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Coaching wurde in den letzten Jahren – auch in Unternehmen – gesellschaftsfähig. Zu Recht. Wie allerdings wird damit umgegangen?Freizügiges Gieskannen-Prinzip? Nur für Führungskräfte? Als Ersatz für Seminare?

Experten-Interview

Coaching in Unternehmen ist derzeit in aller Munde. In welchen Bereichen kann ein Coach ein Unternehmen und seine Mitarbeiter unterstützen?

Mag. Clemens Stieger (GfP Gesellschaft für Personalentwicklung): Coaching hat hier ja eine spannende Entwicklung durchgemacht! Inzwischen gibt es vermutlich keinen Bereich, in dem Coaching nicht Anwendung findet. Schließlich lässt Coaching wunderbar mit jedem anderen Thema verbinden: Vertriebscoaching, IT-Coaching, Schreib-Coaching, Präsentations-Coaching, Performance-Coaching, Trainee-Coaching, usw. Ganz falsch ist das ja auch nicht. Die inhaltlichen Streuungen, was jeweils konkret dabei stattfindet, sind allerdings größer als die Gemeinsamkeiten. Verwirrung bei Kunden nimmt damit zu. Zur Professionalisierung von Coaching trägt das allerdings nicht bei. Coaching ist auf dem besten Weg, zu einer „Leeformel“ zu werden.

Dr. Günter Lueger (Solution Management Center): Neben den Klassikern wie Bewältigung von Stress, Karriereentscheidungen, Umgang mit Konflikten und schwierigen Situation kommen in den letzten Jahren neue Themen zunehmend im Coaching auf. Der Umgang mit der enormen Komplexität und die vielen Zwickmühlen stellen nicht nur die Top-ManagerInnen vor oft kaum zu lösende Probleme. Somit ist das Thema „Aufbau von Resilienz“ (Stehauf-Menschen-Qualität) zunehmend im Coaching wichtig, um in höchst schwierigen und anspruchsvollen Situation noch professionell reagieren zu können.

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Coaching wird in Unternehmen zum großen Teil von Führungskräften genutzt, allerdings ist hier im Lauf der Jahre auch ein „Top-down“-Trend erkennbar geworden: Wurde Coaching früher eher als Begleitung von Topmanagern verstanden, so hat es sich mittlerweile als Instrument der Personalentwicklung auch in den unteren Bereichen der Unternehmenshierarchie etabliert.
Als Themenbereiche ergeben sich somit für die Coachings jegliche Führungsthemen, neue Führungsaufgaben und Rollenklärungen. Ähnlich oft wird der Umgang mit schwierigen Situationen, Konflikten oder gar Krisen thematisiert, die Begleitung bei neuen Projekten wird gewünscht, Veränderung ist ein heißes Thema, ob innerhalb des Berufssystems oder darüber hinaus. Nicht zuletzt geht es um die eigene persönliche Entwicklung, um die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft.

Warum dürfen „gewöhnliche Mitarbeiter“ für gewöhnlich kein Coaching in Anspruch nehmen?

Elisabeth Jelinek (Jelinek Akademie): Es ist immer noch ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Coaching für einfache  Mitarbeiter zu teuer ist und sich Führungskräfte durch ein gewisses Maß an elitärem Umgang unterscheiden müssen. Mitarbeiter schickt man besser in ein Training.
Gemessen an vielen Beispielen aus unserer gelebten Praxis und am Output wären oft Coaching-Maßnahmen viel kostensparender und punktgenauer als Trainings-Maßnahmen.
Man müsste vor allem auch viel mehr über sinnvolle Kombinationen nachdenken.
Man könnte sich auch die Frage stellen, was elitärer Umgang wirklich nützt. Was der Firma für wertvolles Potenzial verloren geht, wenn Mitarbeiter ihre Arbeit nur mit einem Teil ihrer Kraft erfüllen können, weil sie durch irgendwelche Blockaden am Einsatz ihres ganzen Potenzials gehindert sind.

Worin sehen Sie künftig weitere Coaching-/Supervisions-Felder?

Dr. Michaela Judy (ASYS): Für einen Zukunftsbereich halte ich die Organisationssupervision, die Teil des operativen Managements eines Unternehmens i.S. effektiver Ressourcennutzung ist. Sie nützt v.a. großen Organisationen, wo die einzelnen Betriebseinheiten zwar nicht in unmittelbarem Kontakt stehen, aber doch koordiniert an gemeinsamen Aufgaben und Zielen arbeiten sollen. Organisationssupervision bedarf klarer Vereinbarungen und beinhaltet regelmäßiger Kontaktphasen zwischen verschiedenen Leitungsebenen und Betriebseinheiten. Da hier in der Regel mehrere Supervisoren/Coaches tätig sind, betrifft die Notwendigkeit von Kontaktphasen auch diese, was wiederum besondere Sorgfalt v.a. in der Vereinbarung der Vertraulichkeitsregel erfordert.

Wie kann Coaching gewinnbringend in der Personalentwicklung eingesetzt werden?

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): In früheren Jahren gab es Coaching oft erst als „Reparatur-Auftrag“, d.h. erst wenn etwas schief gelaufen war bzw. nicht funktionierte – und da wurden oft von den Coaches wahre Wunderdinge, innerhalb kürzester Zeit vollbracht, erwartet. Es wird sie weiterhin geben, diese „Reparatur-Aufträge“, aber mittlerweile erkennt die PE, dass es für alle Beteiligten gewinnbringender ist, wenn Coaching-Maßnahmen präventiv, ressourcenorientiert, eine fachliche und persönliche Entwicklung begleitend angeboten werden. Beispielsweise durchlaufen junge Führungskräfte nicht nur „Potential Workshops“, sondern es wird ihnen zusätzlich Einzelcoaching angeboten – um die Verarbeitung der Workshop-Inhalte und die Umsetzung derer bei den neuen beruflichen Aufgaben zu unterstützen.

Mag. Clemens Stieger (GfP Gesellschaft für Personalentwicklung): Aufgrund der zunehmenden Begriffsverwirrung kommt für die PE zunehmend die schwierige Aufgabe zu, ein spezifisches Verständnis von Coaching zu definieren. Das ist leichter, wenn es bisher noch keine Erfahrungen damit gab.  Sonst ist es durchaus herausfordernd, hier nachträglich eine Schärfung vorzunehmen. Der Eindruck dominiert, dass in Unternehmen Coaching als „Allround-Tool“ verwendet wird, als Ergänzung oder Alternative zum sonst üblichen „Seminartourismus“. Es ist erstaunlich, wie selten eine klare Konzeption und Nutzendefinition für Coaching in Unternehmen vorliegt. Auch Coaching gehört ebenso wie andere PE-Instrumente im Unternehmen eingeführt: mit klarer Zielsetzung, Konzeption und Erfolgsmessung. Da ist in der Regel noch ein weiter Weg zu gehen.

Dr. Michaela Judy (ASYS): Coaching, bzw. Supervision kommt überall dort sinnvoll zum Einsatz, wo Mitarbeitende nicht einfach Anleitungen befolgen sondern eigene Verhaltensroutinen entwickeln und imstande sein müssen, sie sinnvoll und flexibel einzusetzen. Nichts anderes meint Kompetenzentwicklung im Sinn des europäischen Kompetenzrahmens, und diese geht nur über Reflexion und die Passung von persönlichen Verhaltensmustern und Wertvorstellungen mit den Anforderungen der Umwelt, im speziellen des Unternehmens. Besonders sinnvoll ist Coaching überall dort, wo Änderungen – z.B. der eigenen Position im Unternehmen, in der Organisationsstruktur, in Umweltbedingungen, etc. – „Sand ins Getriebe“ streuen. Da kann es viel Zeit, Nerven und Geld sparen, sich mit den Veränderungen proaktiv auseinander zu setzen, ehe sie Ärger machen.

Worauf kommt es an, damit Coaching wirken kann?

Dr. Günter Lueger (Solution Management Center): Neuere Untersuchungen zur Erforschung der zentralen Wirkfaktoren zeigen für die Gestaltung der Suche nach Coaches interessante Ergebnisse. So wird z.B. in der Fachwelt eine heftige Diskussion geführt, welche Coaching-Methode wirksamer ist. Nach den neueren Ergebnissen (z.B. Duncan/Scott oder Haken/Schiepek) kommt der Methode jedoch nur sehr geringe Bedeutung zu. Der wichtigste Einflussfaktor ist der Klient selber mit Aspekten wie hohe Veränderungsmotivation, Selbstreflexion,…(erklärt ca. 40 % des Erfolges). Danach ist die Qualität der Beziehung (Vertrauen, Anschlussfähigkeit bei Sprache und Denkwelt, …) der zweitwichtigste Faktor. Etwas abgeschlagen folgen Zielklärung, Strukturierung der Sitzungen und weitere. Damit liegen die wesentlichen Faktoren in der Hand des Coachee bzw. des Unternehmens, denn hohe Motivation, Bereitschaft sich einzulassen, Klarheit des Veränderungswunsches liegen in der Hand der Coachees. Auch der zweitwichtigste Faktor, die Beziehungsebene kann bei der Auswahl eines Coaches relativ leicht eingeschätzt werden. Natürlich ist für einen Coach eine professionelle Ausbildung conditio sine qua non (die Untergrenze liegt hier bei sicher 200 Stunden), die genannten Studien zeigen jedoch, dass – vorausgesetzt die Coaches arbeiten professionell – die Methode des Coaches nicht so wichtig ist.
Übrigens: es gibt nach diesen Studien auch eine gute Möglichkeit bei einem Coaching rasch herauszufinden ob es wirken wird. Wenn sich im Coaching nicht relativ rasch erste Erfolge zeigen, so sind weitere Erfolge relativ unwahrscheinlich. Man sollte daher auch den Mut haben, ein Coaching in aller Wertschätzung abzubrechen, wenn der genannte Fall eintritt

Was hindert Firmen Coaching einzusetzen? Verzichtet man aus Ignoranz? Aus Sparsamkeit? Aus Unkenntnis wie Coaching wirken kann? Wie identifiziert man gut ausgebildete Coaches?

Elisabeth Jelinek (Jelinek Akademie): Obwohl Coaching in aller Munde ist, und man annehmen könnte, es sei klar was man darunter versteht und was es wirklich bewirken kann, haben viele Menschen ein falsches Bild oder keine klare Vorstellung von diesem Instrument. Der Begriff wird immer noch für die unterschiedlichsten Vorgangsweisen eingesetzt.
Wir erleben fast in jedem Ausbildungslehrgang die Phase unserer Teilnehmer – spätestens beim 2. Ausbildungsblock: ein Staunen und auch tiefes Erkennen was die Methode kann und einen ungeheuren Respekt vor der verantwortungsvollen Aufgabe als Coach.
Es gibt mittlerweile Fachverbände und Akkreditierungen für Coaches. Außerdem sollte ein Coach seine Arbeit mit einem Gewerbeschein Unternehmensberatung und oder Lebens-u.Sozialberatung abgedeckt haben. Diese Institutionen fordern manche mehr andere weniger aber zumindest ein Mindestmaß an Ausbildung und Seriosität. Trotz der vielen Jahre seit Coaching angewendet wird ist weiterhin seriöse Aufklärung und Achtsamkeit in Richtung Seriosität hilfreich.

 

Die Gesprächspartner

Coaching nach dem Gieskannen-Prinzip?

HRwebDr. Günter Lueger
Geschäftsführer

Solution Management Center


HRwebMag. Clemens Stieger
Geschäftsführer

GfP Gesellschaft für Personalentwecklung GmbH


HRwebElisabeth Jelinek
Eigentümerin und Geschäftsführerin

Jelinek Akademie


HRwebMag. Günther Kampitsch, MBA
Leiter Coaching-Lehrgang

WIFI Steiermark


HRwebDr. Michaela Judy
Lehrgangsleiterin

ASYS – Arbeitskreis für Systemische Sozialarbeit, Beratung und Supervision


Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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