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Ode an die „Working Horses“ | Wie fördern wir die unsichtbaren Helden unserer Organisationen?

8Aug2025
5 min
Working horses

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Sie tragen nicht die lautesten Stimmen in Meetings, aber oft das meiste Gewicht im Alltag. Höchste Zeit, unseren ‚stillen Stützen‘ die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen.

Gast-Autorin: Katharina Stadtler

In Organisationen stehen oft High Potentials und die sogenannten „Pappenheimer“ im Fokus. Dabei geraten die zuverlässigen „Working Horses“ leicht in Vergessenheit – jene Personen, die „pflegeleicht“ mit Loyalität und Beständigkeit den Alltag meistern und so mitverantwortlich für den nachhaltigen langfristigen Unternehmenserfolg sind. Ohne sie würde der Betrieb nicht funktionieren.

Wie können wir diese wichtige Zielgruppe fördern?

Vorneweg braucht es eine kurze Abgrenzung von den High Potentials (= „HiPos“) und den Working Horses. Der Ansatz, der mir in der Praxis am stärksten zusagt, ist jeder von Jack Zenger and Joseph Folkman, den sie 2017 in der Harvard Business Review erklärt haben.

Laut den beiden Autoren es ist ausgesprochen schwierig die „HiPos“ zu identifizieren, aber es sind für sie die obersten 5% der Belegschaft, wenn es um Können, Motivation und Potential geht. Nun, auch wenn diese 5% großartig sind, von ihrem Erfolg allein wird ein Unternehmen nicht leben können. Auch ist der Faktor des Potentials eine unsichere Zukunftsgröße.

Wenn wir empirisch eine klassische Gauß’sche Verteilung annehmen, wird es im Umkehrschluss auch ca. 5% „Pappenheimerschaft“ geben. Dann bleiben  90% im Kollegium, die solide leisten, und so ihren Beitrag zur langlebigen Gesundheit des Unternehmens beisteuern. Ich habe in diversen Firmen und in meinem beruflich-privaten Umfeld nachgefragt, was diesen Personen eigentlich wichtig ist und was man tun kann, um sie bewusst zu fördern. Mir wurde sogar einmal entgegengeworfen, dass das ja eine langweilige Fragestellung wäre. Das sehe ich anders. Ich glaube, dass diese 90% die Krisenfähigkeit eines Unternehmens ausmachen. Deswegen möchte ich hier meine persönlichen (wohlgemerkt unwissenschaftlichen) Erkenntnisse teilen.

Real Talk aus der Mitte der Organisation

„Ich will ein faires Gehalt.“

Eine schwierige Frage. Was heißt „faires“ Gehalt? Mein Ansatz – ein Mittelwert aus dem Benchmark bei Konkurrenz und Partnerbetrieben, um am Arbeitsmarkt kompetitiv zu bleiben, ergänzt durch ein logisches internes System, welches an Verantwortung, Komplexität der Aufgaben sowie Seniorität ansetzt. Wer denkt, dass ein Vertragsabsatz, der ein Stillschweigen über die eigene Kompensation fordert, verhindert, dass man sich intern austauscht, unterschätzt das Fairnessstreben von Individuen stark. Geheimniskrämerei zerstört hier oftmals Vertrauen und fördert eine Neidkultur. Mir wurde mehrmals gesagt, dass es auch sehr weh tut über mehrere Ecken zu erfahren, dass das eigene Gehalt, trotz Zuverlässigkeit und stetiger guter Leistung unverschämt weit unter dem Durchschnitt liegt.

In einer Zeit, in der uns die Lohntransparenzrichtlinie bevorsteht, sollten Organisationen daher, um insbesondere die Leistungsträgerschaft zu motivieren, auf ein faires transparentes System setzen, in dem man sachlich argumentieren kann. Wer Organisationsmitglieder „fair“ behandelt, kann auch in schwierigen Zeiten auf Loyalität und Motivation setzen.

„Ich will einfach in Frieden meinen Job machen können.“

Glosende Konflikte sind die Erzfeinde der Working Horses. Sie machen ihren Job gut und gerne. Wenn allerdings unkonstruktive Konflikte das Teamgefüge oder/und die Zusammenarbeit mit essenziellen Schnittstellen stören, führt das zu viel Frustration sowie Reibungsverlusten.

Als Führende ist man daher gefordert eine Kultur der Reflexions- und Konfliktfähigkeit auf- und auszubauen. Das heißt dem Kollegium Trainings zu Kommunikations- und Konfliktkompetenzen anzubieten, eine gemeinsame respektvolle Streitkultur zu pflegen und sich nicht zu fürchten disziplinarisch-relevantes Fehlverhalten abzumahnen. Wenig demotiviert so sehr, wie Fehlverhalten ungestraft zu lassen. So räumen Sie Ihrem Leistungsfundament Steine aus dem Weg.

„Ich will , dass meine Technik funktioniert.“

Ein unglaublicher Frustfaktor beim Leistungsfundament von Organisationen sind Leerläufe, weil technisches Equipment, Soft- oder Hardware nicht funktionieren. Es ist unglaublich, wie hoch die Opportunitätskosten von technisch bedingten Leerläufen sind, wenn man sie auf ein Jahr hochrechnet.

Daher stärkt es der Zielgruppe den Rücken, wenn die interne IT gut besetzt und ausgebildet ist, um schnelles effizientes Problemlösen zu gewährleisten. Bei externen IT-Services ist es wichtig Serviceverträge abzuschließen, die zum Arbeitsrhythmus passen und diese Geschäftsbeziehung auch gut zu pflegen.

„Ich will gesehen und geschätzt werden.“

Solide Leistungstragende dürfen nicht als selbstverständlich angesehen werden. Ein qualitatives Mitarbeiter- oder Feedbackgespräch ist ein schönes Statement gegenüber der Arbeit der „Working Horses“. Sie haben vielleicht nicht die innovativsten Projekterfolge und sind oftmals nicht die lautesten Kolleginnen und Kollegen im Jour Fixe, aber sie bringen solide wichtige Leistungen.

Wer als Führungskraft dennoch genau hinsieht und anhand von konkreten Beispielen aus dem Arbeitsalltag fundiertes Feedback gibt, hält diesen Personen den Himmel. Gesehen und ehrlich geschätzt zu werden kann Berge versetzen. Ich durfte in meiner Berufspraxis eine Führungskraft kennenlernen, die über das Jahr verteilt in einem kleinen senfgelben Büchlein Erfolge mitnotiert hat.

Zum Jahresgespräch waren Anekdoten und konkrete Situationen sofort zur Hand und man erhielt Feedback und Anerkennung mit Hand und Fuß. Hier kann es eine wertvolle Hilfe sein, Führende in der Vorbereitung von Mitarbeitergesprächen zu unterstützen sowie Skills wie Gesprächsführung proaktiv zu üben und pflegen. 

„Ich will mich entwickeln dürfen.“

Wegen knapper Ressourcen im Bereich Entwicklung erhalten viel zu oft nur Führungskräfte, die Superstars und die Pappenheimerschaft, bei denen man doch noch vor einer Trennung Potential rauskitzeln will, Aus- und Weiterbildungsangebote.

Allerdings wäre es so unglaublich wichtig auch den „Working Horses“ Perspektiven aufzuzeigen und Maßnahmen zukommen zu lassen. Denn wir alle wissen – Entwicklung ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit unserer Organisation. Es ist fahrlässig 90% der Mitarbeiterschaft nicht bewusst zu fördern bzw. ihre Karriereplanung brach liegen zu lassen. Auch hat mir die Praxis oft gezeigt, dass es nicht immer die klügste Entscheidung ist, die beste „HiPo“ Fachkraft zur Führungskraft zu befördern.

Daher ist hier kluges Zuhören und offener Dialog gefordert. Hat die Person selbst Entwicklungsfelder identifiziert oder möchte man sich in eine neue Rolle weiterentwickeln? Wer weiß? Vielleicht steckt in Ihrem Leistungsträger ein verstecktes Potential, das sich durch gezielte Förderung entfalten kann.

Fazit

Während also in der Berufspraxis oftmals die Mailbox von Führenden und HR von den „HiPos“ und der „Pappenheimerschaft“ gefüllt wird, sollten wir das Leistungsfundament bewusst pflegen, indem wir:

  • Faire Entlohnung fördern
  • Eine gesunde Konfliktkultur etablieren und pflegen.
  • Solide Leistungstragende sichtbar machen und wertschätzen
  • Steine, wie technische Probleme, aus dem Weg räumen
  • Entwicklungsperspektiven aufzeigen

Das sind fünf Ansätze, wie wir gemeinsam ein Umfeld schaffen können, in welchem Leistungstragende gerne in die Arbeit kommen und durch ihren Beitrag die langfristige Gesundheit einer Organisation gewährleisten.

Denn am Ende gilt: Ohne unsere „Working Horses“ würde der Karren im Unternehmen ganz schön oft im Sumpf stecken bleiben. Also geben wir ihnen ruhig öfter Mal eine Extraportion Hafer! Vielleicht sollten wir uns im ersten Schritt, bevor wir zu den Maßnahmen in der Praxis übergehen, einen schmeichelhafteren Begriff als „Working Horses“ oder Leistunsgträger einfallen lassen? Wie wäre es mit Kernkräften, Rückgrat der Organisation, Schlüsselpersonal, Erfolgsmotoren, Beständigkeitsträgerinnen oder Antriebskräften? Was meinen Sie?

Ode an die „Working Horses“ | Wie fördern wir die unsichtbaren Helden unserer Organisationen?

Gast-Autorin

Katharina Stadtler, BA, MA, ist Spezialistin Personal- und Organisationsentwicklung bei Bechtle und nebenberuflich Autorin und Trainerin. Ihre fachlichen Themenschwerpunkte sind Unternehmens- und Führungskultur, Change-Begleitung und HR-Digitalisierung. 

Katharina Stadtler

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