In vielen Unternehmen zeigt sich ein wiederkehrendes Phänomen: Mitarbeitende nutzen ihren Urlaubsanspruch nicht vollständig, und offene Urlaubstage summieren sich über Jahre hinweg.
Besonders bei Ausscheiden vor Verbrauch wird das teuer, da dann die Urlaubsersatzleistung fällig wird. Zudem müssen hohe Rückstellungen gebildet werden.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten? Und wie kann es gelingen, Mitarbeitende dazu zu motivieren, ihren Urlaub anzubauen anstatt zu horten?
Rechtlicher Rahmen: Das sagt das Urlaubsgesetz
Urlaubsvereinbarung
Grundsätzlich ist der Urlaubsantritt zwischen Arbeitgebenden und Mitarbeitenden zu vereinbaren. Gemäß § 4 Abs 1 UrlG muss der Zeitpunkt des Urlaubs unter Rücksichtnahme auf die betrieblichen Erfordernisse und die Erholungsmöglichkeiten der Mitarbeitenden vereinbart werden. Einseitige Anordnungen – sei es durch Arbeitgebende oder Arbeitnehmende – sind unzulässig.
Verjährung
Urlaubsansprüche verjähren gemäß § 4 Abs 5 UrlG, wenn sie nicht innerhalb von zwei Jahren ab dem Ende jenes Urlaubsjahres konsumiert werden, in dem der Anspruch entstanden ist. Dabei ist zu beachten, dass bei der Inanspruchnahme von Urlaub stets der älteste noch offene Urlaubsanspruch zuerst verbraucht wird.
Aber: Eine Verjährung ist nur dann rechtswirksam, wenn der Arbeitgebende nachweislich darüber informiert hat und die Mitarbeitenden tatsächlich die Möglichkeit hatten, den Urlaub zu konsumieren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in mehreren Entscheidungen klargestellt: Die Beweislast liegt beim Arbeitgebenden. Daher müssen Arbeitgebende ihre Mitarbeitenden vor der Verjährung aufklären und informieren und die Möglichkeit zum Verbrauch geben.
Auszahlung von Urlaub nur bei Austritt
Eine Auszahlung offener Urlaubstage ist nur bei Beendigung des Dienstverhältnisses in Form der sogenannten „Urlaubsersatzleistung“ zulässig bzw. vorgesehen. Während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses ist eine finanzielle Abgeltung von Urlaubsansprüchen unwirksam. Selbst wenn Mitarbeitende einer Auszahlung zustimmen, bleibt der Anspruch auf tatsächlichen Urlaub bestehen.
Urlaub fördern statt aufschieben: So motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden
Auch wenn es kein gesetzliches Mittel gibt, Mitarbeitende zum Urlaubsverbrauch aktiv zu verpflichten, ist es im Interesse aller Beteiligten, einem Rückstau bei den Urlaubstagen aktiv entgegenzuwirken. Folgende Maßnahmen können je nach Einzelfall unterstützen, um den Urlaubskonsum zu fördern.
1. Regelmäßige Information schafft Klarheit
- Frühzeitige Urlaubsplanung: Führungskräfte und HR sollten Mitarbeitende regelmäßig zur Planung ihres Urlaubs auffordern. Das erleichtert die Abstimmung im Team und verhindert Engpässe zu Jahresende.
- Transparente Urlaubsstände: Ob über Self-Service-Tools oder persönliche Erinnerungen – Mitarbeitende sollten jederzeit Einblick in ihren Urlaubsstand haben. Auch Hinweise auf bevorstehende Verjährung von Urlaub sind dabei essenziell.
- Digitale Unterstützung: Der Einsatz von digitalen Tools erleichtert die eigenständige Urlaubsverwaltung und sorgt für Transparenz hinsichtlich offener Urlaubstage und bereits genehmigter Urlaubstermine
2. Individuelle Betreuung im Urlaubsmanagement
- Urlaub als Thema im Mitarbeitergespräch: Wer regelmäßig über offene Urlaubstage spricht und die Erholung als Teil einer gesunden Arbeitskultur kommuniziert, fördert langfristig den Urlaubskonsum.
- Individuelle Lösungen bei Rückständen: flexible Einsatzplanung, Vertretungskonzepte oder persönliche Gespräche zur Hürde des Urlaubsantritts.
3. Führungskräfte als Erholungs-Vorbilder
- Urlaub aktiv vorleben: Führungskräfte sollten ihren eigenen Urlaub konsumieren und damit mit gutem Beispiel vorangehen. Wer selbst regelmäßig Auszeiten nimmt, schafft Vertrauen und Normalität im Umgang mit Urlaub.
- Erholung als Teil der Teamkultur etablieren: Gespräche über Urlaubspläne, positive Erfahrungen aus der Erholungszeit oder persönliche Strategien zur Regeneration können helfen, Hemmschwellen im Team abzubauen.
4. Organisatorische & motivierende Anreize
- Betriebsurlaub: Vereinbarungen über Betriebsurlaub ermöglichen es, Zeiten festzulegen, in denen der Betrieb geschlossen ist und somit automatisch Urlaub konsumiert wird. Hinweis: Betriebsurlaub darf eine Dauer von 2 Wochen nicht überschreiten.
- Anreize für rechtzeitigen Verbrauch: Anreize wie zB ein zusätzlicher freiwilliger Urlaubstag, wenn sämtlicher Urlaub verbraucht ist, können die Mitarbeitenden zusätzlich motivieren, ihren Urlaub rechtzeitig zu konsumieren.
Je nach Branche, Unternehmensgröße oder Teamstruktur können weitere oder andere Maßnahmen sinnvoll sein.
Horten von Urlaubstagen | Zwischen Eigenverantwortung und Unternehmensinteresse