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Als Coach sich neu am Markt positionieren

09Sep2024
6 min
Coaching neu

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Die Akzeptanz digitaler Coaching-Angebote sowie deren Nutzung steigt. Das stellt für viele Coaches, die ihre Leistung im „face-to-face-Kontakt“ mit ihrer Kundschaft erbringen, eine Bedrohung dar. Um sich gegen die stets wachsende Konkurrenz (nicht nur im Netz) zu wehren, sollten sie ihre Digitalkompetenz massiv ausbauen.

Gastautor: Bernhard Kuntz

Coaching-Selbstzahler sind preissensibler als Business-Kunden

Das gilt insbesondere für die sogenannten Life-Coaches, deren Zielkundschaft primär Selbst- bzw. Privatzahlende sind, denn: Sie haben heute bereits oft Probleme, ausreichend Kundschaft zu finden, um ihren Lebensunterhalt zu beschreiten – u. a.  

  • weil die Zahl ihrer Mitbewerbenden, mit denen sie um die Aufträge konkurrieren, heute schon oft nahezu unüberschaubar ist (auch auf lokaler oder regionaler Ebene) und
  • weil ihre Leistungen aus der Sicht ihrer Zielkundschaft, also der Selbstzahlenden, stets teuer sind.

Entsprechend preissensibel sind diese und offen für alternative, kostengünstigere Problemlösungen.

Life-Coaches bekommen mehr Konkurrenz

Entsprechend bedrohlich ist für Life-Coaches, die von ihren Coaching-Erträgen leben müssen, dass ihre Zielkundschaft, wenn sie im Internet nach einem Beratenden suchen, immer häufiger auf irgendwelche selbsternannten Coaches stoßen, die

  • zum Beispiel auf den Malediven oder in Dubai wohnen und
  • von dort aus Personen im deutschsprachigen Raum Telefon- und Online-Coachings oder ähnliche Beratungsleistungen offerieren.

Diese Mitbewerbenden mögen zwar oft vom Coachen selbst wenig Ahnung haben, sie sind aber zumeist im Bereich Online-Marketing deutlich fitter (bzw. aktiver) als das Gros der Life-Coaches. Deshalb sind sie auch im Internet und in den Social-Media präsenter und werden besser gefunden.

Coaching-Apps ziehen Klientel an

Eine noch größere, existenzielle Bedrohung für viele Life-Coaches stellt jedoch die wachsende Zahl von Coaching-Apps dar, die

  • in der Regel von Unternehmen, deren Kernkompetenz im IT-Bereich liegt, entwickelt und angeboten werden und
  • heute bereits von vielen Menschen genutzt werden, um sich zum Beispiel beim Joggen oder der Gewichtsreduktion coachen zu lassen.

Diese Apps werden dank der von ihren Anbietenden zunehmend integrierten Künstlichen Intelligenz immer leistungsfähiger und stärker auf den individuellen Bedarf bezogen. Zudem decken sie eine wachsende Zahl von Themenfelder ab, die bisher zu den originäre Coaching-Themen der Life-Coaches zählten. Als Beispiele seien hier die Themen Stressmanagement und -führung, Karriereplanung und Work-Life-Balance genannt.

Die Akzeptanz und Nutzung der Coaching-Apps steigen kontinuierlich

Steht die potenzielle Kundschaft der Life-Coaches nun vor der Wahl, für ein Live- bzw. Präsenz-Coaching bei ihnen 100 Euro (und mehr) pro Sitzung aus dem eigenen Portemonnaie zu bezahlen oder stattdessen für 10 Euro/Monat eine App zu abonnieren, dann entscheiden nicht wenige: „Ich versuche es erst mal mit der App, denn diese ist deutlich günstiger.“

Wohin die Reise im (Life-)Coaching-Bereich geht, zeigt sich unter anderem darin, dass inzwischen bereits mehrere Krankenkassen

  • Coaching-Apps zu gesundheitsrelevanten Themen zur kostenfreien Nutzung für ihre Kundschaft entwickelt haben oder
  • ihrer Kundschaft anbieten, die Abo-Kosten für solche Apps zu übernehmen.

Die Positionierung überdenken

Vor diesem Hintergrund werden sich viele der sogenannten Life-Coaches sowie Angehörigen ähnlicher beratender Berufe neu positionieren müssen. Das heißt, sie werden ihr Marketing zum Beispiel stärker auf Kundschaft fokussieren müssen, die weniger preissensibel als ihre bisherige Klientel sind – zum Beispiel

  • Selbstzahlende mit einem überdurchschnittlich hohen Einkommen und
  • Selbstständige, die das Coaching-Honorar als Firmenkosten steuerlich absetzen können.

Außerdem werden sie ihr Leistungsportfolio so umgestalten müssen, dass dieses ihrer Zielkundschaft aus deren Sicht verglichen mit den Coaching-Apps einen deutlichen Mehrwert bietet und deshalb (wenn nicht billiger) so doch kostengünstiger erscheint.

Die eigene Kernleistung effektivieren

Hier wird die Digitaltechnik eine zentrale Rolle spielen. So können nicht nur Life-Coaches zum Beispiel sogenannte KI-Coaching-Bots (IT- Programme, die zu einer menschenähnlichen Kommunikation fähig sind) im Vorfeld der eigentlichen Coachings einsetzen, um die Anliegen und Vorgeschichte ihrer Klienten genauer zu erkunden.

Die Bots können – mit Coaching-bezogenen Informationen und Fallbeispielen gespeist – im Coaching-Prozess zwischen den Präsenz-Coachings als ständig verfügbare Ansprechpartnerin und Alltagsbegleiter der Coachees fungieren. Sie können zudem im Akquise-Prozess für Personen, die einem Coaching ambivalent oder gar skeptisch gegenüberstehen, der erste, unvoreingenommene Informierende sein, der ihnen die Arbeitsweise des Coaches erläutert.

Coaches sind bei der Nutzung von KI-Tools eher zögerlich

Aktuell werden solche IT- und KI-Tools von Coaches noch kaum benutzt. Das zeigt auch die Coaching-Marktanalyse 2024 der Rauen Group, deren Ergebnisse u.a. in der Zeitschrift Training Aktuell auszugsweise veröffentlicht wurden. Ihr zufolge nutzen aktuell nur etwa 3 Prozent aller Coaches (also sowohl der Business- als auch Life-Coaches) KI-Tools im Coachingprozess selbst. Etwa 22 Prozent setzen sie jedoch zur Coaching-Vorbereitung und etwa 11,5 Prozent zur Coaching-Nachbereitung ein. Zwei Drittel der Coaches, also etwa 66 Prozent, nutzen KI-Tools aber noch gar nicht für ihr Business und bei ihrer Arbeit.

Diese Zurückhaltung der meisten Coaches, wenn es um den Einsatz von KI-Tools bzw. allgemein der Digital-Technik nicht nur zum Erbringen, sondern auch Effektivieren ihrer Leistung sowie ihres Marketingprozesses geht, ist weitgehend darin begründet, dass ihnen dafür oft die erforderliche Digitalkompetenz fehlt. Insbesondere bei vielen Life-Coaches ist es geradezu erschreckend, wie wenig Kompetenz sie im Digitalbereich haben.

Digitalkompetenz ausbauen

Das zeigt sich unter anderem darin, dass ihnen nicht selten sogar das nötige Know-how fehlt, um kleinste Veränderungen an ihren Webseiten (wie zum Beispiel Termine und Preise aktualisieren, neue Blog-Beiträge hochladen) vorzunehmen. Entsprechend abhängig sind sie diesbezüglich häufig von externen IT-Dienstleistern wie Marketingagenturen, wenn es um das Pflegen ihrer Webseiten, ihrer Social-Media-Accounts usw. geht. Zudem fehlt vielen die erforderliche Bewertungskompetenz, um zu beurteilen, ob die Lösungsvorschläge ihrer Marketing-Unterstützer zum Erreichen gewisser Ziele wie

  • „besser im Netz gefunden werden“ oder
  • „mehr Anfragen generieren“

überhaupt zielführend sind. Entsprechend viele Fehlinvestitionen tätigen sie und entsprechend ineffektiv nutzen sie ihre ohnehin sehr begrenzten Marketing-Budgets.

Einen Bewusstseins-Wandel vollziehen

Bei vielen Life-Coaches sollte sich, wenn sie auch künftig vom Coachen leben möchten, ein Bewusstseinswandel vollziehen. In den kommenden Jahren werden sie sich gegen immer mehr Beratungsanbietende wehren müssen, die auch im Digitalbereich sowie Online- und Social-Media-Marketing-Bereich eine hohe Kompetenz haben. Außerdem werden sie aufgrund der steigenden Zahl und Akzeptanz von Coaching-Apps unter einen wachsenden Preisdruck bzw. Rechtfertigungsdruck ihrer Preise stehen. Auf diesen können sie nur adäquat agieren, wenn sie ihre Arbeit mit Hilfe der KI- und Digitaltechnik effektivieren.

Also müssen die Coaches sich als selbstständige Unternehmer die hierfür nötige Kompetenz aneignen, denn um die wachsende Zahl von erforderlichen Tätigkeiten im Digitalbereich (seien diese produktentwicklerischer, gestalterischer oder pflegerischer Art) an externe Spezialisten zu übertragen, fehlt den meisten Life-Coaches schlicht das Geld. Und daran wird sich wenig ändern, da – wie ich bereits 2010 in meinem Artikel „Als Coach wird man kein Millionär“ schrieb – aufgrund der begrenzten Zahl von Stunden, die Coaches auch bei einer Vollauslastung fakturieren können, ihre Einnahmen stets „überschaubar“ sein werden.

Als Coach wird man kein Millionär, als App-Anbieter schon!

Anders sieht es bei den Entwicklern und Vermarktern von Coaching-Apps aus. Sie können durchaus Millionäre werden, denn ihre standardisierte und digitalisierte Leistung lässt sich mit einem entsprechenden Marketing-Aufwand „skalieren“, also – anders als die klassischen Präsenz-Coachings der Coaches – millionenfach verkaufen. Das ist auch der Grund, warum der Ex-Strukturvertriebler Carsten Maschmeyer in der Fernsehshow „Höhle der Löwen“ so gerne in (Coaching-)Apps investiert, denn er weiß: „Hiermit lässt sich, wenn man es richtig macht, mit einem überschaubaren Aufwand sehr viel Geld verdienen.“

Als Coach sich neu am Markt positionieren

Gast-Autor

Bernhard Kuntz ist Inhaber der PR- und Marketing-Agentur Die PRofilBerater, Darmstadt (www.die-profilberater.de). Er ist unter anderem Autor des Bildungs- und Beratungsmarketing-Klassikers „Die Katze im Sack verkaufen: Wie Sie Bildung und Beratung mit System vermarkten – offline und online“.

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