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Streitkultur | Wenn Konfliktvermeider zu Berserker werden

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Was zeichnet unsere Streitkultur aus? „Gute Miene zum bösen Spiel machen“, „Der Klügere gibt nach“ oder „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Das sind bekannte Redewendungen, die sehr gut zeigen, wie wir in Punkto Konfliktverhalten ticken.

Nur nicht anecken, nicht auffallen und in heiklen Situationen ja nicht aus der Deckung wagen  – das sind die Dogmen, die hinter solchen Statements stecken. Anpassung und Rücksichtnahme um jeden Preis gelten in unserer Gesellschaft als geschätzte Tugenden.

Streitkultur – Der Konflikttyp des netten Menschen

Aufgrund dieser Prägung ist es wenig verwunderlich, dass viele Menschen konfliktscheu sind und Streitigkeiten vermeiden. In unserer Kultur führt das dazu, dass diese Personen häufig mit charakteristischen Eigenschaften beschriebenen werden, die auf den ersten Blick sehr positiv klingen. Wir alle kennen diese „ausgesprochen netten Freunde, Kollegen oder Chefs“.

Oft ist zu beobachten, dass diese Menschen eigene Strategien im Umgang  mit Konflikten verfolgen. Passivität und Absenz, sofortiger Rückzug nach Gegenrede oder „den Ärger einfach runterschlucken“ – das sind nur einige Beispiele, wie konfliktvermeidende Personen im Streitfall agieren. Beim Gegenüber ist so ein defensives Konfliktverhalten natürlich gern gesehen. Denn bei so wenig Widerstand lassen sich die eigenen Interessen locker durchsetzen.

Dass sich dieser nette Mensch aber viel Gefallen lässt und vielleicht öfter als für ihn gut ist, gute Miene zum bösen Spiel macht – dieser Gedanke liegt uns fern. „Ich habe ihn noch nie wütend gesehen“ – in unserer Konfliktkultur ist das wie ein Ritterschlag. Hier wird jemand, der offensichtlich bis zur Selbstverleugnung nach Harmonie strebt, zum leuchtenden Vorbild im Konfliktfall hochstilisiert. Und genau damit liegen wir falsch.

Denn Menschen, die einen Konflikt immer negieren oder ausweichen, nehmen dadurch allen Beteiligten die Möglichkeit, sich über die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Meinungen auszutauschen. Wer sich im Konfliktfall zurückzieht, bringt keine Lösung, sondern legt das heikle Thema nur auf Eis. Und schafft damit die Basis für den besonders destruktiven, kalten Konflikt.

Streitkultur – Wenn der Vulkan ausbricht

Dass nette Menschen auch anders können, zeigt sich spätestens dann, wenn deren vermeintlich unendliche Toleranz erschöpft ist. Dann heißt es gnadenlos: „Jetzt  reicht‘s.“ Es ist dieser berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Und aus einem Vermeider einen Konflikttypen macht, der entweder wie ein Vulkan ausbricht oder – auch oft gesehen – einen konsequenten Abgang macht.

Beim Typ „Vulkanausbruch“ kommt alles an die Oberfläche, was der Vermeider über die Jahre runtergeschluckt hat. Oft bei einem vermeidlich nichtigen Thema. Wenn es reicht, werden dem Gegenüber alle alten Rechnungen serviert. Wie eine Lawine rollen dann die Vorwürfe auf das Gegenüber zu. Hoch emotional und unstoppable. In so einer Situation ist es nahezu unmöglich, das Gespräch wieder auf eine konstruktive Ebene zu bekommen.

Gar nicht mehr möglich das bei der Variante „konsequenter Abgang“. Praktiziert von jenen Personen, die sich beim Überschreiten der persönlichen Schmerzgrenze einfach umdrehen und gehen. Das ist der Mitarbeiter, der kündigt, ohne jemals jene Punkte angesprochen zu haben, die ihn stören. Und das ist der Beziehungspartner, der den anderen verlässt, ohne jemals die eigenen Bedürfnisse thematisiert zu haben.

Fazit

Wegducken, Ausweichen oder Verdrängen – diese Verhaltensmuster sind destruktiv und schaffen in Konfliktsituationen nur Verlierer. Unstimmigkeiten bereits beim ersten Auftauchen anzusprechen, Unklarheiten zu hinterfragen und die eigene Sichtweise zu deponieren – das ist mit Sicherheit zielführender.

Das erfordert aber den Mut, in Konfliktsituationen klar Position zu beziehen und auch die Bereitschaft, notwendige Grenzen aufzuzeigen. Also genau jene Verhaltensweisen, die nicht dem Mainstream unserer Gesellschaft entsprechen.

Daher sollten wir im Konfliktfall immer daran denken: „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.


„Schweigen ist die unerträglichste Erwiderung.“
(Gilbert Keith Chesterton, engl. Schriftsteller)

Streitkultur | Wenn Konfliktvermeider zu Berserker werden

Harald Schmid | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Harald Schmid ist Berater und hat sich auf firmeninterne schwierige Situationen wie Konflikt- und Trennungsmanagement, Personalkostenoptimierung und Outplacement spezialisiert. Er kann dabei auf seine langjährige Erfahrung als Personalleiter in namhaften Unternehmen zurückgreifen. Seit 2012 agiert er mit seinem Unternehmen klaglos.at erfolgreich am Markt.

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