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potenzialanalyse

PotenzialAnalysen werden eingesetzt für dieses und jenes und das. Wohin geht der Trend? Werden PotenzialAnalysen künftig nach Gießkannen-Prinzip noch mehr Personenkreisen zugänglich gemacht / übergestülpt? Wohin bewegen wir uns bis … sagen wir 2020?

Experten-Interview

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Welche Bereiche der Personalarbeit (Recruiting, Entwicklungs-Gespräche, MA-Gespräche, Outplacement,…) werden Ihrer Meinung nach in den nächsten 5 Jahren (2020) noch stärker als jetzt auf Potentialanalysen zurückgreifen? Aus welchen Gründen?

DI Dieter Euler-Rolle, CMC (Master HR Consulting): Recruiting, wobei hier Stellenbesetzungen sowohl mit internen als auch externen Personen gemeint sind, wird immer wichtiger. Wir leben in einer Zeit, in der sich Aufgaben rasch an neue Strategien (auch Umweltfaktoren) anpassen müssen. Diese sind oft nicht vorhersehbar. Daher wird auch Jobwechsel innerhalb des eigenen Unternehmens immer häufiger, Aufgaben verändern sich in den nächsten 5 Jahren noch rasanter. Daher ist es wichtig, die richtige Persönlichkeit mit entsprechendem Personal auszuloten. Oft ist nicht die beste, sondern die richtige Person der Erfolgsgarant. Potentialanalysen für Recruiting haben hohe Komplexität, sollten wissenschaftlich validiert sein, aber einfach in der Anwendung und verständlich in der Interpretation. Einfachere Instrumente sind in der Personalentwicklung und bei Mitarbeitergesprächen einzusetzen. Reduziere ich im Recruiting Fehlentscheidungen, dann ist auch PE Arbeit und Anpassung an geänderte Herausforderungen einfacher.

Univ.-Lektor Mag. Alfred Lackner (Lackner & Kabas): In Zukunft wird die potenzialorientierte Diagnostik stärker mit der nachfolgenden Entwicklungsarbeit vernetzt sein. Eine Potenzialanalyse gibt Auskunft über die Anlagen und Talente einer Person für einen bestimmten Leistungskontext. Je besser die Passung zwischen der Ausstattung einer Person und der beruflichen Anforderung, desto leichter gelingt die Verwandlung des Potenzials in „Gold“ (der jobrelevanten Kompetenz). Eine bessere Passung bedeutet auch, dass deutlich weniger „Entwicklungsarbeit/ Entwicklungsbegleitung“ zu leisten ist. Konsequent umgesetzt bedeutet das: die Entwicklungsarbeit passiert so individuell wie möglich (und so allgemein wie notwendig). Der notwendige Ressourceneinsatz sinkt dadurch beträchtlich. Damit dies gelingt braucht es weniger einen allgemeinen Persönlichkeitstest sondern Potenzialanalysen die in der Lage sind, die Anforderungen von verschiedenen beruflichen Anforderungssituationen abzubilden.

Andreas Lohff (cut-e): Ein starker Impuls zur Nutzung von Potenzialanalyse ergibt sich im Moment aus dem verschärften Fokus auf das Management von Risiken als Antwort auf die Bankenkrise. Unternehmen sind gefordert, ihre Methoden der Risikobegrenzung auch bei der Besetzung von Managementpositionen zu überdenken. Insofern ist damit zu rechnen, dass Potenzialanalysen vermehrt bei der Nachfolgeplanung wie auch bei der externen Besetzung von Positionen im oberen Management eingesetzt werden, wo bislang häufig noch traditionelle Wege der Auswahl gewählt werden. Es ist zu hoffen, dass dabei auch mehr Wert auf die eignungsdiagnostische Fundierung von Potenzialanalysen gelegt und das klassische biografiebezogene Interview endlich ad acta gelegt wird.

Mag. Ursula Autengruber, CMC (Structogram Österreich): Outplacement gewinnt immer mehr an Bedeutung. Viele Firmen bauen Mitarbeiter ab und bieten ihnen mit dieser Maßnahme die Chance, wieder einen guten Job zu finden. Den Gekündigten werden mittels Potenzialanalyse die eigenen Stärken und Fähigkeiten aufgezeigt. So können sie Arbeitsplätze suchen, die zu ihnen passen und an denen sie ihr Potenzial verwirklichen können.
Leider geht den „alten“ Firmen bei Kündigungen neben Potenzial auch viel Know How verloren. Würden sie strategisch schon früher eine Potenzialanalyse einsetzen (im Entwicklungsgespräch, Mitarbeitergespräch), könnte man vielleicht den Arbeitsplatz etwas an den Mitarbeiter anpassen, oder einen anderen, für ihn besser geeigneten im Unternehmen finden.

Mag. Lina Altmayer (Schuhfried): Auf der Suche nach den besten Bewerbern werden die Recruiting-Prozesse von Unternehmen immer umfangreicher und kostspieliger. Potenzialanalysen mittels wissenschaftlich fundierter Verfahren können dabei als objektive Entscheidungsunterstützung fungieren und zusätzlich die Akzeptanz von Seiten der Bewerber erhöhen.
Darüber hinaus steigt die Herausforderung an Unternehmen, gewonnene Talente auch dauerhaft zu halten und zielgerichtet zu fördern. Potenzialanalysen, die einen Mehrwert für das Onboarding liefern, werden folglich immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Welche Zielgruppe wird es – im Vergleich zu heute – in den nächsten 5 Jahren verstärkt betreffen? Aus welchen Gründen?

Andreas Lohff (cut-e): Vor allem wird es mehr Zielgruppen treffen. Die weitgehende Beschränkung der Potentialanalyse auf Führungsnachwuchskräfte hängt ja vor allem mit dem dafür nötigen Aufwand zusammen. Durch die Fortschritte im psychometrischen und technologischen Bereich sind Potenzialanalysen heute aber auch in Form von kombinierten Online- und kurzen Präsenzbestandteilen („Blended Assessment“) oder mit Hilfe videobasierter Kommunikation („Remote Assessment“) sowie als ein reines Online Assessment machbar. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten für den Einsatz von Potenzialanalysen auch auf der Ebene der Mitarbeitenden etwa im Vertrieb, bei Experten, bei älteren Arbeitnehmern und vor allem im internationalen Bereich.

Univ.-Lektor Mag. Alfred Lackner (Lackner & Kabas): Die potenzialorientierte Personal- und Managementdiagnostik wird auch in Zukunft stark auf die erste Phase der beruflichen Entwicklung, dem Berufseinstieg und die Übernahme von Führungsverantwortung fokussiert sein. Eine neue Herausforderung könnte die verstärkte und zielgruppenspezifische Anwendung von Potenzialanalysen für den Managementnachwuchs darstellen. Hier wird derzeit kaum zwischen den Anforderungen Führung und Managen unterschieden.

Wie sieht es praktisch aus – welche Aspekte sollte eine Potenzialanalyse zB im Recruiting-Prozess abdecken?

Mag. Lina Altmayer (Schuhfried): Im Rahmen eines Recruiting-Prozesses sollte eine Potenzialanalyse idealerweise zumindest grundlegende kognitive Fähigkeiten und berufsrelevante Persönlichkeitseigenschaften erfassen. Neben biografischen Daten können anhand dieser Informationen gute Rückschlüsse auf den beruflichen Erfolg von Bewerbern gezogen werden.

Wie kann HR in Zukunft mit Kompetenzen und Potentialen von Personen im Hinblick auf Stellenbesetzungen objektiver umgehen?

DI Dieter Euler-Rolle, CMC (Master HR Consulting): Heider (1958) hat in seiner Theorie der naiven Psychologie (Fundamentaler Attributionsfehler (FAF)) festgehalten, dass wir alle versuchen, beobachtbares Verhalten mit nicht beobachtbaren Ursachen in Bezug zu setzen. Menschen, die die Wettervorhersage im Fernsehen präsentieren, sind entgegen der allgemeinen Annahme beinahe nie Meteorologen. Oft haben sie nicht einmal Naturwissenschaft studiert. Dennoch tendieren wir aufgrund des Kontexts ihrer Präsentation dazu, ihnen umfassende Metereologiekenntnisse zuzuschreiben. Und so geht es auch den erfahrensten Recruitern bei Bewerbern, die schon genau im Vorfeld wissen, welche Fragen Sie im Bewerbungsgespräch bekommen, und so sich gar nicht wirklich authentisch präsentieren. Objektivität verschafft hier eine Potentialanalyse, die zusätzliche, vergleichbare Aussagen zu anderen Bewerbern liefert.

Wo sollte in Zukunft der Fokus der Personalarbeit liegen?

Mag. Ursula Autengruber, CMC (Structogram Österreich): Die Strategie sollte lauten: Individualität als Erfolgsfaktor! In jeder Persönlichkeit wirken genetische Faktoren, die unveränderbar sind (Talente, aber auch Begrenzungen) und umweltbedingte Faktoren (Erziehung, Umwelt, Förderung,…), die verändert werden können. Wichtig für den Mitarbeiter selber, aber auch für jedes Entwicklungsprogramm ist es, zu erkennen, welche Faktoren verändert werden können und welche nicht. Nur so ist es möglich, als Mensch authentisch zu bleiben, passende Hilfsmittel (und Seminare) zu finden und die Synergien im Team und im Unternehmen wirkungsvoll zu nützen.


Die Gesprächspartner

Trend-Frage: PotenzialAnalyse 2020


lackner_alfredUniv.-Lektor Mag. Alfred Lackner
Geschäftsführer

LACKNER & KABAS Management Assessments Psychologie


euler-rolleDieter Euler-Rolle, CMC

Master HR Consulting GmbH


autengruber_ursula_structogram Mag. Ursula Autengruber, CMC

Structogram Österreich


Lohff_Andreas_EcutAndreas Lohff

cut-e GmbH


Altmayer_lina_schuhfriedMag. Lina Altmayer

Schuhfried GmbH


Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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