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Selbstwirksamkeit | Ihre Superkraft in der VUCA-Welt

23Jul2025
5 min
Selbstwirksamkeit

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

In unserer schnelllebigen, digitalen Welt begegnen wir ständig Veränderungen – doch ob wir ihnen mit Zuversicht oder Unsicherheit entgegentreten, hat oft weniger mit unseren tatsächlichen Fähigkeiten zu tun, als wir denken.

Gast-Autor: Hans-Peter Machwürth

 

Immer wieder registriert man, dass Personen, die eigentlich für das Lösen bestimmter Aufgaben prädestiniert wären, bei deren Anblick der Mut verlässt. Andere hingegen, von denen man denkt „Der (oder die) muss noch viel lernen“, gehen beherzt ans Werk.

Das zeigt: Wie wir auf neue Herausforderungen reagieren, hängt weitgehend von unserer subjektiven Gewissheit ab „Irgendwie kann ich die Aufgabe schon lösen. Auch wenn ich noch nicht weiß wie.“

Fehlende Zuversicht „Ich schaffe das schon“

Diese positive Grundüberzeugung „Irgendwie schaffe ich es schon“ ist bei Menschen verschieden stark ausgeprägt. Genauso unterschiedlich verarbeiten sie auch Rückschläge. Eine selbstwirksame Person – die in ihre Kompetenz, auch neue Aufgaben zu lösen, vertraut – denkt nach einem Fehlversuch zum Beispiel: „Dass es nicht klappte, liegt daran, dass ich damit noch wenig Erfahrung habe. Also wage ich einen zweiten Versuch und wende dabei das durch den Misserfolg erworbene Wissen an.“ Sie reflektiert ihr Tun. Der Fehlversuch ist für sie kein Anlass, grundsätzlich an sich und ihrer Kompetenz zu zweifeln.

Anders reagiert eine wenig selbstwirksame Person. Sie denkt nach einem Fehlversuch zum Beispiel: „Ich habe doch gleich gewusst, dass ich das nicht kann, und daran wird sich nichts ändern.“ Sie startet keinen weiteren Versuch. Oder sie startet ihn widerwillig – zum Beispiel, weil ihre Führungskraft sie dazu „verdonnert“ hat. Dementsprechend groß ist die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Scheiterns. Und dieses Scheitern wirkt sich wiederum negativ auf die Erwartung aus, mit der die Person künftig ähnliche Herausforderungen angeht.

Eine Erfolgsvoraussetzung: beruflich und privat

Durch gesellschaftliche Umbrüche oder technologische Fortschritte bzw. Veränderungen wie dem aktuellen Siegeszug der KI werden wir immer häufiger mit neuen Herausforderungen konfrontiert – beruflich und privat. Es wird zu einer Schlüsselkompetenz, mit ihnen adäquat umzugehen.

Das haben Personalverantwortliche erkannt und debattierten in den vergangenen Jahren unter der Überschrift „Employability“ intensiv über dieses Thema und kamen zur Erkenntnis: Künftig müssen Mitarbeitende verstärkt über folgende Eigenschaften verfügen:

  • Fähigkeit zur Selbstreflexion,
  • Offenheit für neue Ideen und Problemlösungen,
  • Fähigkeit zum Umgang mit ungewohnten Situationen und Konstellationen,
  • Lernfähigkeit und -bereitschaft sowie
  • Fähigkeit zum Erkennen und Bereitschaft zum Nutzen von Chancen.

Unternehmen wünschen sich, dass ihre Mitarbeitenden und Teams mit Selbstvertrauen neue Herausforderungen angehen und erfolgreich bewältigen. Zudem sollen sie aus eigener Initiative die notwendigen Fähigkeiten erwerben, um ihre aktuelle oder zukünftige Rolle in der Organisation optimal auszufüllen. Kurz gesagt: Mitarbeitende und Teams sollen ihre Selbstwirksamkeit stärken.

Woraus sich unsere Selbstwirksamkeit speist

Wie kann eine Person ihre Selbstwirksamkeit erhöhen? Sie speist sich, den Untersuchungen des kanadischen Lerntheoretikers Albert Bandura zufolge, vor allem aus folgenden Quellen:

Eigene Erfahrungen im Meistern von schwierigen Situationen

Sie sind für den Ausbau der Selbstwirksamkeit sehr wichtig. Denn wer schon wiederholt die Erfahrung gesammelt hat, schwierige Aufgaben lösen zu können, traut sich das auch künftig zu. Von besonderer Bedeutung sind dabei sogenannte „mastery experiences“. Sie entstehen, wenn eine Person eine Situation oder Aufgabe meistert, von der sie zunächst nicht wusste: Wie soll und kann ich sie lösen?

Lernen an Modellen und von Vorbildern

Beobachtet eine Person eine andere beim Lösen einer schwierigen Aufgabe, dann kann das ebenfalls ihr Selbstvertrauen stärken – getreu der Maxime: „Wenn der oder die das kann, dann kann ich das auch!“ Eine Voraussetzung dafür ist: Zwischen den beiden Personen besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Sie müssen zum Beispiel eine ähnliche Biografie oder Persönlichkeitsstruktur haben.

Soziale und emotionale Unterstützung

Auch durch ermutigenden Zuspruch gewinnen Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten – jedoch nur, wenn sie der Person, die sie anspornt, die erforderliche Kompetenz zum Beurteilen ihres Könnens zuschreiben. Ebenfalls positiv auf die Selbstwirksamkeit wirkt sich das Wissen aus: „Wenn es eng wird, kann ich auf Unterstützende zurückgreifen“ – fachliche oder emotionale.

Physiologische sowie emotionale Zustände und Reaktionen

Menschen schließen aus ihren Emotionen und körperlichen Reaktionen auf ihre Fähigkeiten. Verspüren sie zum Beispiel Herzrasen, wenn sie vor einer Aufgabe stehen, denken sie meist unmittelbar „Ich kann das nicht“ – häufig noch bevor sie die Machbarkeit geprüft haben. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen der eigenen Emotionen und physiologischen Reaktionen analysieren zu können. Ist die Reaktion der Aufgabe angemessen oder handelt es sich nur um eine erste „Schreckreaktion“?

Die Selbstwirksamkeit mit System erhöhen

Die Kenntnis dieser Quellen ermöglicht es uns, für uns Lernumgebungen zu kreieren, die unsere Selbstwirksamkeit fördern. Wichtig dabei ist, sich regelmäßig Herausforderungen zu stellen, bei denen man zunächst vermutet „Diese Aufgabe könnte mich (bzw. uns) überfordern“. Denn an solchen Aufgaben wachsen wir.

Beim Versuch schwierige Aufgaben zu lösen, ist es sinnvoll, diese als Projekt zu sehen und zunächst zu analysieren:

  • Welche Teilaufgaben sind damit verbunden?

In einem zweiten Schritt können wir dann ermitteln, ob uns die Gesamtaufgabe oder nur gewisse Teilaufgaben erschauern lassen. Ist das klar, können wir untersuchen, warum wir zurückschrecken. Zum Beispiel:

  • weil uns Ressourcen und Kenntnisse fehlen? Oder
  • weil wir damit noch keine Erfahrung haben? Oder
  • weil beim Lösen der Aufgabe Konflikte mit Team-Mitgliedern absehbar sind?

Haben wir das ermittelt, können wir einen vorläufigen Aktionsplan erstellen und aus den Teilaufgaben Teilziele ableiten, die es auf dem Weg zum großen Ziel zu erreichen gilt. Und wir können die nötige Unterstützung organisieren.

Wichtig ist ein weiterer Punkt, der oft vergessen wird: Da das Bewältigen der Herausforderung auch dem Steigern unserer Selbstwirksamkeit dient, sollten wir als Einzelperson oder Team Lernfelder definieren, in denen wir unsere Kompetenz erweitern möchten. Außerdem sollten wir Kriterien definieren, wie wir das Erreichen der Lernziele messen.

Sich in eine Lernspirale begeben

Die in dem Projekt definierten Teil- und Lernziele haben eine unterschiedliche Funktion. Das Definieren von Teilaufgaben und -zielen soll uns primär helfen, einen realistischen Aktionsplan zu erstellen, so dass wir nach dem Projekt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sagen können: „Wow, das war zwar anstrengend. Doch ich habe (bzw. wir haben) es geschafft.“

Und wenn wir das Projektziel wider alle Erwartungen doch nicht oder nur teilweise erreichen? Dann ermöglicht uns das Definieren von Teilaufgaben im Rückblick zu analysieren: Welche Teilaufgaben habe ich (bzw. haben wir) mit Bravour gelöst und wo traten Schwierigkeiten auf?

Wir können also unser „Scheitern“ relativieren und rationalisieren, was wichtig für unser Selbstvertrauen ist. Außerdem können wir dann neue Lernfelder und -ziele für uns definieren.

Das Definieren von Lernzielen hat die Funktion, dass wir bei Projektende ermitteln können, welche neuen Kompetenzen wir – als Individuum oder Team – hinzu gewonnen haben und welche vergleichbaren Aufgaben wir deshalb künftig problemlos meistern können. So können wir unseren noch bestehenden Entwicklungsbedarf ermitteln.

Wenn wir beim Bewältigen von herausfordernden Aufgaben so vorgehen, begeben wir uns in eine Lernspirale, die einen systematischen Ausbau unserer Kompetenz als Person oder Team bewirkt. Wir steigern unser Vertrauen in unsere Fähigkeit, neue Herausforderungen zu meistern und entwickeln so unsere Selbstwirksamkeit.

Selbstwirksamkeit | Ihre Superkraft in der VUKA-Welt

Gast-Autor

Hans-Peter Machwürth ist Geschäftsführer des international agierenden Trainings- und Beratungsunternehmens Machwürth Team International (MTI Consultancy), www.mticonsultancy.com

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