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Mitarbeiterbefragungen finden häufigen Einsatz in Unternehmen. Und von allem, was es sehr häufig gibt, findet man sowohl überdurchschnittlich gute als auch überdurchschnittlich schlechte Beispiele. Dieser Artikel greift klassische Fragen auf, die Sie in Ihrer nächsten Mitarbeiterbefragung nochmals überdenken sollten.

Vor einiger Zeit hatte ich einen Artikel zu Fragen geschrieben, die Sie in Ihrer Mitarbeiterbefragung vermeiden sollten (⇒ HRweb-Artikel „5 Fragen, die Sie niemals in einer Mitarbeiterbefragung stellen sollten“). Heute möchte ich daran anknüpfen und Ihnen 5 weitere Fragen vorstellen, die Sie nur sehr überlegt in einer Mitarbeiterbefragung stellen sollten. Darunter wird sich auch der eine oder andere „Klassiker“ befinden. Ich meine nicht, dass Sie diese Fragen GAR NICHT stellen sollten, Sie sollten aber stark auf die Formulierung, den Verwendungs- und den Verwertungszweck der Fragen achten.

Vorsicht-Falle-Fragen in Ihrer Mitarbeiterbefragung: Gehaltsthemen

Beispiel: „Ich fühle mich ausreichend bezahlt.“

Fragen zur Zufriedenheit mit dem Gehalt sind Fragen, die die Meinungen sehr stark scheiden – ein zweischneidiges Thema. Manche Unternehmen haben diese seit Jahren und Jahrzehnten in ihrer Mitarbeiterbefragung. Andere Unternehmen meiden diese wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Es ist ein Thema der (Un) Zufriedenheit, aber selten ein Thema nachhaltigen Engagements. Aus meiner Sicht gibt es Argumente dafür uns dagegen:

  • Zunächst sollte man in einer Befragung nur Dinge aufnehmen die prinzipiell veränderbar und beeinflussbar sind. Hat ein Unternehmen hier weder Spielraum noch Interesse – warum danach fragen? Hier manövrieren sich Unternehmen oft mit dem Rücken an die Wand wenn es um die Ergebniskommunikation geht. Hier bin ich Pragmatiker.
  • Zweites ist dies eine klassische transaktionale Frage. Sie gibt – neben transformationalen Fragen die auf Sinn, Autonomie, Erfolgserlebnisse,….. abzielen – einer Mitarbeiterbefragungen automatisch wieder stärker einen transaktionalen Charakter. Ich gebe dir das, damit du mir das gibst. Das ist per se nicht gut oder schlecht, man muss sich dessen nur bewusst sein. Gehaltsfragen verändern tlw. den Charakter einer Befragung.
  • Gehaltsfragen erzeugen oft – auch durch deren Formulierung – eine Wunsch- und Erwartungshaltung. Und damit erwartbar niedrige Antworten. Vielleicht kennen Sie die Anekdote, die Rockefeller zugeschrieben wird. Auf die Frage „Wie viel Reichtum ist genug?“ soll er einst „Ein bisschen mehr.“ geantwortet haben.  In Benchmarkstudien zeigt sich deutlich, dass die „Zufriedenheit mit dem Gehalt“ die am niedrigsten beantwortete Frage von Mitarbeiterbefragungen ist.

Wenn das Thema in der Organisation abgefragt werden soll, feilen Sie daran, dass die Formulierung wirklich zu Ihnen passt. Wir empfehlen a) nicht auf das monetäre Entgelt alleine abzuzielen, sondern das Gesamtpaket an Leistungen zu betonen. b) Bevorzugen Sie Formulierungen, die nicht „ein bisschen mehr wäre gut“ fördern sondern eher realistisch erden oder ein relativierendes Element haben (bspw. adäquat im Marktvergleich).

Vorsicht-Falle-Frage: „Lob“ und andere top-down Szenarien

Beispiel: „Mein Vorgesetzter lobt mich für gute Arbeit.“

Die Frage nach „Lob“ war/ist in vielen Befragungen ein Standarditem. In neuer Diskussionen wird „Lob“ meist durch „Anerkennung“ oder „Wertschätzung“ ersetzt oder erweitert. Warum eigentlich? Dies hat zwei Gründe:

  • Lob wird meist in zwei Aspekte zerteilt: Da gibt es den einen der etwas getan hat, und der andere der die Bewertungs- und Lob-Hoheit besitzt und das Lob ausspricht. Lob wird dabei meist als ein „über jemandem anderen Stehen“ bezeichnet. „Das hast du gut gemacht!“ Es ist in den Augen vieler Autoren ein hierarchisches Element im Lob Begriff versteckt, dass sich bei eher breiterer Anerkennung oder egalitärer Wertschätzung nicht findet.
  • Ein zweiter Aspekt ist die Erweiterung derartiger Fragen: Weg vom reinen „top-down“ Szenario. Sie wissen schon, der eigene Vorgesetzte soll loben, delegieren, informieren,…… Aber Führung ist ein Mannschaftssport und man könnte sich in partizipativ-egalitäreren Unternehmenskulturen auch trauen zu fragen ob denn die Kollegen untereinander Wertschätzung oder Anerkennung von Leistung zeigen. Klassische Fragen zur top-down Führung passen daher auch nicht immer in flachere und agilere Strukturen. Durch gezieltes Aufbrechen traditioneller top-down Fragen senden Sie auch eine andere kulturelle Botschaft in Ihrer Befragung.

Vorsicht-Falle-Frage: Weiterempfehlungsbereitschaft

Beispiel: „Ich kann Produkte / Dienstleistungen unseres Unternehmens Freunden oder Bekannten empfehlen.“

Neben der Weiterempfehlungsbereitschaft als Arbeitgeber ist die Weiterempfehlung von Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens eine häufig genutzt Frage. Allerdings rege ich an zu hinterfragen ob die Frage in jedem Zusammenhang Sinn macht und echten Erklärungswert stiftet. Durchaus sinnvoll kann diese Einschätzung bei kleineren und mittleren Unternehmen sein mit einem B2C-Produkt oder eine (unternehmensbezogenen) Dienstleistung. Weniger Sinn macht die Frage bei hochkomplexen oder industriellen Produkten. Also würde ein Windkraftturbinen-Hersteller diese Frage stellen,  dann würde es wohl für Schmunzeln sorgen, da selten Windturbinen im Bekanntenkreis benötigt werden. Und in anderen Fällen, bspw. bei einem Zigaretten-Hersteller, würde die Frage wohl auch seltsam wirken – hier ginge es (wenn überhaupt) wohl um die Weiterempfehlung an Raucher. 😉

Vorsicht-Falle-Frage: Net Promoter Score (NPS)

Beispiel: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen X einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen werden?“

Der Net Promoter Score ist eigentlich keine Frage sondern eine Methode. Es handelt sich dabei um eine simple Fragestellung die aus dem Bereich der Marktforschung kommt und dort breite Anwendung findet. Dabei werden auf einer 11-stufigen Skala von 0-10 die eindeutigen Befürworter (9, 10) den eindeutigen Ablehnern (0-6) gegenüber gestellt und die „Netto-Befürworter“ durch Subtraktion gebildet. In den letzten Jahren wird diese aber auch häufig auf die Welt der Mitarbeiterbefragungen übertragen um Weiterempfehlungsbereitschaft als Arbeitgeber zu messen. Dabei gibt es einige Tücken zu berücksichtigen:

  • Es ist und bleibt ein Marktforschungskonzept. Die Anwendung im Bereich der Mitarbeiterbefragungen mag nahe liegen, es ist aber ein sehr abstrakte und wenig organisationsentwicklerische Fragestellung.
  • Die Methode selbst wird oft auch falsch angewendet. Indem entweder Skalen (statt von 0-10) von 1-10, oder auch nur von 1-6 genutzt werden oder indem die Frage anders gestellt wird. Aus einem „How likely…./wie wahrscheinlich ist es“ wird ein „Do you….“. Die 0-10er Skala (die eigentlich Wahrscheinlichkeiten von 0% bis 100% simulieren soll), wird dabei mit Füßen getreten.

Vorsicht-Falle-Frage: Die sehr sehr persönlichen Fragen

Beispiel: „Leiden Sie an einem der folgenden Symptome: Herzrasen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Sodbrennen…“
Beispiel: “ Alles in allem: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer derzeitigen Lebensqualität?“

Man findet mitunter in Befragungen sehr persönliche Fragen die bspw. im Bereich Gesundheit versuchen weit verbreitete Symptome abzufragen. Derartige „Beschwerdelisten“ gibt es standardisiert aus der Gesundheitsforschung. Das Ansinnen dahinter ist ein zutiefst positives: Im Unternehmen mögliche Symptome für Fehlbelastungen aufzuzeigen und zu intervenieren. Aus meiner Sicht sollte dies aber nur im kontrollierten Rahmen von vertiefenden und kleingliedrigen Gesundheitsprojekten passieren, nicht aber im Zuge klassischer Mitarbeiterbefragungsprojekte.

Ähnliches trifft für Fragen zu, die allgemein nach Lebenszufriedenheit und Lebensglück fragen. Natürlich sind die Antworten aus forscherischer Sicht jeweils interessant und natürlich beeinflusst auch die private Lebenswelt und deren Umstände das Erleben der Arbeitswelt. Betrachtet man die Befragung aber als Organisationsentwicklungsinstrument muten derartige Fragen zum einen höchst privat an und zum anderen ist die direkte Interventionsmöglichkeit auf Ebene der Organisation sehr überschaubar.

Fragebogenformulierung ist eine Literaturgattung

Ich habe auch den Vorläuferartikel mit der Aussage geendet: Für mich ist Fragebögen zu formulieren eine Kunst und eigene Literaturgattung. Greifen Sie auf erprobte und validierte Instrumente zurück und/oder ziehen Sie Profis hinzu, die durch Expertise und Erfahrung Sie dabei unterstützen können. Überarbeiten Sie Ihre Befragungsinstrumente in regelmäßigen Abständen und passen Sie diese an die sich laufend verändernde Unternehmenskultur, den Zeitgeist aber auch die Rahmenbedingungen an.

Mitarbeiterbefragung | 5 Fragen, die Sie überdenken sollten


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Die vieconsult GmbH ist ein auf die Durchführung von Mitarbeiterbefragungen und 360° Führungsfeedback-Befragungen spezialisiertes Institut. Die Vision unseres 15-köpfigen ExpertInnenteams ist eine Arbeitswelt, in der Menschen montagmorgens genauso gerne in die Arbeit kommen, wie sie freitagnachmittags ins Wochenende gehen. Wir glauben daran, dass ein leistungsorientiertes und produktives Umfeld, in dem Mitarbeiter motiviert sind und engagiert ihrer Arbeit nachgehen, für jedes Unternehmen ein erreichbares Ziel darstellt.

Wir glauben daran, dass Unternehmen täglich in vielen kleinen Schritten daran arbeiten können, diesem Ziel näher zu kommen. Für uns sind Mitarbeiterbefragungen ein Instrument dies wahrscheinlicher zu erreichen, ein Instrument um als Unternehmen zu wachsen, zu lernen und sich gezielt zu entwickeln. So machen wir mit unseren Befragungen die Welt zu einem besseren Arbeitsplatz: Projekt für Projekt, Fragebogen für Fragebogen, Ergebnisbericht für Ergebnisbericht.

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Mag. Gerd Beidernikl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Gerd Beidernikl ist geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult, der Vienna Corporate Research and Development GmbH und Lehrvortragender für Organisationssoziologie.

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