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„Sie sparen Zeit“ – mit diesem Versprechen bietet uns die Industrie permanent neue Produkte und Dienstleistungen. Je intensiver wir diese nutzen, umso stärker stehen wir scheinbar unter Zeitdruck. Und die Kommunikation? Sie reduziert sich auf eine wechselseitige Information.

Gast-Autorin: Barbara Liebermeister

Ähnlich verhält es sich in den Unternehmen. Obwohl heute fast alle Geschäftsprozesse IT-gestützt ablaufen, haben die Beschäftigten das Gefühl: Wir können mit den Marktveränderungen immer weniger Schritt halten.

INHALT

Eine zentrale Ursache ist: Die Vorzüge der modernen Technologie nutzen alle Unternehmen. So werden in der gesamten Wirtschaft die Geschäftsprozesse schneller und die Innovationszyklen kürzer. Und der effektive Umgang mit der Zeit? Er wird immer mehr zum Erfolgsfaktor.

Multitasking prägt den Alltag

Auf den wachsenden Zeitdruck reagieren viele Menschen privat, indem sie ihr häusliches Umfeld noch stärker technisieren, so dass fortan zum Beispiel ihre Gärten auf Knopfdruck gewässert werden. Außerdem praktizieren sie ein Multitasking, obwohl Studien belegen: Menschen sind schlechte Multi-Tasker. Mehrere Dinge parallel zu tun, bedeutet stets, seine Aufmerksamkeit zu teilen, was zu mehr Fehlern führt.

In den Unternehmen ist das Multitasking gängige Praxis. Das bringen die modernen Arbeitsstrukturen mit sich. Heute haben nur noch wenige Arbeitnehmende eine Stellenbeschreibung mit genau definierten Aufgaben. Sie sollen vielmehr im Team vorgegebene Ziele erreichen. Sie sind bei ihrer Arbeit von der Zuarbeit von Kollegen abhängig und müssen häufiger auf deren Anliegen reagieren. Entsprechend schwer können sie ihren Arbeitstag planen – speziell dann, wenn sich auch die Zielvorgaben oft wandeln. Außerdem erledigen sie meist mehrere Aufgaben parallel. Auch das kostet Konzentration und produziert Stress.

Auf der organisationalen Ebene verhält es sich ähnlich. Früher galt bei der Organisationsentwicklung die Maxime: Nach einem Veränderungsprojekt sollte in einem Unternehmen einige Zeit Ruhe herrschen, damit sich der neue Ist-Zustand festigen kann und die Mitarbeitenden verschnaufen können.

Heute laufen in den meisten Unternehmen so viele, sich überlappende (Change-, Innovations- und Transformations-)Projekte parallel, dass das sogenannte Multi-Projekt-Management sich zu einer neuen Schlüsselkompetenz entwickelt hat.

Kommunikation reduziert sich auf Information

Das Leben und Arbeiten in einem solchen Umfeld hat Konsequenzen. Ein Beispiel: Unternehmen betonen immer wieder, ihre Führungskräfte seien für die Entwicklung ihrer Mitarbeitenden mitverantwortlich. Faktisch sinkt aber in den meisten Betrieben die Zeit, die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden face-to-face kommunizieren, kontinuierlich – auch weil heute ein großer Teil der firmeninternen Kommunikation digital erfolgt, insbesondere wenn viele Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten und die Teams weitgehend „virtuelle“ sind.

Dadurch wird der „soziale Kitt“ in den Unternehmen brüchig. Es macht einen qualitativen Unterschied, ob man nur die Mail einer Person liest oder ihr gegenüber sitzt, ihr in die Augen schaut, ihre körperlichen Reaktionen wahrnimmt und darauf reagiert. Das schafft eine andere Qualität der Beziehung sowie des wechselseitigen Verstehens; außerdem eine höhere Verbindlichkeit. Deshalb ist es kein Zufall, dass bei der digitalen Kommunikation viel häufiger Konflikte entstehen und eskalieren.

In vielen Unternehmen reduziert sich die zwischenmenschliche Kommunikation heute auf eine wechselseitige Information. Dabei wird zweierlei übersehen:

  • Erstens: Die menschliche Kommunikation lebt auch davon, dass die Gesprächspartner ihr jeweiliges Gegenüber als Individuum wahrnehmen und erleben.
  • Zweitens: Der persönliche Kontakt ist auch für die Beziehungsbildung und den Vertrauensaufbau wichtig.

Identifikation mit den Unternehmen sinkt

Kommt in einer Organisation die persönliche Kommunikation zu kurz, hat das oft weitreichende Auswirkungen:

  • Die Mitarbeitenden fühlen sich weniger als Person wahrgenommen und wertgeschätzt,
  • sie können sich weniger als Ganzes in die Organisation einbringen,
  • ein Erfahrungslernen wird erschwert,
  • Flow-Erlebnisse im Team werden vereitelt und
  • Konflikte werden nicht oder auf dem falschen Weg (zum Beispiel per Mail) ausgetragen.
  • Dadurch sinkt auch die Produktivität.

Eine weitere Konsequenz ist: Das Vertrauen zwischen den Beschäftigten sowie den Führungskräften und ihren Mitarbeitenden sinkt, was zu einer geringeren Identifikation mit dem Unternehmen führt. Führungskräfte sollten sich daher Gedanken darüber machen:

  • Wann und was kommunizieren wir bewusst nicht per Mail bzw. digital, sondern im persönlichen Kontakt? Und:
  • Wie fördern wir bei einer weitgehend virtuellen Zusammenarbeit die informelle Kommunikation, da auch sie für den Beziehungsaufbau wichtig ist?

Sonst besteht die Gefahr, dass sie mit ihren Mitarbeitenden irgendwann fast ausschließlich mittels elektronischer Medien kommunizieren – gerade, weil diese Form der Kommunikation so einfach und bequem ist.

Die „Seele“ der Unternehmen bewahren

Führungskräfte in den Unternehmen sollten sich fragen: Wie schaffen wir in unserer Organisation eine neue Balance zwischen

  • Verändern und Bewahren,
  • An- und Entspannung,
  • betriebswirtschaftlichen Erfordernissen und menschlichen Bedürfnissen?

Sonst besteht die Gefahr, dass ihre Unternehmen seelenlose Wesen werden, mit denen sich die Mitarbeitenden immer weniger identifizieren.

Gast-Autorin

Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Wiesbaden (www.ifidz.de). Die Managementberaterin und Vortragsrednerin ist unter anderem die Autorin des Buchs „Die Führungskraft als Influencer: In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“.

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