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Kontrolle von Mitarbeitern – technisch möglich, rechtlich kritisch | Arbeitsrecht

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Viele technische Systeme und auch Neuerungen der vergangenen Jahre zielen darauf ab, nicht nur den Unternehmensalltag zu erleichtern und Kosten einzusparen, sondern auch darauf, Mitarbeiter zu kontrollieren. Dabei wird jedoch häufig auf die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen vergessen, insbesondere die gesetzlichen Hürden des Arbeitsrechtes und des Datenschutzes.

Autorin: Mag. Jennifer Maria Held (KWR)

Die Einhaltung dieser Regelungen ist aber essentiell, um teure und langwierige Gerichtsverfahren und – daraus folgend – negative finanzielle und immaterielle Folgen zu vermeiden.

Klassiker Videoüberwachung

Ein typisches Beispiel eines solchen technischen Systems ist die Videoüberwachung am Betriebsstandort. Neben den technischen Anforderungen sind arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben und Grenzen zu beachten.

Arbeitsrechtliche Grenzen

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist für den Einsatz einer Überwachungsanlage in Betrieben mit Betriebsrat zwingend eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Gibt es keinen Betriebsrat, sind Einzelvereinbarungen erforderlich. Die Videokameras sind so zu platzieren und einzusetzen, dass sie die Privatsphäre von Mitarbeitern nicht verletzen. Aufzeichnungen am WC oder in der Umkleidekabine beispielsweise berühren nicht nur die Menschenwürde, sondern verletzen sie und sind daher verboten. Eine solche Videoüberwachung könnte auch nicht durch eine Betriebsvereinbarung rechtmäßig gemacht werden.

Datenschutzrechtliche Grenzen

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind weitere Vorgaben zu erfüllen: Dazu gehört neben der Information der Mitarbeiter unter anderem auch die korrekte Kennzeichnung der Kameras und Bekanntgabe der Standorte. Eine „verdeckte“ Überwachung ist in Österreich grundsätzlich rechtlich nicht erlaubt, selbst wenn der Einsatz einer verdeckten Videoüberwachung aus wichtigen Gründen (wie dem Schutz der Sicherheit der Arbeitnehmer und Kunden sowie dem Schutz des Eigentums) gerechtfertigt erscheint. Werden die Vorgaben der DSGVO und des DSG nicht eingehalten, drohen neben Geldbußen auch schadensersatzrechtliche Forderungen der betroffenen Mitarbeiter. Das ist kein Mythos oder Angstmache, sondern Realität: So sprach das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern am 24.05.2019 (GZ: 2 Sa 214/18 v) einem Arbeitnehmer Schadenersatz in der Höhe von EUR 2.000 zu, da er vom Arbeitgeber per Videokamera überwacht wurde, obwohl keine Rechtfertigung, kein berechtigtes Interesse für die Verarbeitung der Daten bestand.

Kernfragen des Einsatzes einer technischen Mitarbeiterkontrollmaßnahme sollten daher stets sein:

  • ob einerseits überhaupt der Bedarf nach einer solchen besteht,
  • ob die Maßnahme angemessen ist oder dadurch ungebührlich die in das Grundrecht auf Datenschutz der Beschäftigten eingegriffen wird,
  • welche Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung heranzuziehen ist (in der Regel berechtigtes Interesse oder Einwilligung, muss aber im Einzelfall geprüft werden) und
  • ob alle arbeitsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

Interessenabwägung als Kernpunkt

Wichtig für die Praxis ist insbesondere, dass vor (!) Einsatz der Kontrollmaßnahme eine Interessenabwägung durchgeführt wird. Dabei müssen die Interessen des Arbeitgebers an der Kontrolle gegenüber den Interessen der Beschäftigten an der Wahrung ihrer Privatsphäre und dem Recht auf Datenschutz abgewogen werden. Diese Interessenabwägung muss im konkreten Einzelfall durchgeführt und auch stets dokumentiert werden.

Hinweis

Eine Betriebsvereinbarung oder eine Einzelvereinbarung mit den Mitarbeitern können nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung keinen Erlaubnistatbestand für den Einsatz der Kontrollmaßnahme im datenschutzrechtlichen Sinne bilden. Datenschutz und Arbeitsrecht müssen daher „getrennt“ betrachtet werden. Sprich: eine Betriebsvereinbarung oder eine Einzelvereinbarung ersetzten nicht eine datenschutzrechtliche Einwilligung – diese ist gesondert einzuholen.

Beispiele

Nicht zulässig wäre die (verdeckte) Erstellung von „Mitarbeiterprofilen“ durch Auswertung von Gesprächen, Krankenstandtagen, Angaben zur familiären Situation, etc. unter Zuhilfenahme von IT-Systemen. Aber auch der Einsatz eines Gesichtsscanners als Zutrittskontrolle und als Mittel zur Arbeitszeitauffassung wird derzeit als unangemessenes Mittel eingestuft werden.

Fazit

Arbeitgeber sollten daher stets bedenken, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch rechtlich zulässig ist. Insbesondere die arbeits- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen stellen häufig eine hohe Hürde dar, die es zu meistern gilt. Aus diesem Grund sollte noch vor Einführung von Kontrollmaßnahmen überprüft werden, ob das geplante Mittel zur Zielerreichung angemessen erscheint oder ob nicht eine weniger eingriffsintensive Datenverarbeitung den Zweck erfüllen könnte. Parallel zu datenschutzrechtlichen Überlegungen müssen Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bzw Zustimmungserfordernisse der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts beachtet werden.


Gastautorin

Mag. Jennifer Maria Held ist Rechtsanwaltsanwärterin im Datenschutz- und Arbeitsrechtsteam bei KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH. Sie war zuvor weltweit in internationalen Wirtschaftskanzleien tätig und ist auf das Datenschutz- und IT-Recht sowie auf Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts spezialisiert.“
www.KWR.at

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Gastautor | Beiträge von Personen außerhalb des fixen Autoren-Teams

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