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Coaching-Ausbildung nach der Ausbildung. Wann & was & wie ist sie notwendig?

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Eine Ausbildung zu Beginn der Coaching-Karriere steht außer Frage. Dann geht’s erst mal in die Praxis, Erfahrung sammeln, coachen, arbeiten,… Ist das ausreichend? Wie lange ist das ausreichend? Wann sollte wieder Weiterbildung ins Auge gefasst werden?

Diese Fragen sind zu allgemein? Dann stelle ich sie ein wenig konkreter. Ich stelle sie aus Sicht desjenigen, der einen Coach für das eigene Unternehmen, die Führungskräfte, die … sucht und auch aus Sicht eines Coachs: in wie weit soll / muss er sich ständig weiter-bilden (nicht nur weiter-entwickeln).

Experten-Interview

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Meine heutigen Interview-Partner: Vertreter von Coaching-Ausbildungen.

Wie wichtig und wie hoch schätzen Sie die Lernbereitschaft von Coaches ein?

Mag. Michael Tomaschek, MSc (E.S.B.A.): Coachen ist wie Golfspielen, das kann man nie! und das ist auch das schöne und faszinierende daran. Es gibt immer noch etwas Neues und jeder Kunde ist einzigartig und damit muss der Coach ständig variieren und neu adaptieren. Auch wenn Coaches Routine entwickeln und Lieblingsmethoden haben, erfordert die Komplexität der Themen und Menschen oft andere Zugänge und alternative Herangehensweisen. Daher hat der Coach ständig zu lernen und neues Auszuprobieren um flexibel und für Kunden nützlich zu sein und an Methoden gibt es unzählige und auch aus ganz anderen Bereichen und Kontexten lassen sich Methoden und Ansätze ins Coaching übertragen. Nicht zuletzt ist Coaching eine Anregung zur Reflexion und die sollte tunlichst beim Coach selber beginnen und davon kann man nie genug haben – nicht nur als Nachweis für diverse Zertifizierungen.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Coaches müssen sich (wie Verhaltenstrainer), unabhängig vom Stand ihrer fachlichen und persönlichen Entwicklung sowie Erfahrung, stets als Lernende verstehen und begreifen. Das heißt, sie müssen regelmäßig ihr Vorgehen und Verhalten hinterfragen – nicht nur um ihre Professionalität und somit ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Noch viel entscheidender ist: Coaches erwarten von ihren Klienten, also den Coachees, dass sie bereit sind, ihre Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verändern. Signalisiert ein Coach nicht „Auch ich bin hierzu (bei Bedarf) bereit“, wird er für den Coachee unglaubwürdig – das heißt, seine Wirksamkeit sinkt. Überspitzt kann man sagen: Ein Coach, der nicht lernbereit ist, ist kein Coach – zumindest kein guter, weil ihm eine, der für ein effektives Coaching nötigen Grundhaltungen, fehlt.

Wie oder woran kann ein Coach seine Lernfelder erkennen?

Mag. Renate Strommer (ASO & WiLAk): „Ohne Beobachter gibt es keine Beobachtung.“ (nach Maturana) Die Welt des Beobachters, in unserem Fall des Coaches wirkt sich auf die Beobachtung aus, und daher auf das, was der Coach in den Prozess einbringt. Dies ist uns (nicht) bewusst (unsere Wert, Erfahrungen, Glaubensätze, Verhaltensmuster, Erwartungen, Anforderungen an sich und andere, etc.). All das wirkt in der Interaktion zwischen Kunden und Coach.
Der Coach kann es bemerken, wenn er achtsam mit sich ist, z.B. fühlt er Unsicherheit, Unbehagen, Angst, Wut, oder es sind diffuse Gefühle oder ein Impuls auszuweichen, zurückzuweichen, etc., unterschiedliche Gefühle, wenn Themen immer wieder auftauchen, oder ein Gefühl entsteht, zurück an den Start geschickt zu werden oder es zu leicht geht, der Coachee nicht in die Umsetzung geht, … usw.
Um herauszuarbeiten, welche Lernfelder da sind, darf der Coach konkret hinschauen. Dazu ist grundsätzlich Supervision hilfreich.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Die wichtigsten Indizien für Lernfelder sind der Coach selbst und der Coachee – also die am Coaching-Prozess beteiligten Personen sowie die Beziehung zwischen ihnen. Spürt ein Coach im Coaching-Prozess zum Beispiel immer wieder, dass er sich beim Besprechen sowie Bearbeiten bestimmter Themen und Problemstellungen unwohl fühlt, dann ist dies ein Indikator für ein Lernfeld bei ihm – sei es in persönlicher oder fachlicher Hinsicht. Ebenso verhält es sich, wenn ein Coach im Coaching-Prozess mehr oder weniger häufig zum Beispiel spürt oder registriert: „Irgendwie finde ich keinen richtigen Draht zu meinem Klienten“. Oder: „Irgendwie gelingt es mir nicht, bei dem Coachees, die nötigen Reflexions- und somit Einstellungs- und Verhaltensänderungsprozesse auszulösen.“ Auch dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich dahinter ein Lernfeld verbirgt, das der Coach bearbeiten sollte – zumindest, wenn sein Selbstanspruch lauten: Ich will meine Coaching-Kompetenz erweitern bzw. erhöhen.

DI Elisabeth Alder Würrer (Alder Consulting): Am besten wohl in der Reflexion seiner Tätigkeit. Selbstreflexion, Intervision und Supervision sind deshalb so wichtig weil sie die Möglichkeit geben ein Bauchgefühl zu verbalisieren. Zusätzliche Erkenntnisse bringt die Fremdsicht auf dargestellte Fälle.

Welche Wege finden Sie sinnvoll, welche Coaches nützen können, um diese Lernfelder zu füllen?

Mag. Renate Strommer (ASO & WiLAk): Die Sinnhaftigkeit hängt an dem, was ich erreichen will. Welches Lernfeld will ich füllen?
Supervision unterstützt qualitatives Lernen durch Reflexion des Tuns, um Strukturen, Bedeutung, Wirkung zu erkennen. In der Gruppen-Lehr-Supervision wird an Hand von konkreten Coachingfällen mit den Coaches gearbeitet. Die TeilnehmerInnen (SupervisandInnen) lernen zusätzlich auch aus den Fällen der Anderen.
Selbsterfahrung (Einzel- und Gruppenselbsterfahrung) unterstützt dabei, die eigenen Themen/Muster/Werte/Haltung/ … zu erkennen und unterstützt persönliche Weiterentwicklung.
Intervision, ein Austausch unter Experten, kann unterstützend wirken, insbesondere fachlicher Austausch.
Seminare und Weiterbildungen sind Trainings, die zu einem Thema Inhalte und Methoden vermitteln.

Mag. Michael Tomaschek, MSc (E.S.B.A.): Je nach Aufgaben und Anlassfall gibt es unterschiedlichste Zugänge seine eigenen Lernfelder zu bearbeiten. Geht es vordergründig um eigene Befangenheit oder gefühlte Einschränkungen und Ressentiments gegenüber dem Thema oder der Person, dann ist Supervision oder Selbsterfahrung, je nach Tiefe der emotionalen Reaktion hilfreich.
Methodische Weiterbildungen in denen vor allem praxisorientiert geübt und experimentiert werden kann in einem geschützten Rahmen um auch mal „über die Stränge zu schlagen“ ist sehr bereichernd, da im Alltag am Kunden oft nicht die Möglichkeit besteht neues auszuprobieren oder es auch nicht angebracht wäre Kunden als Versuchsobjekte auch noch dafür bezahlen zu lassen.
Auch schadet es nicht mal bewusst die Seiten zu wechseln und aus der führenden aktiven Rolle mal wieder sich als Konsument verwöhnen und servicieren zu lassen. Viele Kolleginnen aus dem Trainingsbereich berichten oft, dass dieser Perspektivenwechsel Ihnen immer gut tut und vieles wieder neutralisiert- auf gut wienerisch Sie wieder auf den Boden bringt- und aus einem anderen Blickwinkel erscheinen lässt.
Ein gutes Buch, sich entspannen und mal bewusst Auszeit zu nehmen und über seine Rolle, Methoden, Wirkungen, Kunden und Themen mal mit einem gewissen Abstand zu reflektieren wird auch oft unterschätzt und ist wohl die angenehmste Form zu lernen. Oft hab ich den Eindruck in unserer Generation ist lernen immer noch mit Begriffen wie Ausdauer, Disziplin, Sitzfleisch, viel Theorie usw. negativ besetzt. Da kann man sich schon ein Beispiel an den „Jungen“ nehmen, die gehen oft viel lockerer und spielerischer an Neues heran, lernen was dabei und haben sogar noch Spaß .

DI Elisabeth Alder Würrer (Alder Consulting): All das Genannte ist hilfreich. Ich erlebe seit nunmehr acht Jahren wie sehr internationale Intervisionsgruppen weiterhelfen. Dabei sind die Teilnehmer aus verschiedenen Ländern. Das bringt noch einmal mehr Diversität in die Sichten zu den Fällen und Informationen aus anderen Ausbildungen und anderer Praxis.

Bieten Sie Weiterbildungen für erfahrene Coaches an?

Mag. Michael Tomaschek, MSc (E.S.B.A.): In der E.S.B.A bieten wir für unsere AbsolventInnen regelmäßig die Möglichkeit an Supervisionstagen teilzunehmen und in einer eignen Ausbildungsreihe finden in der sogenannten Meisterklasse Aufbauausbildungen für spezifische Methoden oder Anwendungsfelder an. So startet z.B. im Herbst eine Neue Meisterklasse zum Thema „online-Coaching“.
Wir bieten auch unseren Absolventinnen und Teilnehmerinnen die Möglichkeit des Co-Coachings an, um in einem Tandemmodel reale Kunden zu coachen und danach in einer Intervision gemeinsam zu reflektieren.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Ja, ich habe mich mit meinem Unternehmen seminar consult auf die Aus- und Weiterbildung von Trainern, Coaches und Beratern spezialisiert. So steht in nächster Zeit das Thema „Achtsamkeit im Coaching“ oder „Arbeiten mit dem inneren Team“ am Programm. Wir führen aber auch regelmäßig Weiterbildungen durch, bei denen das Thema „Humor als Interventionsinstrument“ eine wichtige Rolle spielt. Denn eine Herzensangelegenheit von mir ist es, dem Coaching auch eine gewisse Leichtigkeit zu geben. Denn im Coachingprozess geht es in der Regel darum, Menschen neue Denk- und Handlungsperspektiven zu eröffnen und sie zu ermutigen, neue Wege zu beschreiten. Mit einem tonnenschweren (psychischen) Ballast auf den Schultern schafft das niemand. Deshalb sollte die gemeinsame Arbeit von Coach und Coachee auch Spaß machen und befreien – und Humor ist hierzu ein vorzügliches Instrument. Und der Coachee? Er sollte sich im Idealfall auf die Coaching-Sitzungen freuen.

DI Elisabeth Alder Würrer (Alder Consulting): Ich biete immer wieder Weiterbildungen an. Besonders zu meinen Schwerpunkttehmen Netzwerken, Change und Kultur. Wobei ich denke, dass besonders das Kulturthema in nächster Zeit noch wichtiger werden wird.

Mag. Renate Strommer (ASO & WiLAk): Die ASO & WiLAk GmbH hat sich mit der ASO – Akademie für systemisches Coaching und Organisationsberatung auf die Weiterbildung von Coaches spezialisiert:

  • Lehrgang „Systemisches Coaching“ mit Team- und Krisen-Schwerpunkt
  • Teamcoaching-Schwerpunkt (als Upgrade buchbar)
  • Krisen-Schwerpunkt für die Arbeit mit persönlichen Krisen im Coaching (als Upgrade separat buchbar)
  • „Systembrett- und Bodenankerarbeit“ mit Fokus auf Organisation und Berufswelt, in dem besonders auf das Erkennen, Wirken und Verändern von Dynamiken fokussiert wird.
  • Lehrgang Supervision
  • Lehrgang Organisationsentwicklung
  • Lehrgang Burnout-Prophylaxe und Stressabbau
  • Lehr-Supervision (Einzellehrsupervision, Gruppenlehrsupervision)
  • Einzel- und Gruppenselbsterfahrung
Macht es wirklich Sinn unterschiedliche Schulen und methodische Ansätze zu lernen, oder wäre es nicht besser sich klar als ein Coach einer Richtung zu deklarieren (z.B. Systemischer Coach, NLP- Coach, Analytischer Coach,…) ?

Mag. Michael Tomaschek, MSc (E.S.B.A.): Coaching ist primär ein Setting und keine Methode und beschreibt den Rahmen, die Rahmenbedingungen und Aufgaben sowie die Rolle und Funktion eines Coach. Welche Methoden innerhalb dieses Rahmens angewendet werden hängt ausschließlich von der Kompetenz und Qualifikation oder auch der Zielgruppe und den Themen ab die Kunden ins Coaching einbringen.
Es gibt nicht DIE Methode oder Schule, schon gar nicht die richtige oder falsche für das Setting Coaching. Dennoch macht es für einen selber Sinn sich in einer Richtung zu vertiefen und diese Methode auch wirklich zu beherrschen, als 100te und von deren Hintergründen und Praxis nicht viel verstanden zu haben. Im Coaching ist es ebenso wir z.B. in der Psychotherapie aber symptomatisch, dass die die wirklich gut sind und als solche von den Kunden eingeschätzt werden meist ein größeres Methoden Repertoir aufweisen und nicht nur in einer Schule und Tradition verhaftet sind und links und rechts nichts anderes gelten lassen. Die Coaching Praxis ist so vielfältig wie eben Menschen sind und nur mit einem Werkzeug z.B. einem Hammer zu hantieren hat schon Paul Waztlawik pointiert beschrieben sieht dann in allem nur einen Nagel.

Wie beurteilen Sie die Qualität der Aus- und Weiterbildungen für Coaches?

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Grundsätzlich hat sich ihre Qualität meines Erachtens gebessert. Mit einer gewissen Sorge beobachte ich aber, dass immer mehr Coaching-Kompaktausbildungen angeboten werden, in denen die Teilnehmenden angeblich an ein, zwei Wochenenden den Beruf Coach erlernen. Aus meiner Warte geht das nicht – unabhängig von der Vorqualifikation der Teilnehmer. Nicht nur aufgrund der fachlichen Kompetenz, die ein Coach braucht. Noch entscheidender ist für mich, dass das Coach-sein auch eine gewisse Haltung und Persönlichkeit erfordert. Und diese kann man nicht an ein, zwei Wochenenden entwickeln. Für das Coach-werden gilt ebenso wie für alle Personalentwicklungsprozesse: Diese Prozesse erfordern ihre Zeit, und man kann sie nicht beliebig beschleunigen. Gute Coachs müssen sozusagen.

Wofür sind Zertifizierungen, z.B. ISO-Zertifizierung für Coaches oder Listungen in Dachverbänden wie z.B. ACC oder ÖVS oder ÖCert in Österreich wichtig?

Mag. Renate Strommer (ASO & WiLAk): Zertifizierungen und Verbände haben zum Ziel, Qualitätsstandards zu definieren und Qualifikationslevel transparent zu machen. Dies hilft in einem unübersichtlichen Markt einerseits den Kunden und dem Coach, andererseits aber auch dem zukünftigen Coach in der Auswahl von Ausbildung. Für Ausbildungsinstitute kann dies ein Anstoß sein, sich mit Qualitätskriterien auseinanderzusetzen und den Teilnehmern Möglichkeiten der Nutzung von Berufsplattformen (z.B. Listung) zu eröffnen.

DI Elisabeth Alder Würrer (Alder Consulting): Wenn Ihr Coach auch Supervisor ist im ÖVS, dann muss er regelmäßig Weiterbildung sowie Intervision/Supervision nachweisen, um auf der Liste zu bleiben. Diese Gruppe der Coaches hat sich entschlossen der Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu geben.


Die Gesprächspartner

„Coaching-Ausbildung nach der Ausbildung. Wann & was & wie ist sie notwendig?“

alder_elisabeth_oaggElisabeth Alder-Würrer
Geschäftsführerin

Alder Consulting


tomaschek_michael_esbaMag. Michael Tomaschek, MSc
Leitung

E.S.B.A- European Systemic Business Academy


prohaska_sabine_100Mag. Sabine Prohaska
Geschäftsführerin

seminar consult prohaska


strommer_renate_asoMag. Renate Strommer
Geschäftsführerin

ASO & WiLAk GmbH


Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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