Das frische Magazin
für Human Resources
Teamimpuls

Konflikte löst man mit Verstehen, nicht mit Recht haben

15Dez2025
3 min
Konflikt

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

„Willst du recht haben oder glücklich sein?“ Dieses Zitat von Marshall Rosenberg bringt auf den Punkt, warum viele Konflikte unnötig eskalieren: das Bedürfnis, Recht zu haben.

In meiner Arbeit als Konfliktberater erlebe ich immer wieder, dass Menschen reflexhaft reagieren – verletzt, wütend oder enttäuscht – bevor sie wirklich verstehen, was passiert. Wer jedoch die Bedürfnisse beider Seiten erkennt, kann Konflikte lösen, statt sie zu verschärfen.

Was Emotionen im Konflikt wirklich zeigen

Wenn Menschen im Konflikt wütend, verletzt oder zurückhaltend reagieren, wird das oft als unangenehm empfunden. Dabei sind diese Reaktionen Hinweise, keine Probleme. Sie zeigen, dass bei der betreffenden Person ein Bedürfnis verletzt ist: sei es nach Anerkennung, Sicherheit, Einfluss oder Zugehörigkeit.

Der persönliche Gerechtigkeitssinn verstärkt diese Reaktionen. Jeder hat seine eigene Vorstellung davon, was fair oder richtig ist. Wird diese innere Norm verletzt, entsteht Druck, oft stärker als durch den eigentlichen Auslöser. Dieser Druck lässt Menschen sich verteidigen, hart reagieren und verhärten. Die Gegenseite erlebt das Gleiche, so beginnt die typische Eskalationsspirale.

Emotionen sind also nützliche Wegweiser: Sie zeigen nicht, gegen wen wir kämpfen müssen, sondern welches Bedürfnis gerade verletzt ist – unser eigenes und das der anderen. Meine Erfahrung nach jahrelanger Konfliktarbeit: Wer es schafft, auch die Bedürfnisse des Gegenübers wahrzunehmen, kommt deutlich schneller zu gemeinsamen Lösungen.

Häufig ist nicht die Person schuld, sondern die Struktur

Viele Konflikte wirken zwischenmenschlich, sind aber oft systembedingt. Rollen und Aufgaben sind unklar, Zuständigkeiten überschneiden sich, Erwartungen wurden nie ausgesprochen und genau daraus entstehen Spannungen.

Ich sehe das immer wieder in Teams: Eine Person fühlt sich übergangen, eine andere glaubt, der Kollege sei respektlos, und alle sind überzeugt, dass die „andere Seite“ schuld ist. Doch oft liegt der Ursprung in unklaren Abläufen, fehlender Kommunikation oder widersprüchlichen Verantwortlichkeiten.

Wenn man die Situation genau anschaut, zeigt sich häufig: Niemand handelt bewusst gegen die andere Person. Stattdessen erzeugt das System Unmut. Und Unmut führt zu emotionalen Reaktionen, die schnell als persönliche Angriffe interpretiert werden.

In der Praxis bedeutet das: Wer in Konflikten zuerst auf die Strukturen schaut – also wer entscheidet, wer informiert wen, wo gibt es Überschneidungen – gewinnt Klarheit. Dann lassen sich Gespräche auf die Bedürfnisse aller Beteiligten richten, anstatt Schuldige zu suchen.

Bewusst handeln statt reflexhaft reagieren

Rechthaben ist der stärkste Treibstoff für Konflikte. Wer im Recht sein will, reagiert oft hart, emotional und konfrontativ. Das ist menschlich, aber gefährlich.

Bewusst handeln heißt: einen Schritt zurücktreten und sich fragen:

  • Warum berührt mich das gerade so stark?
  • Welches Bedürfnis versuche ich zu schützen?
  • Welche Bedürfnisse hat die andere Person?

Wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse erkennen, die des Gegenübers wahrnehmen und den eigenen Anspruch auf Recht zurückstellen, verändert sich die Sicht: Es geht nicht mehr um Kampf, sondern um Lösungen, die für alle passen.

In meiner Erfahrung bringt dieser Schritt die größte Wirkung: Wenn Menschen sich verstanden fühlen, verzichten sie auf konfrontatives Verhalten und Konflikte lassen sich dadurch viel schneller lösen.

Verstehen bringt Bewegung in Konflikte

Konflikte wirken oft chaotisch und schwierig. Wer genau hinschaut, erkennt die Bedürfnisse, Strukturen und unterschiedlichen Sichtweisen, die dahinterstehen.

Wenn wir bereit sind, die eigene Sicht zu hinterfragen und auch die Perspektive des Gegenübers zu berücksichtigen, verliert der Konflikt seine Schwere und es wird möglich, gemeinsam einen Schritt voranzukommen.

Am Ende zeigt sich: Konflikte lassen sich nicht über Rechthaben lösen, sondern über Verstehen. Nur wer den Recht-haben-Reflex zurückstellt, kann auch die Bedürfnisse des Gegenübers wahrnehmen und schafft damit die Basis für eine tragfähige Konfliktlösung.

„Wenn wir uns um das Glück anderer kümmern, finden wir unser eigenes.“
(Plato, griechischer Philosoph)

Konflikte löst man mit Verstehen, nicht mit Recht haben

Schlagwörter:

Teilen:

Ähnliche Beiträge