In meinen Führungskräftetrainings begegnet mir immer wieder dieselbe Frage:
„Wie schaffe ich es, dass meine Mitarbeitenden selbstständiger werden?“
Oft steckt hinter dieser Frage ein echter Wunsch nach Entlastung, aber auch nach Entwicklung, nämlich Mitarbeitende zu haben, die mitdenken, Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Doch Selbstständigkeit entsteht nicht von heute auf morgen. Sie braucht Rahmenbedingungen, Vertrauen und Führung, die ermutigt statt einengt.
Und sie ist ein bewusst gestalteter Lernprozess, nicht Zufall, sondern Strategie. Im Folgenden habe ich sieben Punkte zusammengefasst, die diesen Entwicklungsprozess gezielt unterstützen.
Vom Wollen ins Tun: die sieben Hebel
1. Coachinghaltung statt Ansage
Wer Selbstständigkeit fördern will, sollte sich zunächst die eigene Haltung ansehen.
Viele Führungskräfte tappen unbewusst in die „Schnell-die-Lösung-parat“-Falle. Sie glauben zu wissen, wie’s geht und sagen es auch. Das spart zwar kurzfristig Zeit, nimmt den Mitarbeitenden aber die Möglichkeit, selbst zu denken und zu wachsen.
Eine coachingorientierte Haltung bedeutet, Fragen zu stellen statt Antworten zu liefern:
„Welche Ideen hätten Sie für die Vorgehensweise?“
„Was wäre aus Deiner Sicht der nächste Schritt?“
Diese Art von Gespräch vermittelt „Ich traue es Dir zu“ und das ist ein starkes Signal von Anerkennung.
2. Klarheit geben – Freiraum lassen
Selbstständigkeit braucht beides: Orientierung und Freiheit. Führungskräfte sollten Ziele und Rahmenbedingungen klar formulieren, das Was und Wozu. Das Wie darf dann bei den Mitarbeitenden liegen.
So entsteht ein Vertrauensraum, in dem Menschen Verantwortung übernehmen können. Und ja, es wird vielleicht nicht immer genauso gemacht, wie man es selbst tun würde, aber das ist Teil des Lernprozesses.
3. Schrittweise Verantwortung übertragen
Nicht jede oder jeder kann sofort selbstständig agieren. Entscheidend ist, Aufgaben dem Entwicklungsstand entsprechend zu übertragen. Kleine Schritte helfen, Überforderung zu vermeiden und schaffen Erfolge, die Mut machen. Wer spürt „Mein Beitrag zählt“ wird automatisch initiativer.
4. Eine positive Fehlerkultur etablieren
Selbstständigkeit bedeutet, Dinge auszuprobieren und dabei auch mal danebenzuliegen.
Eine Führungskraft, die Fehler als Lernchance begreift, öffnet den Raum für Experimentieren und Eigenverantwortung.
Wichtige Fragen sind dann nicht: „Wie konnte das passieren?“, sondern:
„Was nehmen wir daraus mit?“ oder „Was würdest Du beim nächsten Mal anders machen?“
5. Regelmäßig Reflexionsräume schaffen
Selbstständigkeit wächst, wenn Mitarbeitende Gelegenheit haben, über ihr Tun nachzudenken. Kurze Lern- oder Reflexionsgespräche, etwa monatlich oder nach Projektabschnitten, sind dabei Gold wert.
Ein einfaches Format:
„Was hat gut funktioniert?“
„Was war herausfordernd?“
„Was nimmst Du daraus mit?“
Diese Struktur fördert Selbstreflexion und stärkt die Fähigkeit, das eigene Handeln zu steuern.
6. Auf Stärken setzen
Menschen arbeiten eigenständiger, wenn sie wissen, was sie gut können und es auch einsetzen dürfen. Stärkenorientierte Führung bedeutet, Talente sichtbar zu machen und gezielt einzusetzen. So erleben Mitarbeitende Selbstwirksamkeit und das ist ein starker Motor für Eigeninitiative.
In regelmäßigen Gesprächen können Führungskräfte gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden reflektieren:
„Worin möchtest Du sicherer werden?“
„Welche Aufgaben willst Du künftig übernehmen?“
7. Vertrauen wagen – Kontrolle dosieren
Selbstständigkeit erfordert von Führungskräften manchmal das Schwierigste überhaupt: Loslassen.
Nicht jede Entscheidung muss doppelt abgesichert werden. Manchmal ist es besser, bewusst abzuwarten und Mitarbeitende ihren Weg gehen zu lassen. Das fällt leichter, wenn Vertrauen in Etappen aufgebaut wird: erst kleine Freiräume, dann größere. Mit jeder gelungenen Erfahrung wächst das Zutrauen auf beiden Seiten.
Fazit
Selbstständige Mitarbeitende entstehen dort, wo Führung auf Vertrauen, Klarheit und Entwicklung setzt. Wer als Führungskraft mehr fragt, weniger vorgibt und bewusst Raum lässt, erntet nicht nur Entlastung, sondern erlebt, wie Mitarbeitende wachsen und Verantwortung wirklich übernehmen.
7 Tipps | Eigenverantwortung Schritt für Schritt fördern