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Teamimpuls

„Erfahrene Semester“ | Mit Herz und Schmäh zurück ins Berufsleben

21Nov2025
5 min
Erfahrene Semester

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Bei ANKER heißt Ruhestand nicht Stillstand. Mit dem Projekt „Erfahrene Semester“ – eine gemeinsame Initiative von Ankerbrot & Vollpension – holen sie agile Pensionisten und Pensionistinnen ins Team.

Eine Win-Win-Situation: ANKER gewinnt engagierte Mitarbeitende, Seniorinnen und Senioren finden Sinn, Gemeinschaft und Freude am Mitwirken.

Interview-Partnerinnen

Alexandra Ballaun ist Leiterin Human Resources bei ANKER und verantwortet das Projekt „Erfahrene Semester“. Mit ihrer langjährigen Erfahrung im Unternehmen treibt sie strategische HR-Themen voran und legt dabei besonderen Wert auf praxisnahe Lösungen und nachhaltige Personalentwicklung.

Anna-Maria Scheitinger ist Recruiterin bei ANKER und hat die Bewerbungsgespräche mit den „Erfahrenen Semestern“ geführt. Durch ihre frühere Tätigkeit als Bezirksleiterin kennt sie den Filialalltag genau und weiß, welche Arbeitsplätze und Teams besonders gut zu den neuen Kolleginnen und Kollegen passen. Ihre Erfahrung aus dem Vertrieb und ihre Offenheit für Neues waren entscheidend für den Erfolg des Projekts.

Scheitinger_Ballaun © Katharina Schiffl

Hintergrund & Idee

„Erfahrene Semester“ ist eine Initiative, die zeigt, dass Arbeit in der Pension weit mehr ist als ein Nebenjob. Sie bedeutet Begegnung, Sinn und Lebensfreude. Über unsere eigene Plattform www.erfahrenesemester.at können sich interessierte Pensionisten direkt bei ANKER bewerben. Das Verfahren ist bewusst einfach gestaltet, immer herzlich und mit dem Ziel, Menschen zusammenzubringen, die etwas bewegen möchten.

Das Projekt wurde im Frühjahr 2025 gemeinsam mit der Vollpension ins Leben gerufen und ist mittlerweile dauerhaft in den Recruiting-Prozess integriert. Der Einsatz der Seniorinnen sorgt für große Begeisterung. Kunden schätzten ihre Ruhe und Freundlichkeit, und die Teams profitierten von ihrer Erfahrung und Gelassenheit. Diese positiven Rückmeldungen gaben den Anstoß, das Projekt gezielt auszuweiten und den generationenübergreifenden Austausch auch zu einem festen Bestandteil unserer Unternehmenskultur zu machen.

Der Ablauf ist bewusst unkompliziert gestaltet. Nach einer Online- oder telefonischen Bewerbung laden wir zu einem persönlichen Gespräch ein, um gemeinsam herauszufinden, wie die neue Aufgabe am besten zu Lebenserfahrung, Interessen und Gesundheit passt. Die Einschulung findet im neuen ANKER-Ausbildungszentrum in Wien statt und wird durch digitale Lernplattformen begleitet. Besonders schön ist, dass junge Kolleginnen bei den ersten Schritten unterstützen, wodurch gegenseitiges Lernen auf Augenhöhe entsteht – getragen von Respekt, Offenheit und einer großen Portion Humor.

Antwort auf Fachkräftemangel & Alterseinsamkeit

Die Initiative „Erfahrene Semester“ ist eine gezielte Antwort auf zwei zentrale Themen unserer Zeit: den Fachkräftemangel und die zunehmende Alterseinsamkeit. Wir schaffen flexible, sinnvolle und wohnortnahe Tätigkeiten. Die Senioren fühlen sich gebraucht und das Unternehmen profitiert von ihrer Erfahrung und Verlässlichkeit. Für viele ältere Menschen bedeutet das nicht, arbeiten zu müssen, sondern die freie Entscheidung arbeiten zu wollen: zur finanziellen Aufbesserung ihrer Pension, aber auch aus Freude an Begegnung, Sinn und Teilhabe.

Natürlich war nicht alles einfach. Manche hatten falsche Vorstellungen vom Arbeitsalltag oder waren körperlich stärker gefordert als erwartet. Entscheidend war, offen zu informieren, individuell zu planen und gemeinsam zu lernen. Der größte Erfolgsfaktor lag in der gegenseitigen Wertschätzung innerhalb der Teams, im Austausch zwischen den Generationen und im Umgang mit unseren Kundinnen.

Besonders stolz sind wir darauf, dass aus einer Idee ein Projekt mit Herz entstanden ist, das zeigt, dass sinnvolle Arbeit kein Alter kennt. „Erfahrene Semester“ steht für gelebte Human Sustainability, für ein Miteinander, das wirtschaftlich klug, gesellschaftlich wirksam und menschlich bereichernd ist.

Reflexion & Learnings aus dem Projekt

Worin lagen besondere Hindernisse?

Zu Beginn gab es vereinzelt Skepsis bei Mitarbeitenden und auch bei den Senioren selbst. Manche unterschätzten, wie anspruchsvoll und körperlich fordernd die Tätigkeit im Filial-Verkauf sein kann. Künftig würden wir uns eine enge Kooperation mit der PVA wünschen: Hilfreich wären kurze Schnuppertage, rechtlich abgesichert und mit einer einfachen und unkomplizierten Dokumentation bzw. Abrechnung, damit sich beide Seiten ein realistisches Bild machen können. So entsteht Vertrauen und die gegenseitigen Erwartungen lassen sich von Anfang an besser aufeinander abstimmen.

Was war erfolgsentscheidend? Weshalb hat es besonders gut funktioniert?

Ein wichtiger Erfolgsfaktor war der eigene Bewerbungslink für die „Erfahrenen Semester“, der einfach zugänglich war und auf große Resonanz stieß. Ebenso wichtig war der individuelle Zugang: die flexible Gestaltung von Arbeitszeiten und Aufgaben, eine offene und wertschätzende Kommunikation im Rahmen jeder einzelnen Bewerbung.

Was war zusätzlich hilfreich?

Die enge Kooperation mit der Vollpension, die viel Erfahrung und Expertise in der Beschäftigung von Seniorinnen einbringt, war äußerst wertvoll. Sehr hilfreich war auch die Aufmerksamkeit durch die vielen positiven Medienberichte parallel zu unserer eigenen Kommunikation.

Was würden Sie das nächste Mal anders machen?

Wir haben gelernt, dass beispielweise die Filialgröße ein wichtiger Einflussfaktor ist. Derzeit evaluieren wir jene Standorte, die durch passende Strukturen und Teamgrößen optimale Unterstützung für die „Erfahrenen Semester“ bieten. Dabei berücksichtigen wir auch die Erwartungen der bereits in der Filiale tätigen Mitarbeitenden. Denn entscheidend ist, dass alle Beteiligten gut vorbereitet sind und wissen, was sie erwartet. So schaffen wir Klarheit, Vertrauen und bestmögliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Miteinander.

Warum „Erfahrene Semester“ bewegt

Was machte dieses Projekt für Sie so herausragend – so erzählenswert?

Dieses Projekt ist deshalb so besonders, weil es für alle Beteiligten eine echte Win-Win-Situation schafft. Wir gewinnen Mitarbeitende, die mit einer ganz anderen Motivation bei uns beginnen, und die „Erfahrenen Semester“ finden bei uns einen sinnvollen Rahmen, um weiterhin aktiv zu bleiben. Großartig war die Begeisterung der Senioren, weil sie Freude an Begegnungen und am Austausch mit jungen Kolleginnen haben und das Gefühl genießen, gebraucht zu werden.

Was hat Sie persönlich am meisten überrascht in Ihrem Projekt?

Überrascht haben uns die vielen positiven Rückmeldungen zu diesem Projekt. Wir sind stolz auf den Mut, etwas Unkonventionelles gewagt zu haben, und auf die Senioren selbst, die zeigen, dass Engagement keine Altersfrage ist, sondern eine Haltung, von der alle Generationen und Teams in unserem Unternehmen profitieren. Vor allem aber hat uns berührt, dass unsere Initiative „Erfahrene Semester“ weit über ein Projekt hinausgewachsen ist und inzwischen zu einer richtigen Bewegung geworden ist, die zeigt, wie Arbeit im Alter Freude bereiten und Menschen gesellschaftlich verbinden kann.

Worauf sind Sie persönlich besonders stolz in Ihrem Projekt?

Alexandra Ballaun: Ich bin besonders stolz darauf, dass unser Projekt nicht nur funktioniert, sondern Menschen wirklich begeistert – innerhalb des Unternehmens ebenso wie außerhalb. Die Auszeichnung mit dem HR-Inside Award in Gold in der Kategorie Recruiting hat mich sehr gefreut, weil sie zeigt, dass sich Mut, Offenheit und gemeinsames Engagement lohnen.

Anna-Maria Scheitinger: Ich bin besonders stolz auf die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen im Unternehmen und auf den starken Zusammenhalt, der weit über dieses Projekt hinaus spürbar ist. Besonders freue ich mich über die Offenheit, Neues zu wagen, und darüber, dass wir mit „Erfahrene Semester“ einen langfristigen Mehrwert für die Gesellschaft und für das Miteinander der Generationen schaffen konnten.

„Erfahrene Semester“ | Mit Herz und Schmäh zurück ins Berufsleben

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