KI immer und überall. Die ständige Aufforderung zur Interaktion mit KI und die kontinuierliche Anforderung, sich anzupassen führt zu einer Überforderung und letztendlich Ermüdung aufgrund von KI, einer KI-Fatigue (Ragolane & Patel, 2025).
Autorin: Steffi Bärmann
Die EY-Studie aus dem Jahr 2024 ermittelt, dass 95% der befragten Unternehmen aktiv in KI investieren und KI einen positiven ROI erwirtschaftet. Darüber hinaus führt die Anwendung von KI in den Unternehmen zunehmend zur Überforderung der Mitarbeitenden (53%) und zur Unzufriedenheit (50%) (EY, 2024).
Antreiber von KI-Fatigue
KI-Müdigkeit wird insbesondere durch technologische Unsicherheit, technologische Komplexität und Rollenambiguität gefördert.
Technologische Unsicherheit
Technologische Unsicherheit wird unter anderem durch das Aufkommen ständig neuer Tools, oder Software-Updates verbunden mit neuen Funktionalitäten und Veränderungen der Benutzeroberfläche hervorgerufen. Die Anwendenden sind zur kontinuierlichen Auseinandersetzung mit den KI-Tools gezwungen. Der Kompetenzaufbau hält somit nur kurze Zeit und es entsteht das Gefühl, immer „hinterher“ zu sein. Des Weiteren sind Mitarbeitende angehalten, KI-Ergebnisse zu verwenden, eventuell Entscheidungen anhand von KI-Empfehlungen zu treffen, was Unsicherheit auslösen kann. Mitarbeitende berichten zudem zunehmend von der Angst, den Arbeitsplatz aufgrund von KI zu verlieren bzw. durch KI ersetzt zu werden.
Technologische Komplexität
Die Anwendung von KI führt zu erhöhter technologischer Komplexität. Insbesondere generative KI ist mittlerweile in der Lage, z.B. Codes zu erstellen, hochwertige Texte zu verfassen und Bilder zu erstellen. Verantwortlich für die Zuverlässigkeit der KI-Ergebnisse sind jedoch die anwendenden Menschen. Abhängig vom Anwendungsmodus und der Tragweite von KI-unterstützten Entscheidungen erhöht sich die ethische Verantwortung, die über die bloße Anwendung hinaus, zu beachten ist und die Komplexität erhöht.
Rollenambiguität
Dabei entsteht Rollenambiguität. Mitarbeitende sind angehalten, das KI-Tool entsprechend der Aufgaben und Funktionalität effektiv anwenden zu können. Zugleich wird erwartet, dass sie kritische Reflexionskompetenz besitzen, um die Ergebnisse zu interpretieren, zu evaluieren und ggf. zu adaptieren. Je nach anzuwendenden System kann das zur Unklarheit führen, welche Aufgaben vom Menschen mit welcher Funktion und welche vom KI-System zu erledigen sind.
Strategien gegen KI-Fatigue
KI-Müdigkeit kann auf verschiedenen Ebenen entgegengewirkt werden.
Unternehmensstrategie
Zum einen wird argumentiert, dass eine menschenzentrierte Herangehensweise der KI-Implementierung im Unternehmen förderlich wirkt. Diese beinhaltet eine Unternehmensstrategie, die nicht nur den ROI als Erfolgsfaktor misst, sondern auch die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden mit einbezieht. Es bedarf Rahmenbedingungen, welche die psychologische Sicherheit, Rollenklarheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördern. Dazu gehört der Fokus auf Partizipation der Mitarbeitenden bei der KI-Implementierung, Mitgestaltungsmöglichkeiten, bei denen Mitarbeitende festlegen, wann und wie KI-Tools in ihre Arbeitsabläufe integriert werden.
Training und Kompetenzaufbau
Ein weiterer Aspekt ist das Training der Mitarbeitenden, sowohl kurzfristig im Sinne einer Anwendungskompetenz von KI-Tools, als auch eine langfristige Kompetenzentwicklung, die die Veränderung von Arbeitsplätzen berücksichtigt, und in denen technisches Verständnis, kritisches Denken und ethische Verantwortung geschult werden. Neben der technischen Kompetenz geht es auch um Weiterbildungen, in denen eine Sensibilisierung des Erkennens von Burnout-Gefahr aufgrund des technologischen Stresses und das Fördern von Wohlbefinden entwickelt wird. Die Mitarbeitenden sollen sich kompetent und sich nicht unter Druck gesetzt fühlen.
Human Centered Design
Um KI-Müdigkeit vorzubeugen, ist es hilfreich, KI-Systeme zu implementieren, die einem Human Centered Design entsprechen. Derartige Systeme beachten die kognitiven und emotionalen Grenzen des Menschen, überfordern diese nicht mit unzähligen Nachrichten oder nicht nachvollziehbaren Ergebnissen. Prinzipien der erklärbaren KI (XAI) als Standardanforderung beim Design können die Nachvollziehbarkeit von KI-Ergebnissen unterstützen. Opt-Out-Möglichkeiten für Anwendende, manuelle Nutzungsmöglichkeiten, sowie Feedbackschleifen ermöglichen die Weiterentwicklung der Benutzerfreundlichkeit. In Summe erhöhen diese Maßnahmen die Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden und beugen kognitiven Belastung vor.
Fazit
Es heißt: „KI ist gekommen, um zu bleiben.“ Wenn dem so ist, sind Unternehmen nun in einem weiteren Stadium angelangt. Das geht über den Fokus auf die Funktionalitäten von KI-Technologie hinaus und stellt den Menschen in den Mittelpunkt, bildet Mitarbeitende entsprechend langfristig aus, verwendet Technologien, die den Menschen fördern und gibt Mitarbeitenden Gestaltungsmöglichkeiten sowie Rollenklarheit.
Zwischen Innovation und Erschöpfung | Die wachsende Herausforderung der KI-Müdigkeit
Literatur
Der Artikel basiert hauptsächlich auf den Erkenntnissen der Arbeit von:
- Ragolane, M. Patel, S. (2025). Too much, too fast: Understanding AI Fatigue in the digital acceleration Era. Internation Journal of Arts, Humanities and Social Sciences, Volume 06, Issue no 08: August 2025, DOI: 10.56734/ijahss.v6n8a7
Weiterführend verwendet:
- Arslan, A., Cooper, C., Khan, Z., Golgeci, I., & Ali, I. (2022). Artificial intelligence and human workers interaction at team level: A conceptual assessment of the challenges and potential HRM strategies. International Journal of Manpower, 43(1), 75–88. doi.org/10.1108/IJM-01-2021-0052
- EY (2024). EY AI Survey shows investment boosts ROI, but leaders continue to see risks. Ernst & Young Global Limited.


