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Englisch als Arbeitssprache lässt vermuten, dass alle im Unternehmen eloquent in dieser Sprache kommunizieren können. Wir sehen uns an, in wie fern das stimmt und holen uns einige Tipps.

 

 

Wie leicht kommt uns von den Lippen, dass ja im Unternehmen ohnehin Englisch als Arbeitssprache verwendet werde. Und wie selbstverständlich wird vorausgesetzt, dass ja alle ohnehin Englisch könnten, und zwar auf einem hohen Niveau. Das mag für viele Unternehmen und zahlreiche Mitarbeitende gelten, aber nicht für alle und nicht überall. Daher ist hier interkulturelle Sensibilität gefragt.

Beispiel aus der Praxis

Bei einem vor kurzem gehaltenen interkulturellen Training für einen Expatriate, der unmittelbar vor der Entsendung stand, diskutierten wir über die Unternehmenssprache Englisch.

Ich erwähnte, dass seine künftigen Kollegen in der Landessprache gewohnt seien, eher subtil und weniger direkt Feedback zu geben oder auf Fehler hinzuweisen oder Vorgesetzten gegenüber Vorschläge eher in Form von Andeutungen darzulegen. Das brachte uns auf das Thema, welche Sprache in informellen Meetings gesprochen werde.

Mein Kunde meinte, es wäre wichtig, seinen Kollegen im Zielland künftig den Raum zu geben, sich zu wichtigen Themen zuerst in deren Muttersprache auszutauschen, da dies ihnen ja leichter falle. Denn er habe bemerkt, dass auch im Headquarter in Wien durch Englisch als Unternehmenssprache in Meetings zuweilen weniger Wortmeldungen kämen oder Teilnehmende sich nicht entsprechend nuancenreich ausdrücken könnten. Der Vielschichtigkeit sprachlichen Ausdrucks Rechnung zu tragen, so meinte er, wäre besonders wichtig, um die Qualität des Austauschs zu sichern.

Konsequenz für die Praxis

Der Gedanke meines Kunden ist meines Erachtens sehr wichtig. Es zeugt von interkultureller Sensibilität, in internationalen und multikulturellen Settings darauf zu achten, welche Sprache in welcher Situation passend und zielführend ist. Der Muttersprache von Mitarbeitenden genügend Raum zu geben, sich in allen Nuancen und Wortspielen auszudrücken und auszutauschen, erhöht die Qualität des Austauschs und der Ergebnisse.

Aus der Sprachwissenschaft wissen wir, dass jede Sprache auch einen anderen Blickwinkel für die Sprechenden ermöglicht. Personen, die fließend zwei oder mehrere Sprachen sprechen, bezeugen, dass sie sich in den jeweiligen Sprachen anders ausdrücken und auch ihre unterschiedlichen Identitäten zum Ausdruck bringen können (Vgl. Brigitta Busch, Mehrsprachigkeit, 2013). Damit ist Mehrsprachigkeit eine Ressource, die in einem internationalen Team durchaus mehr genutzt werden könnte.

Die Dominanz und auch Nützlichkeit der englischen Sprache wird dadurch nicht in Abrede gestellt, aber ein Gegengewicht zu ihr wäre insofern zielführend, als sich Mitarbeitende in ihrer oder ihren kulturellen Identitäten wertgeschätzt fühlen, wenn ihrer Mehrsprachigkeit auch Raum gegeben wird.

Was könnte dies für kulturell diverse Teams bedeuten?

  • Zunächst ein grundsätzliches Einverständnis, dass – falls dies zutrifft – die englische Sprache die gemeinsame ist und dass diese bewusst als gemeinsame Sprache gewählt wird.
  • Initiales Brainstorming in gleich-sprachigen Kleingruppen, um dann zusammen in der gemeinsamen Sprache weiter zu diskutieren.
  • Akzeptieren von Mehrsprachigkeit in Teams auch bei Wortmeldungen, auch wenn nicht alle alles verstehen.
  • Eine Person im Team sollte dafür sorgen, dass der Informationsflow erhalten bleibt.
  • Ermöglichen von Diskussionen über Redewendungen und Ausdrücke in den jeweiligen Sprachen der Teilnehmenden im Vergleich zum Englischen. Dies erhöht die Sensibilität für sprachliche Unterschiede, für Mehrsprachigkeit und multiple kulturelle Identitäten.

Es zeigt sich, dass kulturelle Unterschiede sich auch im sprachlichen Verhalten zeigen – und dass dieser Aspekt durch die Omnipräsenz der englischen Sprache zuweilen vernachlässigt wird und damit eine wichtige Ressource abhanden kommt.

Tipps

Um die interkulturelle Sensibilität in Bezug auf Sprachen und Mehrsprachigkeit in Ihrer Organisation zu fördern, hier folgende Tipps:

  • Geben Sie der Diskussion um die gewählte Sprache im Team Raum
  • Ermöglichen Sie informelle Gesprächsrunden in den jeweiligen Sprachgruppen der Teilnehmenden zu wichtigen Themen
  • Drücken Sie Wertschätzung gegenüber der sprachlichen Vielfalt in Ihrem Team aus
  • Machen Sie Mehrsprachigkeit öfters zum Thema
  • Akzeptieren Sie sprachliche Vermischungen in informellen Meetings und auch Momente des Nicht-Verstehens – dies erhöht die sogenannte Ambiguitätstoleranz
  • Ernennen Sie eine oder zwei Personen, die für den Informationsfluss im Team sorgen

Arbeitssprache Englisch | Vorteil oder Herausforderung?

Dr. Karin Schreiner, MA | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Dr. Karin Schreiner ist interkulturelle Trainerin und Coach für interkulturelles Management. Sie ist Ihre Ansprechpartnerin für kulturspezifische Trainings zu Indien, China, Japan, Süd-Korea.

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