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Teamimpuls

Barrierefrei lernen | Inklusion in der digitalen Lehrlingsausbildung

3Nov2025
4 min
eLearning

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Digitale Lernformate und E-Learning-Angebote bieten große Chancen für die duale Lehre, gerade im Kontext inklusiver Lehrlingsausbildung. Diese verdienen eine genaue Betrachtung.

Gast-Autorin: Isabelle Faist

Der Beitrag zeigt, wie E-Learning so gestaltet wird, dass auch Jugendliche mit Behinderungen optimal lernen. Im Fokus stehen Didaktik, Technik und eine passende Begleitung.

Digitalisierung als Chance für Inklusion

Für Jugendliche mit Behinderung eröffnet die Digitalisierung innerhalb der Lehrlingsausbildung neue Perspektiven. Lernprozesse können mithilfe von Lernplattformen, Online-Trainings und digitalen Tools individueller gestaltet, flexibler und besser an persönliche Bedürfnisse angepasst werden. Dadurch ergeben sich mehr Möglichkeiten für Jugendliche mit Behinderungen, in den Arbeitsmarkt einzutreten. Denn auch heute noch müssen sie große Hürden bei der Lehrstellensuche überwinden.

Inklusive Lehrlingsausbildung – aktuelle Situation

Die Lehrlingsausbildung ist für viele Jugendliche mit Behinderung der Schlüssel zur beruflichen Integration. Die Integrative Berufsausbildung (IBA) schafft dafür die gesetzliche Grundlage. Mit Modellen, wie verlängerte Lehrzeiten, Teilqualifikationen und individueller Begleitung können die jungen Auszubildenden ihren Bedürfnissen entsprechend auf den Arbeitsalltag vorbereitet werden. Trotzdem bestehen weiterhin Barrieren, etwa bei der technischen Ausstattung, in der Didaktik oder im Informationsfluss zwischen Berufsschule und Betrieb.

Hier kann E-Learning eine Brücke schlagen, wobei digitale Lernräume nur dann inklusiv sind, wenn sie von Beginn an barrierefrei und didaktisch durchdacht gestaltet werden. Damit E-Learning tatsächlich Teilhabe fördert, müssen Betriebe, Ausbildende und Schulen an einem Strang ziehen – technisch, pädagogisch und organisatorisch.

Didaktische Gestaltung: Lernen in Vielfalt ermöglichen

Digitale Lernangebote müssen mehr leisten als nur Wissen zu vermitteln. Sie müssen unterschiedliche Lernvoraussetzungen berücksichtigen und die Individualisierung in den Fokus rücken. Die Gestaltung gelingt mit:

  • Klarer Struktur: Eine übersichtliche Gliederung und leicht verständliche Navigation erleichtern Orientierung und Selbststeuerung.
  • Einfacher Sprache: Kurze Sätze, klare Begriffe und anschauliche Beispiele erhöhen das Verständnis.
  • Multimedialität: Kombination aus Text, Ton, Bild und Video spricht unterschiedliche Lernkanäle an.
  • Feedback und Motivation: Regelmäßige Rückmeldungen stärken die Selbstwirksamkeit.
  • Peer Learning: Gemeinsames Lernen – auch online – fördert soziale Integration und Teamfähigkeit.

Ziel ist es, Lernen so zu gestalten, dass Unterschiede selbstverständlich mitgedacht werden. Nicht als Hindernis, sondern als Ressource.

Technische Barrierefreiheit als Voraussetzung

Barrierefreiheit ist kein Zusatzmerkmal, sondern der Grundstein inklusiver digitaler Bildung. Die bestehenden Plattformen orientieren sich an den gesetzlichen Richtlinien und Normen der Barrierefreiheit im digitalen Raum. HR-Verantwortliche stehen jedoch in der Verantwortung nicht nur das absolute Minimum anzubieten, sondern die extra Meile zu gehen. Wichtige Aspekte hierbei sind:

  • Zugänglichkeit: Bedienbarkeit per Tastatur, Screenreader oder Sprachsteuerung.
  • Lesbarkeit: Kontraste, anpassbare Schriftgrößen und klare Farbwahl.
  • Alternativen: Untertitel für Videos, Textbeschreibungen für Bilder, Transkripte für Audioinhalte.
  • Responsives Design: Lerninhalte müssen auch auf Smartphones funktionieren, das bevorzugte Lernmedium vieler Lehrlinge.

Technische Barrierefreiheit kommt nicht nur Lernenden mit Behinderung zugute, sondern verbessert die Nutzerfreundlichkeit für alle.

Begleitung und Unterstützung

Neben der technischen Umsetzung spielt die persönliche Unterstützung eine große Rolle. Ausbildungsassistenz, Fachkräfte und Lehrpersonen sind wichtige Bezugspersonen, die Orientierung geben und Lernprozesse individuell begleiten. Die Berufsausbildungsassistenz unterstützt nicht nur Lehrlinge, sondern vermittelt auch zwischen Betrieb, Schule und Familie und sorgt somit für Kontinuität im Lernprozess. Lehrkräfte und Ausbildende müssen dabei selbst laufend und kontinuierlich auf die neuen Lernformen vorbereitet werden. Schulungen zu barrierefreier Didaktik und E-Learning-Tools helfen, Sicherheit im Umgang mit digitalen Lernräumen zu gewinnen.

Blended Learning – also die Kombination aus Präsenz- und Online-Phasen – hat sich besonders bewährt, weil es Flexibilität und persönliche Begleitung verbindet.

Praxisbeispiele: Wo Inklusion gelingt

Die dem Beitrag zugrunde liegende Erhebung zeigt, dass Betriebe und Schulen zunehmend bereit sind, neue Wege zu gehen. E-Learning wird gezielt eingesetzt, um Lernprozesse zu individualisieren und Benachteiligungen auszugleichen. Erfolgreiche Formate nutzen einfache Sprache, Symbolnavigation, Audiounterstützung und visuelle Erklärungen. Wesentlich ist die Offenheit, neue Formate auszuprobieren und Feedback von Lehrlingen ernst zu nehmen. Solche Co-Design-Ansätze fördern Akzeptanz, Motivation und Lernwirksamkeit.

Fazit: Inklusive Lernräume sind Zukunft

Digitale Lernangebote sind kein Ersatz, sondern eine Erweiterung der Lehrlingsausbildung. Sie können Barrieren abbauen, Lernprozesse personalisieren und Motivation fördern.
Barrierefreies E-Learning verbessert die Qualität der Ausbildung insgesamt und ist ein entscheidender Schritt hin zu echter Chancengleichheit.

Inklusive digitale Bildung darf heute kein Einzelfall sein, sondern ist ein notwendiges Qualitätsmerkmal moderner Ausbildung.

Praxis-Tipp: So gelingt barrierefreies E-Learning

  • Lerninhalte in klarer Sprache formulieren
  • Videos mit Untertiteln und Textalternativen versehen
  • Plattformen auf einfache Navigation und Kontraste prüfen
  • Lernende aktiv in die Gestaltung einbeziehen
  • Regelmäßiges Feedback einholen und Angebote anpassen

Barrierefrei lernen | Inklusion in der digitalen Lehrlingsausbildung

Literatur

  • Aktion Mensch (o.J.). E-Learning – barrierefreies Lernen.
    Verfügbar unter https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/barrierefreies-e-learning

  • Arnold, P., Kilian, L., Thillosen, A. M. & Zimmer, G. M. (2018). Handbuch E-Learning. Lehren und Lernen mit digitalen Medien. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag.

  • Faist, I. (2025).  Didaktische und technische Gestaltung eines e-Learnings zur integrativen und individuellen Ausbildung von Lehrlingen mit Einschränkungen. Bachelorarbeit, FHWien der WKW.

  • Reinmann-Rothmeier, G. (2003). Didaktische Innovation durch Blended Learning. Bern, Göttingen: Huber.

  • Schulmeister, R. (2006). eLearning: Einsichten und Aussichten. München: Oldenbourg Verlag.

  • Wilbers, K. (2002). E-Learning didaktisch gestalten. In A. Hohenstein & K. Wilbers (Hrsg.), Handbuch E-Learning. Köln: Fachverlag Deutscher Wirtschaftsdienst.

  • World Wide Web Consortium (o.J.). Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1.
    Verfügbar unter https://www.w3.org/TR/WCAG21/

Gast-Autorin

Isabelle Faist hat ihre Berufslaufbahn als Lehrling gestartet und ist in ihrer aktuellen Position als Lehrlingskoordinatorin tätig. Ihre Affinität zur dualen Lehrausbildung hat sie dazu bewogen, sich beim Verfassen ihrer Bachelorarbeit, im Rahmen ihres Bachelorstudiums „Personalmanagement“ an der FH Wien der WKW, mit dem Thema der dualen Ausbildung in Österreich zu beschäftigen.
Zur weiteren Entwicklung ihrer Expertise absolviert sie aktuell das Masterstudium „Organisations- und Personalentwicklung“ an der FH Wien der WKW.

Isabelle Faist

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