Kürzlich titelte ich ein Interview „Die richtige HR-Software für & New Work“. Heute gehe ich in die Tiefe: was bedeutet das konkret – heruntergebrochen auf Zusammenarbeit im Team einerseits und auf Personalentwicklung andererseits?
Interview
Fragen dieses Interviews
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Was muss die „richtige“ HR-Software für eine reibungslose New-Work-Zusammenarbeit im Team bieten?
Jürgen Ulbrich (Sprad.io): Gute HR Software merkt man gar nicht bewusst, sondern sie funktioniert einfach. Sie soll die Mitarbeiter-Teams dabei unterstützen orts- und zeitunabhängig zusammen die Projektziele zu erreichen. Die Software sollte kein umfangreiches Training benötigen, sondern Mitarbeiter sollten sich intuitiv in der Software zurecht finden können.
Mag. Gregor Gutzelnig (Workflow EDV): Unsere Cloud HR-Software unterstützt Teams dabei sich besser zu organisieren. Durch die einfache Möglichkeit die Anwesenheit zu erfassen und dabei zB auch einen Statusgrund / Bemerkung anzugeben, kann sich das Team besser über die Anwesenheitsliste koordinieren. Zusätzlich können wir ungenehmigte und genehmigte Abwesenheiten in Office365/Outlook importieren. Wir haben zusätzlich in den letzten Monaten bemerkt, dass im Home-Office eine Abgrenzung zwischen Arbeits- und Privatleben zum Teil schwieriger wird. Aus diesem Grund ist ein Zeiterfassungssystem, das klar zeigt, ob der Mitarbeiter noch im Dienst ist, ein wertvolles Tool, da so unangenehme Situationen vermieden werden und eine Abgrenzung leichter fällt.
Ein weiteres großes Thema ist die Verwaltung von Personaldaten und Dokumenten. Hier unterstützt unsere Software Teams dabei, dass im Self-Service auf alle wichtigen Personaldaten zugegriffen werden kann. Außerdem können wir zB auch Dokumente wie den Lohn- und Gehaltszettel über unsere HR-Software Personalwolke sicher verteilen.
Sandor Andorko, BSc (P&I): Die Corona-Pandemie hat es mehr als verdeutlicht: Die Teamarbeit wird zunehmend ins Web verlegt. Moderne HR-Softwarelösungen und Konferenztools machen ein ortsunabhängiges Zusammenarbeiten möglich. Voraussetzung hierfür sind natürlich die oben genannten Punkte. Die Software stellt künftig die Basis dafür –funktioniert sie nicht, ist eine Teamarbeit nicht möglich. Unsere gesamte Arbeitswelt befindet sich momentan in einem massiven Umbruch und Weichen werden neu gestellt. Daher ist es umso wichtiger, dass Unternehmen jetzt handeln und die digitale Transformation vollziehen, um bereits mittelfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Die digitale Teamarbeit hat sich während der Pandemie bewährt und wird auch darüber hinaus Bestand haben. Es gilt daher spätestens jetzt darauf zu reagieren und die nötigen Voraussetzungen zu schaffen.
Reza Madjidi (kiwiHR): Die Tendenz muss dahin gehen, dass sowohl HR Manager als auch Mitarbeiter mehr Autonomie und Transparenz bekommen – egal wann und von wo sie arbeiten. Für die HR-Abteilung bedeutet das, dass sie weniger Zeit mit manuellen Themen, wie Zeiterfassung oder Urlaubsverwaltung verbringen müssen, da vieles davon automatisiert ist oder direkt von den Mitarbeitern über eine Employee Self Service Funktion übernommen wird.
Somit hat HR einen besseren Überblick über Mitarbeiterdaten und andere Informationen und kann leichter datenbasierte Entscheidungen treffen und sich ausgiebiger mit strategischen Themen beschäftigen.
Das hat für Mitarbeiter den Vorteil, dass mehr Zeit in die Personalentwicklung investiert werden kann, aber auch, dass durch die transparenten Informationen Konflikte vermieden werden. Beispielsweise müssen sich Arbeitnehmer, die aufgrund von Homeschooling & Co. flexibler arbeiten müssen, nicht länger rechtfertigen, da ihre Arbeitszeiten zentral dokumentiert werden.
Johannes Kreiner (Sage DPW): Rein technologisch betrachtet wird der Trend hin zu New Work kaum Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Team haben. Viele Arbeitsprozesse liefen auch vor der Pandemie bereits digital oder remote ab und im Lauf des letzten Jahres sind Collaboration Tool wie MS Teams oder Slack in den meisten Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Das hat gezeigt: Gute Zusammenarbeit funktioniert nicht nur dann, wenn alle Beteiligten sich ein Großraumbüro teilen.
Wenn sich flexible Arbeitsmodelle und ortsungebundenes Arbeiten im Home-Office aber langfristig etablieren, dann wird das jedoch große Auswirkungen auf die Unternehmenskultur haben. Generell werden wir eine Arbeitswelt bekommen, die von mehr Flexibilität, Individualisierung und Selbstverwirklichung geprägt ist. Arbeitgeber werden vor diesem Hintergrund nicht umhinkommen, ihren Beschäftigten mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsspielraum einzuräumen. Hierarchien werden in diesem Zusammenhang flacher werden, Prozesse transparenter und die Feedback-Kultur agiler. Insgesamt wird diese Entwicklung zu mehr Vertrauen auf beiden Seiten führen: Vorgesetzte werden einen Teil ihrer Kontrollfunktion abgeben und Mitarbeitern mehr Freiraum bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zugestehen. Diese wiederum werden diesen Vertrauensvorschuss honorieren, was sich in höherer Motivation, Leistungsbereitschaft und besseren Arbeitsergebnissen niederschlagen wird. Erste Tendenzen, die diese Prognose bestätigen, haben sich im Laufe des letzten Jahres bereits abgezeichnet. New Work wird in Unternehmen also arbeitgeber- wie arbeitnehmerseitig zu einer Win-Win-Situation führen.
DI DI Dr. Michael Maurer (eSquirrel): Eine gute HR-Software wirkt sich positiv auf das ganze Unternehmen aus. Mit einer digitalen Onboarding-Lösung kann die Zusammenarbeit auf digitaler Ebene bereits beim Firmeneinstieg etabliert werden. Somit ist man vom ersten Arbeitstag an auf Digitalisierung eingestellt. Auf langfristige Sicht sind Umstellungen auf New Work und Home-Office kein Problem mehr.
Es ist jedoch auch wichtig, trotz der physischen Distanz die Nähe nicht zu vergessen. Teambuilding entsteht dann, wenn mit Freude und Spaß gemeinsam an einem Ziel gearbeitet wird. Wettkämpfe sind nicht umsonst so beliebt: die Motivation kann durch die Erfolge und Fortschritte von Kollegen extrem gesteigert werden. Gerade dieser Gamification-Aspekt ist bei Software-Lösungen – bei denen oft das persönliche in den Hintergrund gerät – zu achten. Digitalisierung zu etablieren funktioniert eben auch nur dann gut, wenn eine Software gerne von Mitarbeitenden genutzt wird.
Was muss HR-Software – mit Blick auf New Work – für Personalentwicklung leisten können?
Franz Hornbacher (ISGUS): Das bedeutet für den Anwender, dass flexible Arbeitszeitmodelle und wechselnde Arbeitsplätze vollkommen ortsunabhängig organisiert und umgesetzt werden können. Es bedeutet auch, dass man jederzeit in der Lage ist, eine sehr attraktive Arbeitsorganisation anzubieten und damit auch wertvolle Bewerber für sein Unternehmen gewinnen kann. Die genau identischen Möglichkeiten für stationär und mobil Beschäftigte wird den jeweiligen Anforderungen gerecht und dadurch, dass die digitale Erfassung und autarke Zeitwirtschaft jeder in der gleichen Weise für sich nutzen kann, ist die Gleichbehandlung jederzeit gewährleistet.
Sandor Andorko, BSc (P&I): Digital vernetzte HR-Software umfasst natürlich auch das Talent Management und unterstützt Firmen dabei, Talente im Unternehmen zu entdecken und zu fördern. Die Personalentwicklung wird sich dahingehend verändern, dass vorhandene Potentiale künftig zunächst ausgeschöpft oder aufgebaut werden, bevor neue Rekrutierungen stattfinden. Für dieses effiziente Vorgehen bedarf es einer Lösung, die für den Personaler alle vorhandenen Ressourcen mit den benötigten Fähigkeiten abgleicht und ihm diese auf einen Blick übersichtlich abbildet. Mitarbeitende können über das Self Service Management ihre Fähigkeiten eigenständig eintragen und aktualisieren, wobei die vernetzte HR-Software den Personaler in Echtzeit über Anpassungen informiert. Auf diese Weise ist er stets auf dem neuesten Stand und weiß, welche Potentiale vorhanden bzw. durch geeignete Maßnahmen zu fördern sind. Die Personalentwicklung wird demnach künftig zu einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit führen, an der die Mitarbeitenden aktiv beteiligt werden.
Johannes Kreiner (Sage DPW): Personalverantwortliche werden angesichts von New Work verstärkt auf digitale und soziale Kompetenzen bei den Mitarbeitern achten. Dies betrifft nicht nur rein technische Fähigkeiten im Umgang mit den entsprechenden Tools, sondern auch sogenannte „Soft Skills“, die in Zeiten von New Work, also dem ortsungebundenen, flexiblen Arbeiten, gefragt sind. Hierzu zählen etwa Fähigkeiten im Bereich Selbstorganisation. Hier geht es beispielsweise darum, arbeitgeberseitig eingeräumte Freiheiten bestmöglich im Sinne effizienter Arbeitsprozesse und guter Arbeitsergebnisse im Home-Office zu nutzen.
Wir gehen davon aus, dass Unternehmen verstärkt in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter bei diesen Themen investieren werden. Dieses Investment wird unserer Wahrnehmung nach vor allem solange nötig sein bis die sogenannten „Digital Natives“ und „Millennials“ der Generation Y und Z in den Belegschaften die Mehrheit stellen werden. Sie bringen den Wunsch nach mehr Flexibilität und Selbstbestimmung im Rahmen ihrer Arbeit bereits von Haus aus mit. Das heißt, künftig werden die Anforderungen, die New Work an die Mitarbeiter stellt, von diesen automatisch erfüllt bzw. dieses Konzept auf Basis deren eigener Werte- und Zielvorstellungen weiterentwickelt werden. Denn: New Work ist keine starre und fixe Idee davon, wie Menschen leben und arbeiten, sondern ein dynamischer Entwicklungsprozess, der in einigen Jahren schon wieder komplett anders aussehen könnte als heute.
Florian Walzer (rexx systems): Dass sich der Einsatz von New Work-Tools lohnt und zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit führt, zeigen mehrere Studien: Konkret ergab sich für Unternehmen, die New-Work-Instrumente nutzen, eine dreimal höhere Chance, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Und wer zieht letztlich die besten Talente an? Ein attraktiver Arbeitgeber! Aber da hört es dann ja nicht auf. Attraktiv bleiben ist die Devise um die besten Talente zu halten. Daher muss eine HR Software unter New Work Aspekt auch im Bereich Talent Management stark sein, etwa durch den Einsatz von Zielvereinbarung, E-Learning, Skillmanagement oder Mitarbeitergesprächen um nur einige zu nennen. So steigern Unternehmen den Umsatz und senken die Fluktuationsquote.
Patrick Attanasio (Infoniqa): Um New Work auch in der Personalentwicklung gerecht zu werden, muss jeder in die Nutzung der digitalen HR-Lösungen eingebunden werden. Es bedarf neuer Konzepte für die Personalentwicklung, die den gesteigerten Bedarf nach digitalen Trainingsinhalten erfüllen. Eine Option sind beispielsweise kleine und maßgeschneiderte Trainingsinhalte (micro learning), die es dem Mitarbeiter ermöglichen, Schulungsmaßnahmen unaufwändig in seinen Arbeitsalltag zu integrieren.Voraussetzung dabei: Trainingsinhalte müssen relevant(er) sein als bisher, leichter lernbar, schneller in die Praxis übertragbar. Nur so kann eine Bereitschaft und Routine geschaffen werden für digitales Lernen. Im gleichen Zuge muss auch die Kombination aus digitalen und persönlichen Lerninhalten (Blended Learning) verbessert werden.
Zuletzt braucht es eine klare Talentmanagement-Strategie, um die vielen verschiedenen Fähigkeiten und Qualifikationen aller angestellten und beteiligten Personen im Überblick zu behalten. Nur mit einem umfassenden Überblick über die Kompetenzen und Talente aller Mitarbeiter können Shared Jobs, flexible Arbeitsmodelle und so weiter überhaupt langfristig erfolgreich umgesetzt werden.
Wie können Unternehmen ihre HR-Abteilungen auf deren neue Rolle und neue Aufgaben in der Personalentwicklung, die sich aufgrund von New Work ergeben, optimal vorbereiten?
Johannes Kreiner (Sage DPW): Bevor Personalverantwortliche selbst Wissenslücken bei der Belegschaft erkennen und entsprechende Weiterbildungen anbieten können, müssen diese bei ihnen selbst erst einmal identifiziert und die nötigen Schulungen durchgeführt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, die entsprechenden Technologien zu implementieren, mit denen HR die eigenen Aufgaben besser bewältigen kann.
Voraussetzung für einen erfolgreichen Wandel hin zu einem Unternehmen, das seine Mitarbeiter auch und vor allem in herausfordernden Zeiten in den Mittelpunkt stellt, ist zudem die Zusammenarbeit der HR-Verantwortlichen mit anderen Abteilungsleitern und Team Leadern, bis hin zur Geschäftsleitung. Denn die Führungskräfte müssen die Erkenntnisse umsetzen, die HR gewonnen hat – etwa bestimmte Mitarbeiter stärker zu fördern und zu fordern, regelmäßig Feedback zu geben, zu motivieren und so weiter. Alle müssen gemeinsam mehr auf den Faktor Mensch eingehen und Mitarbeiter nicht wie „Ressourcen“ oder „Humankapital“ behandeln.
Die Gesprächspartner
Patrick Attanasio Infoniqa
rexx systems GmbH Johannes Kreiner Sage DPW
Workflow EDV GmbH
kiwiHR
ISGUS GmbH
P&I Personal & Informatik GmbH
Sprad.io
eSquirrel GmbH
Mag. Eva Selan, MSc HRweb |