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Jeder von uns hat eine Psyche. Aber nicht jeder spricht offen über den eigenen Stress oder Emotionen. Wie können Personalisten und Präventionsexperten psychische Belastungen in Betrieben zum Thema machen?

 

In vielen Gesprächen höre ich Sätze wie: „Psychische Belastungen sind so individuell.“ oder „Jeder reagiert doch anders auf Stress. Viele sind belastbarer und brauchen den Stress doch sogar um motiviert zu sein!“

Mit diesem Mindset ist es schwierig, psychische Belastungen in einer Organisation zum Thema zu machen.

Führungskräfte wollen sind damit oft nicht beschäftigen, weil sie sich nicht zuständig fühlen für die Gefühle der Mitarbeiter. Sie sehen das als individuelles Problem an. „Entweder man ist dem Job gewachsen oder muss eben kündigen“, höre ich dann.

Personalabteilungen haben Angst, dass niemand versteht, worum es geht, sich keiner für Angebote Zeit nehmen will und über das Thema vielleicht sogar gelacht wird.

Psychische Belastungen: Wie groß ist das Problem überhaupt?

In der EU-weiten Befragung ESENER-3 wurde die Frage an Unternehmensvertreter gestellt: „Ist der Umgang mit psychosozialen Risiken im Vergleich zu anderen Risiken einfacher, schwieriger oder gibt es keinen großen Unterschied?“

Österreichische Betriebe, wo psychosoziale Risiken vorhanden sind, sagten gesamt zu 18%, dass es schwieriger ist, mit psychosozialen Risiken umzugehen als mit anderen Themen. Jedoch gaben 18,9% auch an, dass es sogar einfacher ist!

Es ist wohl auch so, dass es schwieriger ist, je größer das Unternehmen ist. Denn bei Betrieben mit mindestens 250 Beschäftigten sagen 39,1%, dass es schwieriger ist und nur 10,1%, dass es einfacher ist psychosoziale Risiken anzugehen.

Worüber reden wir überhaupt?

Eine kleine Begriffsdefinition macht den großen Unterschied!

„Psychische Belastungen“ klingt nach gestresst sein, Erschöpfung oder Ärger. Aber in der psychologischen Fachsprach bezeichnet dies, ganz neutral, psychologische Arbeitsbedingungen. Es geht hier um Themen wie Informationsfluss, Arbeitsmenge, Unterbrechungen oder auch Kommunikation. Dies kann unterschiedlich ausgeprägt sein.

Die individuelle Reaktion, zum Beispiel auf 10 E-Mails pro Stunde, kann sehr unterschiedlich sein: Motivation, Aufregung, Müdigkeit oder sogar Überforderung.

Dies wird dann als „Beanspruchung“ bezeichnet – also die Auswirkung einer Arbeitsbedingung.

In Gesprächen ist es sehr wichtig auf diese Unterscheidung zu achten. Dabei geht es nicht um das genaue Wording, sondern darum klar zu unterscheiden: Um welche Arbeitsbedingung handelt es sich? Wie war oder ist die individuelle Reaktion darauf? Denn je nach dem, was gerade wichtiger ist im Gespräch, können unterschiedliche Maßnahmen getroffen werden.

Wie kann / soll man psychische Belastungen zum Thema machen?

Wie können Sie jetzt psychische Arbeitsbedingungen zu einem Gesprächsthema machen in Ihrer Firma oder bei Ihren Kunden?

1) Statistiken und wissenschaftliche Zusammenhänge kommunizieren

Über objektive Auswertungen oder auch wissenschaftlich untersuchte Korrelationen zu sprechen kann oft leichter sein, als über persönliche Betroffenheit. Schauen Sie sich daher ein paar Fakten an, merken Sie sich diese bewusst und lassen Sie diese in Gesprächen oder bei passenden Präsentationen einfließen.

Beispiel: „Wussten Sie, dass fehlende Anerkennung für die eigene Arbeit die Wahrscheinlichkeit für Herzerkrankungen steigert?“

2) In persönlichen Gesprächen

Machen Sie stressige Arbeitsbedingungen, motivierende Rahmenbedingungen, aber auch persönliche Gefühle dazu zu einem normalen Gesprächsthema.

Tipp: Wenn Sie jemandem zuhören der über seinen Job spricht, versuchen Sie einmal bewusst zu unterscheiden:

Was sind die objektiven Arbeitsbedingungen (z.B. Aufgaben oder Zeitdauer)? Und was sind die individuellen Reaktionen wie Gedanken, Gefühle, Verhaltensweisen?

Wenn nur über eine der beiden Seiten gesprochen wird, fragen Sie aktiv nach: „Wie ging es dir dabei?“ bzw. „Und wodurch wurde das ausgelöst?“

3) Organisationsweite Projekte

Vor allem in größeren Betrieben bietet es sich an, formale Projekte aufzusetzen und diese schrittweise über die gesamte Firma auszurollen. Rund um das Thema „Psychische Belastungen“ gibt es verschiedenste Formen, wo dies einfließen kann: Evaluierung psychischer Belastungen, betriebliches Gesundheitsmanagement, Krankenstandsrückkehrgespräche oder betriebliche Wiedereingliederung.

Wichtig

Die Rahmenbedingungen, also die psychischen Arbeitsbelastungen, zu verändern, ist klare Aufgabe des ArbeitnehmerInnenschutzes (nach §4 AschG). Die individuellen Reaktionen, Gefühle und Gedanken zu beeinflussen ist eher Aufgabe von Coachings oder Psychotherapie. Das ist ganz klar NICHT die Aufgabe einer Organisation oder Personalabteilung!

Und was dann?

Das übergeordnete Ziel bei meinen Kundenprojekten ist die Kultur so zu verändern, so dass man offen über Stress und dessen Auswirkungen sprechen kann. Es gibt dann auch einen klaren Maßnahmenplan um negativen Stress zu vermeiden.

Aber hier haben wir noch viel vor uns:

Nur 37,9% der österreichischen Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten haben einen solchen Maßnahmenplan gegen psychische Belastungen! Je größer der Betrieb ist, desto eher existiert auch ein solcher Maßnahmenplan. Zum Beispiel bei Betrieben mit mindestens 250 Beschäftigten haben 58,3% der Organisationen einen solchen Plan!

Arbeiten wir gemeinsam daran 100% daraus zu machen!


Linktipps psychische Belastungen:

Psychische Belastungen zum Thema machen

Mag. Veronika Jakl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Veronika Jakl ist Arbeits- und Personalpsychologin. Sie begleitet mit Ihrem Team Organisationen bei Veränderungen und führt Evaluierungen psychischer Belastungen durch. Führungskräfte und HR-Mitarbeiter trainiert sie in Kommunikation und Führungsfragen. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Fachforums für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie.

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