Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie ist beschlossen, und obwohl das nationale Gesetz in Österreich noch aussteht, tickt die Uhr bereits. Bis Juni 2026 müssen alle Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt haben.
Für Personalverantwortliche bedeutet das: Jetzt ist der optimale Zeitpunkt, um die Weichen für eine transparente und gerechte Entgeltpolitik zu stellen.
Wer wartet, riskiert nicht nur hektische Anpassungen in letzter Minute, sondern verschenkt auch wertvolle Zeit, um die EU-Entgelttransparenzrichtlinie als strategischen Vorteil zu nutzen. Denn eines ist klar: Transparente und faire Vergütungsstrukturen stärken nicht nur das Vertrauen der Mitarbeitenden, sondern positionieren das Unternehmen auch als attraktiven Arbeitgebenden in einem zunehmend kompetitiven Markt.
Konkrete Maßnahmen der EU-Entgelttransparenzrichtlinie
Was Unternehmen jetzt tun können:
1. Entgeltstrukturen analysieren und überprüfen
Der erste Schritt besteht darin, den Status quo zu erfassen und mögliche Ungleichheiten zu identifizieren:
- Führen Sie eine detaillierte Analyse Ihrer aktuellen Gehaltsdaten durch, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Alter, Betriebszugehörigkeit und Position.
- Identifizieren Sie systematische Unterschiede in der Vergütung vergleichbarer Tätigkeiten.
- Nutzen Sie interne oder externe Benchmarks, um Ihre Vergütungspraxis im Branchenvergleich einzuordnen.
- Berechnen Sie den Gender Pay Gap in Ihrem Unternehmen – sowohl den unbereinigten als auch den bereinigten Wert.
Beispielsweise: Wenn weibliche Angestellte in vergleichbaren Positionen im Schnitt 6% weniger verdienen, obwohl sie gleiche Qualifikation und Erfahrung aufweisen, liegt klarer Handlungsbedarf vor.
Eine solche Analyse offenbart nicht nur potenzielle Handlungsfelder hinsichtlich der Entgelttransparenz, sondern liefert auch wertvolle Erkenntnisse für Ihre strategische Personalplanung.
2. Transparente Gehaltsbänder implementieren
Entwickeln Sie ein nachvollziehbares System von Gehaltsbändern, das die Grundlage für faire und transparente Vergütungsentscheidungen bildet:
- Definieren Sie klare Gehaltsstufen für jede Position oder Funktionsgruppe.
- Legen Sie objektive Kriterien fest, die die Eingruppierung und Progression innerhalb der Bänder bestimmen (z.B. Berufserfahrung, Ausbildung, Verantwortungsbereich, Leistungsbewertung).
- Dokumentieren Sie die Methodik und Begründung für die festgelegten Bandbreiten.
- Stellen Sie sicher, dass geschlechtsneutrale Bewertungskriterien für alle Tätigkeiten angewendet werden.
Transparente Gehaltsbänder schränken willkürliche Entscheidungen ein und schaffen eine solide Grundlage für gleichwertige Vergütung bei gleichwertiger Arbeit.
3. Entgeltentscheidungen systematisch dokumentieren
Die kommende EU-Entgelttransparenzrichtlinie wird voraussichtlich umfassende Dokumentations- und Auskunftspflichten mit sich bringen. Bereiten Sie sich darauf vor:
- Entwickeln Sie standardisierte Prozesse zur Dokumentation von Gehaltsanpassungen, Beförderungen und Neueinstellungen.
- Halten Sie für jede Entgeltentscheidung die relevanten objektiven Kriterien fest.
- Implementieren Sie ein System zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung der Dokumentation.
- Schaffen Sie klare Verantwortlichkeiten für die Einhaltung der Dokumentationspflichten.
Eine systematische Dokumentation schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern unterstützt auch Führungskräfte dabei, fundierte und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen.
4. Bewerbungsprozesse zukunftsfähig gestalten (EU-Entgelttransparenzrichtlinie)
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie wird voraussichtlich Auswirkungen auf Stellenausschreibungen und Bewerbungsgespräche haben:
- Bereiten Sie sich darauf vor, Gehaltsangaben oder zumindest Gehaltsspannen in Stellenanzeigen zu integrieren.
- Überarbeiten Sie Ihre Interviewleitfäden und vermeiden Sie Fragen nach bisherigen Gehältern, die bestehende Ungleichheiten perpetuieren können.
- Entwickeln Sie objektive Kriterien für die Bewertung von Qualifikationen und die Festlegung des Einstiegsgehalts.
- Schulen Sie Ihre Personalverantwortlichen und Führungskräfte im Hinblick auf diskriminierungsfreie Auswahlverfahren.
Eine transparente Kommunikation über Vergütungsmöglichkeiten bereits im Bewerbungsprozess kann die Qualität der Bewerbungen erhöhen und den Recruiting-Prozess effizienter gestalten.
5. Führungskräfte befähigen, HR stärken (EU-Entgelttransparenzgesetz)
Die erfolgreiche Umsetzung einer transparenten Entgeltpolitik hängt maßgeblich von der Unterstützung durch Führungskräfte und HR-Verantwortliche ab:
- Führen Sie Schulungen zu den Grundsätzen der Entgelttransparenz und den kommenden rechtlichen Anforderungen durch.
- Sensibilisieren Sie für unbewusste Verzerrungen und deren Auswirkungen auf Vergütungsentscheidungen.
- Entwickeln Sie gemeinsam Leitlinien für faire und nachvollziehbare Gehaltsverhandlungen.
- Fördern Sie eine Unternehmenskultur, die Fairness und Transparenz als zentrale Werte verankert.
Nur wenn alle Entscheidungstragenden die Bedeutung und die Vorteile der Entgelttransparenz verstehen, kann diese erfolgreich im Unternehmen verankert werden.
6. Interne Kommunikation stärken
Eine offene und proaktive Kommunikation ist entscheidend, um Akzeptanz für Veränderungen zu schaffen:
- Nehmen Sie frühzeitig den Dialog mit dem Betriebsrat oder der Mitarbeitervertretung auf.
- Informieren Sie Ihre Belegschaft über die Ziele und Maßnahmen zur Förderung der Entgelttransparenz.
- Erläutern Sie die Kriterien und Prozesse, die Vergütungsentscheidungen zugrunde liegen.
- Schaffen Sie geeignete Kanäle für Feedback und Fragen zur Vergütungspolitik.
Transparenz in der Kommunikation fördert das Verständnis und die Akzeptanz für die implementierten Maßnahmen und minimiert potenzielle Widerstände.
Fazit: Gute Vorbereitung lohnt sich
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie wird die Personalarbeit in österreichischen Unternehmen nachhaltig verändern. Jene, die jetzt proaktiv handeln, sichern sich nicht nur einen Vorsprung bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen, sondern positionieren sich auch als attraktive und zukunftsorientierte Arbeitgebende.
Entgelttransparenz ist mehr als eine rechtliche Verpflichtung – sie ist ein wesentlicher Baustein einer modernen und wertschätzenden Unternehmenskultur. Entgelttransparenz braucht keinen Kraftakt – wer früh beginnt, kommt sicher und mit Rückenwind ans Ziel.
EU-Entgelttransparenzrichtlinie | Was Unternehmen schon jetzt vorbereiten sollten # EU Entgelttransparenzgesetz
-> mehr zum Thema Arbeits-Recht