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Österreichs Arbeitszeit-Modelle am Prüfstand

Das Thema Arbeitszeit ist seit Jahren ein heißes Thema in der wirtschaftspolitischen Diskussion. Seit längerer Zeit zerbricht man sich in den verschiedensten Gremien und Diskussionsrunden den Kopf über die Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Im Zentrum der Diskussion stehen überwiegend die marktbedingten Flexibilisierungen in der Zeitgestaltung (von Saisonmodellen, Bandbreitenmodellen bis hin zur Option mehrjähriger Ausgleichszeiträume), die Ausweitung der zugelassenen Höchstgrenzen der Arbeitszeit (Tages- und Wochenarbeitszeit) sowie der ewige Dauerbrenner – die Sonntagsarbeit. Die Meinungen sind meist unterschiedlich und der gemeinsame Nenner bleibt nach wie vor aus.

Mag. Peter Baumgartner (langjähriger HR-Experte und Geschäftsführer der ARS – Akademie für Recht, Steuern & Wirtschaft) sieht das Thema aus Arbeitsrechts-Sicht.

Sein Einstiegsstatement: „Die Zeiten sind lange vorbei, in denen die Wirtschaft mit relativ stabilen Planungsparametern arbeiten konnte. Demzufolge sind absolut alle Ansätze von Unternehmen nachvollziehbar, mit denen versucht wird, die verfügbaren Personalkapazitäten bestmöglich an den Bedarf der Kunden und des Marktes anzupassen. Jede Form der Flexibilisierung ist für Unternehmen sehr wichtig, einerseits bei der Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeiten, andererseits sicher auch durch den vermehrten Einsatz von Zeitarbeitern und Leiharbeitskräften“.

Interview

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Nach welchen Arbeitszeit-Modellen herrscht derzeit eine erhöhte Nachfrage? – Und warum?

Im Vordergrund stehen sicher alle Modelle, die die Arbeitszeiten an die echten „Bedarfs-/Nachfragezeiten“ angleichen. Da entstehen auf betrieblicher Ebene oft hochkomplexe mehrschichtige Zeitmodelle, die planungs- und verwaltungstechnisch die gesamte Organisation eines Unternehmens enorm fordern, und die die Grenzen der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen (so wie sie sich aus den Bestimmungen des Arbeitszeit- und des Arbeitsruhegesetzes und der verschiedenen Kollektivverträge ergeben) aufs Maximum ausreizen. Aus Sicht der Arbeitnehmer werden immer häufiger Zeitmodelle gewünscht, bei denen nach längeren Einsatzzeiten mit hoher Arbeitsbelastung auch anschließend längere, zusammenhängende Freizeitblöcke folgen (bis hin zu Sabbatical-Modellen). Für Leute mit hochwertigen und phasenweise sehr stressbelasteten Einsatzzeiten ermöglichen derartige Modelle eine subjektiv bessere Work-Life-Balance. Ähnliches lässt sich auch für die Situation älterer Arbeitnehmer feststellen, die oftmals gegen Ende ihres aktiven Arbeitslebens nach Zeitmodellen suchen, die den Belastungsfaktor reduzieren und einen eher „gleitenden“ Umstieg in die Pension ermöglichen.

Was ist bei der Einführung von neuen Arbeitszeit-Modellen in ein Unternehmen unbedingt zu beachten? – Welche schwerwiegenden Fehler sind zu vermeiden?

Erfahrungsgemäß ist es für Unternehmen am schwierigsten, den eigenen Bedarf in Sachen Arbeitzeitgestaltung klar zu erkennen und auch wirklich danach zu planen und zu handeln. Oft sind die rechtlichen Begrenzungen, denen man sich auf den ersten Blick gegenübersieht, weniger behindernd, als man annimmt. Es sind vor allem die fehlenden Analysen und Planungsinstrumente, die Unternehmen sehr oft hindern, die rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Eine weitere Begrenzung ergibt sich aus der mangelnden Fähigkeit mancher Führungskräfte, sehr flexible Modelle in der Personalführung entsprechend umzusetzen. Nicht alles, was rechtlich möglich ist, findet auch die Zustimmung von Betriebsrat und Mitarbeitern. Selbst wenn scheinbar alles gut geregelt aussieht, können sich in der Umsetzung beträchtliche Widerstände bei Mitarbeitern bemerkbar machen. Vor allem wenn private, außerbetriebliche Interessen gefährdet sind oder wenn eine Arbeitszeitänderung auch Auswirkungen auf das Einkommen nach sich ziehen könnte.

TIPP: Was in dieser Situation helfen könnte, ist eine möglichst frühzeitige Einbindung der Arbeitnehmervertretung sowie der Führungskräfte im Unternehmen und eine klare Darstellung aller verfügbaren Daten und Fakten.

Welche Arbeitszeit-Modelle sehen Sie langfristig als Auslaufmodelle?

Als Auslaufmodell wird man am ehesten die klassischen „5 Tage x 8 Stunden-Modelle“ – 40 Stunden starr verteilt über die Woche – sehen können. Es gibt zunehmend weniger Sektoren in der Wirtschaft, in denen das noch passend ist.

Was ist bei All-in-Vereinbarungen aus Arbeitnehmersicht sowie aus Arbeitgebersicht zu beachten?

In den letzten Jahren wurden sogenannte All-in-Vereinbarungen in der Wirtschaft immer mehr zu einem Standard für Führungskräfte und hochqualifizierte Spezialisten. Dahinter steht hauptsächlich die  Überlegung, diese Top-Leute nicht nach der im Unternehmen zugebrachten Zeit zu bezahlen, sondern nach den erzielten Arbeitsergebnissen. Das was auf den ersten Blick so logisch erscheint, ist für den Arbeitgeber arbeitsrechtlich nicht immer ohne Probleme. Vielfach werden auf Basis derartiger Vereinbarungen die Grundprinzipien des Arbeitszeitrechtes bis an die Grenzen und darüber hinaus ausgeschöpft und strapaziert.

Aus Arbeitgebersicht besteht die Gefahr, dass man die Kontrolle darüber verliert, seine Mitarbeiter an ungesetzlich langen Arbeitseinsätzen zu hindern, ohne die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung dazu loszuwerden. Theoretisch könnten dem Arbeitgeber im Falle von Kontrollen sogar Strafen des Arbeitsinspektorates drohen.

Bezahlungstechnisch bleibt auch das Risiko einer Nachforderung von sehr hohen Überstundenleistungen durch den Arbeitnehmer immer aufrecht, wenn in vertraglichen Gestaltungen der Vereinbarung Fehler gemacht werden.

TIPP: Insgesamt kann man aus Arbeitgebersicht nur mit Nachdruck raten, All-in-Vereinbarungen ausschließlich bei Mitarbeitern mit Managementrollen und einem entsprechenden Gehaltsniveau abzuschließen.

Stichwort „Gleitzeit-Modelle“  – Was sind und leisten sie?

Gleitzeitmodelle sind in Österreich jene Modelle, die mit Abstand die größten Gestaltungsmöglichkeiten bieten und die meiste Flexibilität erlauben. Es ist genau genommen erstaunlich, welchen Spielraum das Gesetz hier lässt und wie selten in Relation dieser Spielraum genutzt wird. Das Hauptproblem bei Gleitzeitmodellen ist folgendes: Je komplexer sie werden, desto mehr Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Regeln überträgt der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer. Abhängig von der Führungskultur eines Unternehmens kann das Führungskräfte sehr fordern und macht es mitunter auch schwierig für den Arbeitgeber, die Einhaltung gesetzlicher Regelungen durchzusetzen (z.B. bei der Einhaltung täglicher und wöchentlicher Höchstgrenzen).

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Tipp am Rande: Veranstaltungen der ARS: Seminar „Arbeitszeitrecht AKTUELL, Seminar „ArbeitszeitMODELLE – Grundlagen/Rahmenbedingungen & Tipps für eine erfolgreiche Gestaltung“, Fachtagung „Arbeitszeit“.

Zeit ist Geld und natürlich ist Zeit Leben

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