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Die Joker der HR-Zukunft | Wie Generalisten den Wandel mitgestalten

30Okt2024
5 min
Joker

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Generalistinnen und „Joker“ sind Schlüsselkräfte für den Erfolg moderner Unternehmen. Mit Kreativität und Flexibilität verbinden sie Altes mit Neuem, hinterfragen Bestehendes und treiben Innovationen voran. Sie schaffen Verbindungen und helfen Unternehmen, zukunftsfähig zu bleiben.

Generalisten und übermorgengestaltende „Joker“

Mit dem Voranschreiten des Fortschritts und dem Aufstieg junger Unternehmen entstehen gänzlich neue Geschäftsmodelle, neue Organisationsdesigns und neue Formen der Arbeit. Auch eine neue Mitarbeitertypologie ist dabei gefragt.

Fundiert agierende Generalistinnen und zukunftsaffine Übermorgengestaltende finden wir auf allen Ebenen im Unternehmen. Fantasievoll vernetzen sie die virtuelle mit der realen Welt auf eine unverbrauchte, mutige, bahnbrechende Weise. Sie heilen die Schäden, die durch Wachstumswahn und Profitgier verursacht worden sind. Sie ergründen ganz und gar neue Mittel und Wege, um ein zukunftsverträgliches Handeln zu etablieren.

Sie sind die wichtigsten Menschen in den Unternehmen, die die Zukunft erreichen wollen. Einer ihrer Vertreter sticht dabei besonders heraus. „Jedes Team braucht eine oder einen, die/der das Kapperl verkehrt herum aufhat“, sagt Helmut Traxler, Vorstand der internationalen Transportorganisation LKW Walter aus Wiener Neudorf. Bei Netflix spricht man von der „Suche nach der abweichenden Meinung“. Bei IBM heißen sie „Wild Ducks“. Ich nenne sie Joker.

Weshalb wir zunehmend „Joker“ brauchen

Die Funktion eines „Jokers“ ähnelt der eines Hofnarren in den Herrscherhäusern früherer Zeiten. Er besaß Narrenfreiheit. Das erlaubte es ihm, mit buntem Auftreten bestehende Verhältnisse ungestraft aufs Korn zu nehmen. Dort, wo es vor Ja-Sagenden, Einschleimern und Intrigantinnen nur so wimmelte, nutzten kluge Herrschende den Hofnarren als Beobachter und Klartextredner, als Reflexionsfläche und Sparringpartner, als weisen Beistand und wirksamen Zukunftsberater. Manche Kartenspiele erinnern noch heute an ihn.

Darin gibt es Joker-Karten mit der Abbildung eines Hofnarren. Joker sind vielseitig einsetzbar und erhöhen, clever genutzt, die Gewinnchancen sehr. Sind solche Joker im Unternehmen aktiv, hinterfragen sie das Bestehende beharrlich und konsequent. Totschweigen geht für sie gar nicht. So bewahren sie C-Level-Leute vor dem Phänomen der Management Isolation und den Echokammern im obersten Stock. Mit Adlerblick und Hartnäckigkeit sorgen Joker für notwendigen Wandel und innovatives Anderssein.

Wie sich „Joker“ wirksam einsetzen lassen

Mit ihrem queren Denken und Tun können sie all die unterstützen, die eher geradlinig handeln und Etabliertes favorisieren. Im Unternehmen braucht es mehr Pepp, einen Blickwinkelwechsel, eine dritte, ganz besondere Meinung, mehr „Salz in der Suppe“, ein „Sahnehäubchen auf der Torte“, mehr „Ahs und Ohs“? Dann fordern Sie den hausinternen „Joker“ an! Viele im Unternehmen, auch in den Bereichen Personal, Recruiting, Aus- und Weiterbildung, Organisationsentwicklung, Marketing und Vertrieb, können ihn als Game Change sehr gut gebrauchen, damit ihr Vorgehen außergewöhnlicher wird.

Veränderungsängstliche Kontinuitätsprotagonisten hingegen kann sich kein einziges Unternehmen noch länger leisten. Denn das, was im Markt bereits üblich ist, sorgt für Isomorphie: Alles gleicht sich immer mehr an. Das macht einen Anbietenden nicht nur unattraktiv, sondern auch die Preise kaputt. Beides zusammen beschleunigt ein baldiges Aus. Will man sich aus diesem Teufelskreis lösen, braucht es ständig neue, gute Ideen – von Menschen, die außergewöhnliche Dinge denken und tun.

„New Work“ braucht auch „New Skills“

Selbst das beste Tiefenwissen wird wertlos, wenn neue Technologien die alten komplett ersetzen oder menschliche Expertisen durch digitalisierte Verfahren ausgetauscht werden. In unseren Hochgeschwindigkeitswildwasserzeiten, in denen sich die Dinge von jetzt auf gleich komplett verändern können, werden immer mehr Mitarbeitende gebraucht, die sich in der Breite der Unternehmenslandschaft einsetzen lassen.

Multiperspektivisches Denken und Handeln ist eine Schlüsselressource der Zukunft. Generalistinnen und ihre kombinatorische Intelligenz sind dafür geradezu prädestiniert. Sie können Verbindungen schaffen, Separiertes zusammenführen, Bestehendes neu organisieren und divergierende Interessenlagen synchronisieren. Ihnen gelingt es gut, verschiedene Rollen einzunehmen, gerade auch dann, wenn bei hoher Dynamik Randthemen oder neueste Technologien plötzlich zum Mainstream werden.

Generalisten sind brillante Konnektoren

Generalistinnen sind selbstinnovativ und selbstdisruptiv, das heißt, sie erfinden sich ständig neu. Als flexible Interdisziplinäre, das Große-Ganze-Erkennende und Horizontal-durch-das Unternehmen-Agierende spielen sie eine entscheidende Rolle. Wir brauchen sie zum Beispiel als Koordinatoren, die das Zusammenwirken von künstlicher und menschlicher Intelligenz organisieren und Mensch-Maschine-Interaktionen geschmeidig machen.

Junge Digitalexpertise und gutes altes Erfahrungswissen müssen zusammenkoppelt werden. Die verschiedenen internen Projekte brauchen verbindende Elemente. Partnerschaften zwischen Alt- und Jungunternehmen müssen sich sinnvoll miteinander verknüpfen. Wer sich in verschiedenen Disziplinen auskennt und diese mit Mehrwert zusammenbringt, erhöht die Erfolgschancen seines Unternehmens beträchtlich – und steigert zugleich die eigene Employability, seinen Wert am Arbeitsmarkt.

Generalistinnen agieren im Weitwinkel-Modus

Generalisten favorisieren den Weitwinkel-Modus. Über ihre eigentliche Expertise hinaus haben sie vielfältige weitere Interessen, so dass sie ganzheitlicher handeln und multipel einsetzbar sind. Sie haben Kompetenzen in mehreren Arbeitsfeldern und sind so in der Lage, zu erkennen, wie die Dinge zusammenhängen. Dort, wo eine Expertin nur Ausschnitte sieht, nur „ihren“ Weg kennt und folglich auch nur diesen Weg geht, bringen Generalisten das Beste aus mehreren Bereichen zusammen. Sie formen aus den Puzzlestücken der Spezialistinnen ein „Big Picture“, das Zukunftsbild des Unternehmens.

Generalisten sind Multitalente. Sie tragen kognitive Diversität, also Vielfalt und Reichhaltigkeit quasi in sich. Sie funktionieren mit der Rundumsicht eines Radars und erkennen die Bandbreite eines Problems im Gesamtgefüge. Expertinnen denken sich tief in ein Thema rein. Generalisten involvieren mehrere Sachgebiete. Mit beidem zusammen kann es gelingen, die besten Ideen von innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu kombinieren. Das ermöglicht Innovationssprünge in ganz neue Dimensionen.

Vernetzung erfordert mehr Generalistinnen

Menschen mit weitgespannten Interessen, einem breitgefächerten Wissenshorizont und ausgeprägter Kombinatorik treffen unter Unsicherheit bessere Entscheidungen, weil sie mehr Optionen ersinnen können und ein größeres Handlungsrepertoire haben. Das wird immer wichtiger werden, denn der umfassende Shift vom Analogen zum Digitalen, vom Klimafeindlichen zum Klimafreundlichen, von fossilen zu erneuerbaren Energien erfordert ständig neue Kompetenzen und maximale Lernfähigkeit. Bei breitem Wissen und Können gelingen entsprechende Umschulungsmaßnahmen auch leichter.

Spezialisten hingegen haben oft Mühe, plötzlich etwas völlig anderes machen zu müssen. Als Monotalente sehen sie wie durch eine Lupe nur die Aspekte, die ihre Expertise umfassen, das allerdings in großer Tiefe. Natürlich ist das wichtig. Doch isolierte Einzelaktionen können in vernetzten Umgebungen großen Schaden anrichten. Denn Unternehmen sind vernetzte Ökosysteme. Zieht man an einer Stelle, bewegt sich das gesamte Netz. Welche Fehlentwicklungen und Folgeschäden punktuelle Eingriffe in biologische Ökosysteme auslösen können, ist seit Langem bekannt.

Die Joker der Zukunft | Wie Generalisten den Wandel mitgestalten

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