Wien, 4.7.2017: Afrikas Startup-Szene und Wirtschaft boomen – erstaunliche technologische Innovationen entstehen auf diesem Kontinent. Doch Europäer assoziieren mit Afrika zumeist nur Kriege, Konflikte und Katastrophen. Eine Learning Journey österreichischer Managerinnen und Manager ins Silicon Savannah, Nairobi, nimmt das neue, digitale Afrika in den Blick.
Afrika ist der erste „mobile-only“ Kontinent mit 1,2 Milliarden Menschen, die direkt im mobilen Zeitalter gelandet sind. 60 % davon haben bereits ein Handy. Dieses ist Bankkonto, Kreditkarte, Handelsplatz, medizinischer Ratgeber und „Werkzeug“, um Geld zu verdienen. Festnetztelefonie, Großrechenanlage und PC wurden einfach übersprungen, Basel III und Solvency II Beschränkungen gibt es nicht.
„Im Großraum Nairobi sind über 500 Start-ups aktiv. Sie entwickeln frei von technologischen Altlasten und überbordender Bürokratie Apps, Produkte und Services nicht nur für die aufstrebende afrikanische Mittelschicht, sondern auch für die Armen des Landes“, skizziert Afrika-Wirtschaftsexperte Hans Stoisser, der als Geschäftsführer von ECOTEC drei Jahrzehnte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern hat. „Europa sieht Hilfsbedürftige und nicht potentielle Geschäftspartner. In Subsahara Afrika hat sich in den letzten 15 Jahren das BIP verdreifacht und das Pro-Kopf-Einkommen verdoppelt. Eine neue Mittelschicht entsteht, mit ihr sollten wir in Kontakt treten.“
Wesentlicher Entwicklungsmotor waren und sind Internet und Mobiltelefonie: Mobile Money etwa ist eine afrikanische Erfindung. Seit 2007 operiert M-Pesa als erste mobile Bank der Welt. Sie wurde in Kenia von zwei Mobilfunkanbietern gegründet. Ursprünglich hat das Unternehmen seinen Kunden nur angeboten, Gesprächsguthaben zwischen Familienmitgliedern und Freunden zu „verschicken“. Daraus hat sich eine Full-Service-Bank entwickelt, die heute in Kenia 44 % des BIPs abwickelt.
Und das ist nur eines von vielen Beispielen: Lernplattformen wie ENEZA unterstützen 2 Millionen SchülerInnen, M-Farm schließt Bauern kurz und schaltet Zwischenhändler aus, E-Cow fungiert als virtuelle Hebamme bei Rinderzuchtfragen, M-Kopa verkauft Solaranlage über Micro Kredit im Paket mit Fernsehgerät. Die Liste könnte man noch eine ganze Weile fortsetzen. Silicon Savannah ist boomender Teil der sich stark verändernden afrikanischen Realität. Aber anders als die Dürre, die derzeit den Norden Kenias heimsucht, wird diese in Europa noch nicht wahrgenommen.
Warum eine Learning Journey? Und warum jetzt?
Effizienz steigern und ausgeklügelt messen – das waren in den letzten Jahren die gefragten Management-Skills in Europa. Vieles davon war sicher nötig, manches ist übers Ziel geschossen. Heute ist sowohl den Kontrollierenden wie auch den Kontrollierten klar: Die Schrauben lassen sich nicht weiter anziehen. „Geschäftsmodelle und Prozesse gehören nicht mehr nur besser, sondern vor allem anders gedacht“, erklärt Karin Krobath, Partnerin bei IDENTITÄTER – Agentur für Employer Branding und Corporate Culture. „Ich sehe in meiner täglichen Beratungspraxis Old-Economy-Unternehmen, die Innovation forcieren wollen und sich fragen, wie sie ihren effizienzoptimierten Organisationen Freiraum für neue Ideen und Zugänge schaffen.“
Die Learning Journey ins Silicon Savannah ist als Inspirationsquelle und Vernetzungsplattform konzipiert. Die teilnehmenden CEOs, CIOs, Investoren und Innovationmanager treffen auf lokale Unternehmensleiter im Bereich Infrastruktur, Mobile Money, Gesundheit, Energie und Ausbildung. Sie besuchen Unternehmen und Startups und treffen auf das Alumni Netzwerk der Strathmore Business School.
From middle class to middle class – ein Ausweg?
Die Anzahl der in absoluter Armut lebenden Afrikanerinnen und Afrikaner ist seit den neunziger Jahren von 57% auf 35% der Gesamtbevölkerung zurückgegangen. Trotz steigender Bevölkerung nimmt sie mittlerweile auch in absoluten Zahlen ab. Gleichzeitig ist eine neue Mittelschicht entstanden. Das sind Menschen in den gleichen Berufen wie wir, mit den gleichen Interessen nach Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. Für Kooperationen sind sie unsere natürlichen Partner. Durch Zusammenarbeit stärken wir sie und versetzen sie auch zunehmend in die Lage, die Verantwortung zur Bewältigung der afrikanischen Krisen selbst in die Hand nehmen bzw. diese von den eigenen politischen Führern wirksam einzufordern.
Reise- und Programmdetails
Die Learning Journey findet von 15. bis 18.10.2017 in Nairobi statt. Programm und Anmeldung unter www.ecotec.at.
Rückfragen an
- Karin Krobath (Partnerin IDENTITÄTER), +43 Tel +43 / 699 / 107 766 11, karin.krobath@identitaeter.at.IDENTITÄTER ist spezialisiert auf Employer Branding und Corporate Culture. Markenschärfe, Strategieklarheit und Innovationsfreude sind die Hebel, an denen 8 PartnerInnen seit über 10 Jahren für große Namen und kleine Flaggschiffe drehen.
- Hans Stoisser (Geschäftsführer ECOTEC) , Tel+43 / 676 / 9200 200, Hans.stoisser@ecotec.at. ECOTEC arbeitet mit agilen Unternehmen und Organisationen an der Schnittstelle zu Emerging Countries. Dort wo eine riesige Nachfrage auf einen neu vernetzten Raum trifft. Ziel: Kooperationen in Emerging Countries wirksam machen.
Hintergrundinformationen
- Afrika digital – Dokumentation von ZDF-Korrespondent Jörg Brase: https://www.3sat.de/page/?source=/makro/doku/190202/index.html
- Hans Stoisser: Der schwarze Tiger – Was wir von Afrika lernen können. München: Kösel Verlag, 2015.
- Internetanbindung in Kenia schneller als in Österreich