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ChatGPT | Ein hilfreiches Tool im Vertrieb – mehr nicht

ChatGPT

Das Chatprogramm ChatGPT ist sehr leistungsfähig, doch nur bedingt „intelligent“. Entsprechend reflektiert und gezielt sollte man es im Marketing- und insbesondere Vertriebsbereich einsetzen.

Gast-Autor: Peter Schreiber

INHALT

ChatGPT ist ein mächtiges Tool, …

Denn diese Programme können viel schneller als Menschen das Internet nach Inhalten durchforsten, die bezogen auf ein bestimmtes Thema relevant sein könnten. Das erspart oft viel Recherchearbeit. Doch nicht nur das! Die Programme können dank ihrer Algorithmen die gefundenen Inhalte auch so verknüpfen, dass zumindest sinnvoll und zielführend erscheinende Texte entstehen. Das wird ihnen künftig immer besser gelingen, je klüger sie programmiert und trainierter sie sind. So existieren zum Beispiel heute bereits sogenannte generative KI-Systeme, die anhand erkannter Muster neue Inhalte generieren können.

… doch ChatGPT kann nicht selbstständig denken

Eines können die Chatprogramme aber (noch) nicht: selbstständig und eigeninitiativ denken. Sie brauchen den von Menschen gegebenen Impuls bzw. Prompt genannten Auftrag. Die Qualität der von ihnen gelieferten Ergebnisse hängt von der Qualität der Prompts ab, die den KI-Programmen gegeben werden – also von der Intelligenz und Kompetenz ihrer menschlichen User.

Selbst dann können die Programme nur die Inhalte verarbeiten und wiedergeben, die sich schon im Netz befinden. „Herum-spinnen“ und träumen, fantasieren und ganz neue Ideen sowie Lösungsansätze entwickeln, das können die rein logisch „denkenden“ Programme (noch) nicht. Das ist noch ein Privileg von uns Menschen.

ChatGPT kann nicht „out of the box“ denken

Deshalb kann man mit ihrer Hilfe Texte wie Posts zur Lead-Generierung und Standard-Mails zur Beziehungspflege mit der Kundschaft erstellen, die aufgrund der in ihnen enthaltenen Stichworte und Formulierungen eine Vielzahl der adressierten Personen ansprechen.

Schwierigkeiten bereitet es den Programmen aber, die im Netz gefundenen Inhalte sprachlich so zu verpacken, dass sie die Personen (aufgrund ihrer Funktion in der Organisation, also zum Beispiel Werks-, Einkaufs- oder Personalverantwortliche) auch emotional ansprechen – was im Marketing- und insbesondere Vertriebsprozess wichtig ist.

Im B2B-Vertrieb kommt man mit „Allgemeinplätzen“ nicht weit

Wenn es um die allgemeine Kundenansprache geht, können diese Systeme durchaus hilfreiche Tools sein. Anders sieht es aus, wenn es im B2B-Vertrieb zum Beispiel darum geht,

  • den Kaufentscheidungsprozess im Buying-Center gewisser Unternehmen gezielt voranzutreiben oder
  • bei Bestandskunden den Lieferumfang zu erhöhen.

Dann kommt man mit den Lösungsvorschlägen der KI-Programme oft nicht weit. Denn dafür ist es notwendig,

  • in der (schriftlichen und mündlichen) Kommunikation auf den spezifischen Bedarf des jeweiligen Unternehmens sowie den Entscheidungstragenden einzugehen und
  • ihnen individuelle Problemlösungen aufzuzeigen, die deren Ist-Situation und (Entwicklungs-)Ziele berücksichtigen.

KI-Systeme sind nicht immer „intelligent“, aber leistungsfähig

Die generelle Stärke eines KI-Programms wie ChatGPT ist: Sie können die im Netz bereits vorhandenen Informationen zusammenfassen und strukturiert wiedergeben. Sie können aber nicht einschätzen, inwieweit diese für einzelne Unternehmen relevant sind. Sie können auch nicht einschätzen, inwieweit die betreffenden Informationen auch künftig noch relevant sein werden – zum Beispiel, weil aktuell

  • die Preise durch die Decke gehen oder/und
  • sich die Kundenwünsche massiv ändern.

Deshalb können sie nicht darauf aufbauend etwas Neues, Zukunftsweisendes entwickeln.

Es empfiehlt sich, bei allen von KI-Systemen vorgeschlagenen Problemlösungen eine Plausibilitäts-Prüfung durchzuführen. Denn „intelligent“ sind diese Systeme nur sehr bedingt; sie sind aber extrem leistungsfähig, sofern sie von Menschen klug programmiert und gut trainiert wurden.

Gefahr: Lösungsvorschläge werden unreflektiert übernommen

Gerade weil die KI-Programme so leistungsfähig und bei Aufgaben, die das Verarbeiten vieler Daten erfordern, uns Menschen so haushoch überlegen sind, ruht meines Erachtens eine große Gefahr in einer sehr intensiven KI-Nutzung – nicht nur im Marketing- und Vertriebsbereich, sondern bei allen Prozessen, die letztlich auch Entscheidungen erfordern, schlagen wir diesen oder jenen Weg ein.

Da die KI-Systeme im Handumdrehen zielführend erscheinende Lösungsvorschläge präsentieren, findet eine echte Prüfung von diesen im Betriebsalltag häufig nicht mehr statt – sei es aus Bequemlichkeit oder aufgrund einer Arbeitsüberlastung.

Im B2B-Vertrieb gehen wichtige Skills verloren

Die für den Vertrieb verantwortlichen Mitarbeitenden und Führungskräfte nehmen oft gewisse Aufgaben, die zu ihrer Funktion gehören, nur noch bedingt wahr, wie etwa

  • das Be-denken gewisser Wechselwirkungen und Sachzwänge bei der Lösungsfindung,
  • das Durch-denken der Lösungsideen bezüglich ihrer Machbarkeit in einem bestimmten Unternehmensumfeld,
  • das Quer-denken, um mögliche alternative Problemlösungen zu entdecken.

Das kann mit der Zeit dazu führen, dass bei ihnen gewisse intellektuelle Fähigkeiten nicht mehr (weiter-)entwickelt werden, die sie für eine professionelle Marktbearbeitung und ein gezieltes Führen der Kundschaft zur gewünschten Kaufentscheidung brauchen.

Dass bei einer intensiven Nutzung digitaler Tools, die zweifelsohne wertvolle Hilfsmittel sind, oft auch Skills verloren gehen, beobachte ich bei meinen Coachings immer wieder. So zum Beispiel, wenn ich mit jungen Vertriebsmitarbeitenden zur Kundschaft fahre. Funktioniert dann das Navi nicht oder wurden Daten nicht korrekt eingegeben, fehlt ihnen heute nicht selten jegliche Orientierung, wie komme ich ans Ziel.

Intellektuelle Abhängigkeit von den KI-Systemen vermeiden

Ebenso stelle ich in Verkaufstrainings immer wieder fest: Viele jüngere Vertriebsmitarbeitende sind im Kopfrechnen nicht mehr fit, weil sie im Alltag Rechenaufgaben stets mit einem Taschenrechner lösen. Dabei ist diese Kompetenz zum Beispiel in Preisverhandlungen oft wichtig, beispielsweise um gedanklich zu überschlagen, welche Auswirkungen ein potenzieller Preisnachlass auf die Gewinnmarge hat.

Dass ein ähnlicher Verlust von Fähigkeiten auch mit einer intensiven Nutzung von KI-Programmen wie ChatGPT einhergehen könnte, darüber sollten Unternehmen zumindest nachdenken, um zu verhindern, dass ihre Marketing- und Vertriebsmitarbeitenden

  • von der künstlichen Intelligenz intellektuell abhängig werden und
  • die Kompetenz verlieren zu checken, ob deren Lösungsvorschläge überhaupt zielführend sind.

KI-Systeme im B2B-Vertrieb selektiv und gezielt nutzen

Die vorangegangenen Ausführungen sollen kein Votum gegen eine Nutzung von ChatCPT & Co im Marketing- und Vertriebsprozess sein. Im Gegenteil! Auch wir von PETER SCHREIBER & PARTNER checken seit Jahren, wie man das Internet und Social Media für den Vertriebserfolg nutzen kann. Seit Anfang des Jahres tun wir dies auch bezüglich der Möglichkeiten, die KI-Systeme zum Optimieren des Salesfunnel im B2B-Vertrieb bieten.

Dabei schält sich folgende Faustregel heraus: Im Bereich Werbung bzw. wenn es primär darum geht,

  • die „Attention“ bzw. Aufmerksamkeit der Zielkundschaft zu wecken und
  • generell für die gewünschte Bekanntheit eines Unternehmens oder Produkts zu sorgen,

erweisen sich solche Tools wie ChatGPT als sehr hilfreich. Je weiter der Verkaufs- bzw. Vertriebsprozess bezogen auf die Kundschaft jedoch fortgeschritten ist, umso stärker ist der Mitarbeitende mit seiner Erfahrung, Marktkenntnis und emotionalen Intelligenz gefragt.

Konkret heißt dies: Der Faktor Mensch verliert bei einer verstärkten KI-Nutzung im Vertrieb nicht an Bedeutung, solange wir diese Tools gezielt nutzen und uns nicht selbst zu deren Handlangern degradieren.

Gast-Autor

Peter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER in Ilsfeld bei Heilbronn (www.schreiber-training.de). Er ist u.a. Referent an der IHK-Akademie München in Westerham und bei WEKA Industriemedien in Wien sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim.

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