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Die erschöpfte Arbeitswelt – eine Frage der Leistungspolitik der Unternehmen?!

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Über die Spirale Richtung Burn-out und die positiven Maßnahmen Richtung Work-Life-Balance. Darüber, weshalb Maßnahmen nicht immer wirken und der Arbeits- & Erfolgs-Druck dennoch tonangebend sind. Aus arbeitspsychologischer Sicht sind hohe Anforderungen an sich noch nicht problematisch. Wenn sie konsistent und widerspruchsfrei sind.

Die psychische Überlastung in der heutigen Arbeitswelt hat mit dem Begriff Burn-out einen Namen bekommen. Die Arbeitsausfälle aufgrund von psychischen Erkrankungen steigen stetig. In Studien in Deutschland geben 65% der Befragten an, zu viel Arbeit zu haben. Dies führt einerseits zu einer höheren Arbeitsintensität, das bedeutet auch immer mehr Dinge gleichzeitig erledigen zu müssen und andererseits zu einem erhöhten Termin- und Leistungsdruck. Mit dieser höheren Arbeitsbelastung geht auch die Schwierigkeit einher, Beruf- und Privatleben zu vereinbaren. Viele Beschäftigte vernachlässigen private Aktivitäten aufgrund der beruflichen Verpflichtungen – die Spirale in Richtung Burn-out dreht sich somit weiter.

Vor allem größere Unternehmen haben in den letzten Jahren Maßnahmen rund um das Thema Work-Life Balance gesetzt. Dies reicht von Betriebskindergärten bis hin zu flexiblen Arbeitszeiten oder der Möglichkeit den Arbeitsort flexibel zu wählen. Vielfach wurden auch Hierarchien abgeflacht und die Eigenverantwortlichkeit gesteigert. Aber auch Seminare zum Zeitmanagement oder Entspannungstrainings werden geboten. Angesichts dieser Angebote erscheint es umso widersprüchlicher, warum nach wie vor die Gesundheit und private Bedürfnisse leiden. Betrachtet man die Maßnahmen jedoch etwas genauer, wird klarer warum sie nicht wirken. Zum einen beschränken sie sich häufig auf bestimmte Arbeiternehmergruppen oder erweisen sich gar nur als Marketing-Maßnahme.

Zum anderen ist die Wirksamkeit der Maßnahmen zu hinterfragen. Wie oben beschrieben ist vor allem die Überlastung der Beschäftigten im Sinne der Arbeitsintensität und des Termin- und Leistungsdrucks ein großes Thema. Die ergriffenen Maßnahmen setzen aber nicht bei einer Reduktion der Belastung an, sondern die Belastung managen zu können. Aus arbeitspsychologischer Sicht sind hohe Anforderungen an sich noch nicht problematisch. Wenn sie konsistent und widerspruchsfrei sind, ausreichend Ressourcen zur Bewältigung vorhanden sind, ohne durch z.B. Unterbrechungen und mit entsprechenden Freiräumen bearbeitet werden können und es eine entsprechende Gegenleistung gibt oder die Arbeit als sinnvoll erachtet wird, können hohe Anforderungen auch eine Quelle von Gesundheit sein. Betrachtet man diese Anforderungen genauer zeigt sich, dass in der heutigen Arbeitswelt vieles davon nicht gegeben ist.

Mehr Freiheiten – höhere Belastungen

Steigenden Anforderungen steht oft eine Reduktion der Ressourcen gegenüber, die Zielerreichung wird damit erschwert. Freiräume die gegeben werden, müssen verwendet werden um die Arbeitsbelastung überhaupt bewältigen zu können und die Ressourcen noch effizienter einzusetzen. Freiräume für Kreativität oder eine Verbesserung der Work-Life Balance bleiben damit aber nicht. Durch den zunehmenden Zeitdruck und die hohe Arbeitsintensität geraten viele Beschäftigten auch in einen inneren Widerspruch. Ihr eigener Qualitätsanspruch lässt sich mit den Vorgaben nicht mehr erreichen und führt zu einer zusätzlichen Belastung.

Auch die Bereiche in denen Freiräume geboten werden sind sehr eingeschränkt. Es kann zwar das WIE gesteuert werden, aber nicht das WAS und BIS WANN. Ergebnisvorgaben und Ressourcenausstattung werden weiterhin „von oben“ vorgegeben, der Mitbestimmungsspielraum bei diesen Aspekten ist gering. Die Gesundheit und die Balance zwischen Berufs- und Privatleben ist also zentral auch eine Frage der Arbeitsbedingungen und der Leistungsanforderungen.

Balanceorientierte Leistungspolitik als Lösung?

Um den Druck und Belastung von den Beschäftigten zu nehmen müsste die Leistungspolitik im Unternehmen direkt beim Verhältnis von Anforderungen und Ressourcen ansetzen. Als wesentliche Faktoren für eine balanceorientierte Leistungspolitik können folgende gesehen werden:

  • Beschränkung auf wenige Kernziele (Konzentration auf das Wesentliche). Hierbei ist zu beachten, dass Ergebnisziele flexibel in Hinblick auf die veränderlichen ökonomischen und kundenbezogenen Bedingungen gesetzt werden.
  • Partizipation bei der Zieldefinition, um die Ziele auf ihre „Leistbarkeit“ hin zu überprüfen.
  • Notwendige Spielräume schaffen, damit die Arbeitnehmer eigenverantwortlich auf die partizipativ ausgehandelten, ergebnisbezogenen Ziele hinarbeiten können.
  • Führungskraft als Berater und Unterstützer – nicht als „Kontrolleur“, dies bedeutet, die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Mitarbeiter ernst nehmen, die Controlling-Intensität zurückzuschrauben und die Controlling-Zeiträume zu verlängern.

Zeit, etwas zu ändern

Den Druck den Unternehmen spüren auf die Mitarbeiter abzuwälzen und dort den Druck zu erhöhen hat sich als langfristig wenig zielführend erwiesen. Es braucht neue Wege um den scheinbaren Zielkonflikt zwischen einer „gesunden“ Arbeit und den ökonomischen Erfolg der Unternehmen zu lösen. Es ist also Zeit für Experimente – denn, wenn wir weiterhin das tun, was wir schon immer getan haben, werden auch nur das bekommen, was wir bisher bekommen haben – eine erschöpfte Arbeitswelt.


Literaturempfehlung

Kratzer, N. (2012). Arbeitsbedingte Psychische Erkrankungen. Burn-out: Fehldiagnose oder Epidemie? Große Freiheit, wenig Spielraum – warum an sich gute Arbeitsbedingungen nicht mehr vor Überlastung schützen. Deutsches Ärzteblatt, 109(45), S. A 2246 – A 2248

Kratzer, N./ Menz, W. & Pangert, B (Hrsg.) (2015). Work-Life-Balance – eine Frage der Leistungspolitik. Analysen und Gestaltungsansätze. Springer. Wiesbaden

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