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Methodischer Aufbau einer Lehrlingsakademie

08Jul2016
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

# Lehrlingsakademie: Der Einstieg ins Berufsleben ist für viele junge Menschen mit Herauforderungen und Sorgen verbunden. Lehrlinge sind zu Beginn ihrer Ausbildung gerade einmal zwischen 15 und 17 Jahre alt. Das Bedürfnis in der Arbeitswelt als vollwertige Arbeitskraft gesehen zu werden ist in diesem Alter bei den Lehrlingen sehr stark.

In ihrer Welt geben sie in dieser Lebensphase die bestmögliche Leistung in ihrem Unternehmen. Die Balance als Unternehmen dabei zu finden, die Lehrlinge bestmöglich zu fordern und zu fördern ist für die Arbeitskollegen immer wieder erneut eine challenge. Zuviel Verantwortung ist nicht gut, zu viel Abverlangen der Selbstständigkeit hat rasch den Effekt der Demotivation, nur Routinearbeit und Hilfstätigkeiten bringen Langeweile.

Die Unternehmen haben mittlerweile zunehmend erkannt, dass die jungen Auszubildenden wertvolle, langfristige Mitarbeiter und Fachkräfte werden, die mit dem richtigen Schliff einen erfolgreichen Karriereweg innerhalb des Unternehmens absolvieren können.

Lehrlingsakademie als 3. Säule

Wir bieten Lehrlingsakademien mittlerweile seit über 15 Jahren an und stellen dabei fest, dass diese zusätzliche persönlichkeitsbildende Ausbildung für die Lehrlinge als wichtige dritte Säule neben ihrer allgemeinen und fachlichen Ausbildung darstellt. Die wenigsten Teenager können sich in den ersten Erwerbsjahren persönlichkeitsbildende Seminare leisten. Die Lehrlinge sehen die Seminarreihen einer Lehrlingsakademie als willkommene Abwechslung zum Arbeitsalltag und als Wertschätzung gegenüber den jungen Auszubildenden.

Die große Frage, die wir als Personalentwicklungsinstitut sehr detailliert mit den Personalverantwortlichen und Lehrlingsausbildnern ausarbeiten, ist daher: Wie baue ich eine Lehrlingsakademie auf, damit sie für die Jugendlichen möglichst attraktiv und sinnvoll erscheint und die Inhalte erfolgreich umgesetzt werden?

Aufbau & Inhalt einer Lehrlingsakademie

Wir bauen Lehrlingsakademien modulartig auf. Mit zwei Seminarthemen pro Lehrjahr, bekommen die Jugendlichen eine tolle Zusatzausbildung. Die Lehrlingsakademie wird mit unseren Auftraggeberfirmen mit einer schön zelebrierten Diplomverleihung gekrönt, um den Lehrlingen noch mal die Wertschätzung und Bedeutung dieser wertvollen Zusatzausbildung aufzuzeigen. Die Lehrlinge sind dabei unglaublich stolz und freuen sich ihren Lebenslauf, um ein wichtiges Detail zu erweitern.

Die Themen sind abhängig vom Lehrberuf. Bei Handwerksberufen ist es manchmal notwendig im Bereich Lerntechnik stärker in die Tiefe zu gehen. Fixe Bestandteile sind Kommunikation, Rhetorik, Körpersprache und Umgangsformen. Die Trainer müssen sensibel aber bestimmt den Jugendlichen klarmachen, dass zum Erwachsenenwerden auch eine klare, verständliche Sprache und Haltung gehört. Wenn die Teenager ernst genommen werden wollen, dann müssen sie ihre Sprüche wie „Oida, tschü the base…“ ablegen.

Sehr gute Erfahrungen haben wir mit mehrtägigen Seminaren gemacht, in denen wir mit den Jugendlichen mindestens eine Nacht extern verbringen. Das Seminarhotel darf nicht zu fein und abgehoben sein. Die Lehrlinge fühlen sich in 4 und 5 Sternehotels deplatziert und haben dabei Hemmungen sich frei zu bewegen. Wir Trainer haben dabei auch die Rolle als Anstandswauwau. Striktes Alkoholverbot und Nachtruhe ab 23.00 Uhr müssen leider kontrolliert werden wie auf einem Schulskikurs.

Um die Welt der Jugendlichen zu verstehen beschäftigen wir Trainer im Vorfeld verstärkt mit den Themen der Jugendlichen, die sie bewegen, um sie auch in unserer Sprache einzubauen: Welche Musik ist gerade hip? Welche sozialen Medien werden verwendet? Welche Festivals finden gerade statt? Dadurch finden wir schneller einen Zugang zu den jungen Menschen und können noch intensiver mit ihnen arbeiten. Um die Aufgaben der Lehrlingsausbildner zu verstehen, absolvieren einige unsere Trainer die Lehrlingsausbildnerprüfung. So können wir uns ein rundes Gesamtbild der Lehrziele eines Ausbildners machen.

Methode

Bei der Seminarkonzeptionierung müssen die Sozialformen stark wechseln. Einzelarbeiten sind wenig gefragt. Gruppenarbeiten, Planspiele, Partnerarbeiten fördern den Austausch und den Teamgeist. Am stärksten profitieren die Lehrlinge wenn wir sie die Lerninhalte entdecken und erarbeiten lassen (Aktionsform der Methodik). Die Visualisierung muss abwechslungsreich und für junge Menschen ansprechend sein. Das Setting wird im Vergleich zu Führungskräftetrainings sehr oft gewechselt. Die Teenager haben ein kurze Aufmerksamkeitsdauer bei Know How Inputen. Bei Übungen und Spielen blühen sie auf und legen sich richtig ins Zeug.

Klare Ziele von den Lehrlingsverantwortlichen sind meist die Selbstmotivation und das Engagement der Lehrlinge zu forcieren. Die Persönlichkeit in diesem Alter ist wie ein Gummiball und muss gemeinsam mit Lehrlingsausbildner, Eltern und Trainer entwickelt und gefestigt werden.

Mit Seminarthemen wie Lerntechnik und Lerntraining möchte man natürlich die Leistungen in der Berufsschule klar verbessern. Wenn dabei Anreize geschaffen werden wie zB bei einem Notendurchschnitt XY bekommt man einen Bonus von EUR 300,-, schmeißen sich die Teenager richtig ins Zeug.

Als Trainer und Begleiter einer Lehrlingsakademie bedarf es einer besonderen Sensibilität, mit Lehrlingen über ihr Ängste und Wünsche zu sprechen. Wichtig ist dabei, ihnen Mut zu machen und die Lehrlinge für selbstverantwortliches Handeln zu motivieren.

Lehrlingsausbildner

Begleitend dazu sollen auch die Lehrlingsausbildner im Rahmen eines Seminars einen Einblick in die Ausbildung der Lehrlinge erhalten. Dadurch sollen einerseits die Ausbildner bestmöglich in die Zusatzausbildung der Lehrlinge eingebunden werden, andererseits diese bei der Umsetzung der gelernten Inhalte optimal unterstützen. Sinnvoll wäre es, wenn die Lehrlingsausbildner ein Mal pro Jahr einen Seminartag investieren, in dem sie sich mit einem Rückblick und Ausschnitten der stattgefunden Lehrlingsseminaren auseinandersetzen und mit den Trainern einen Informationsaustausch über die Umsetzung der Seminarinhalte durchführen. Nicht fehlen darf eine intensive Auseinandersetzung mit den Rückmeldungen und Verbesserungsvorschlägen der Lehrlinge. In diesem Lebensabschnitt der Jugendlichen ist das Hierarchiedenken sehr präsent.

Die Lehrlinge trauen sich ihren Ausbildnern nicht immer ehrliches Feedback zu geben. Die Folge sind Missverständnisse und Unwohlfühlen der Lehrlinge. Dadurch verlieren Unternehmen manchmal gute Lehrlinge als spätere Mitarbeiter. Als Trainer sind wir als neutrale Person dazwischen geschalten. Haben die Lehrlinge Vertrauen zu uns, werden sehr viele Informationen und Rückmeldungen an uns herangetragen, die wir mit den zuständigen Personen professionell aufarbeiten, um das Lehrlingsausbildungsprogramm firmenintern zu verbessern.

Fazit

Lehrlingsakademien sind für uns Trainer jedes Mal eine richtige Herausforderung. Wir haben den Anspruch, dass wir einen wertvollen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen leisten und ein hilfreiches Bindeglied zwischen Lehrlingen und Unternehmen sind. Man darf sich als Trainer von der anfänglichen Skepsis der jungen Menschen nicht irritieren lassen. Hat man erstmals ihr Vertrauen gewonnen, sind sie sehr dankbar, jemanden zum Reden zu haben, der ihnen Tipps fürs Leben gibt.


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