller Projekt-Teilnehmer sein. Dabei stehen nach jedem Zwischenschritt folgende Fragen im Raum: „Stellen Sie sich vor, Sie wären der Kunde! Was würde Ihnen auf den Lippen brennen? Welche kritischen Anmerkungen hätten Sie? Und welche Anregungen? Was müsste weg? Und was sollte zwingend ergänzt werden? Wie könnte man es so machen, dass es die Kunden lieben? Und wie könnte es gehen, dass alle im Markt drüber reden?“ Ganz am Anfang könnte auch folgende Frage stehen: „Wer wollen wir für unsere Kunden sein?“

Und dann beginnt das neue Leitbild wie folgt: “Für unsere Kunden wollen wir … .“ Damit stünde dann endlich der Kunde an erster Stelle. Anstatt nämlich die eigene Herrlichkeit zu feiern oder sich aufs Marktführer-Podest zu wünschen, sollten Unternehmen es als ihre Mission ansehen, ihren Kunden (und deren Kunden) zu helfen, noch erfolgreicher zu sein. Und gleichzeitig sollten sie dazu beitragen, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.

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Buchtipp zum Thema:

Anne M. Schüller: Touchpoints. Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute. Managementstrategien für unsere neue Businesswelt. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Gunter Dueck. Gabal, 3. aktualisierte Auflage, 350 S., 29,90 Euro, 47.90 CHF. ISBN: 978-3-86936-330-1. Ausgezeichnet als Mittelstandsbuch des Jahres und mit dem Deutschen Trainerbuchpreis 2012

Anne M. Schüller | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und von Xing zum Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

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