Das frische Magazin
für Human Resources
mavie
Mayerhofer-Trajkovski

Equal Pay Day – nicht alle Arbeitgeber sind böse

08Okt2013
4 min
equal pay day

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Heute. 8okt2013.  Es ist wieder einmal Equal Pay Day. Was das genau bedeutet? Ab heute arbeiten Frauen – statistisch gesehen – bis Jahresende gratis, während ihre männlichen Kollegen bis Jahresende munter weiterverdienen. Zwar haben wir bereits letztes Jahr darauf hingewiesen, dennoch erscheint es uns wert, das Thema erneut aufzugreifen. Auch um zu zeigen, dass nicht an allem Übel die Arbeitgeber die alleinige Schuld tragen, sondern Einkommensunterschiede auch systembedingt zustandekommen.

Die Situation

Etwa 23% verdienen Frauen im Schnitt in Österreich weniger als Männer, sagt uns die Statistik. Dieser Wert hat sich zwar seit letztem Jahr wieder ein wenig verbessert – vor einem Jahr waren es noch rund 25%. Dennoch ist klar, dass das Einkommen von Frauen im Vergleich zu den Männern im Argen liegt.

Allerdings gibt es auch einige strukturelle und systematische Defizite, die nichts mit einer vermeintlich willentlichen schlechteren Bezahlung von Frauen zu tun haben und es trotzdem ermöglichen, dass „gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit“ noch nicht Realität ist und vermutlich auch nicht so schnell wird.

Seit letztem Jahr müssen größere Unternehmen einen Einkommensbericht erstellen, sowie alle Unternehmen ihre Gehälter – zumindest die Grundgehälter – in Inseraten offen legen. Es darf bezweifelt werden, dass diese Relelung tatsächlich zu mehr Einkommenstransparenz beiträgt, denn vermehrt geben die Arbeitgeber lediglich das Grundgehalt an und dieses ist laut Kollektivvertrag ohnehin fix. Eine Initiative gibt es bereits, die darauf abzielt, dass künftig die tatsächlichen Gehälter angegeben werden müssen. Und dennoch: Es liegt nicht nur daran, dass Arbeitgeber Frauen willentlich schlechter bezahlen – wie unser folgendes Rechenbeispiel zeigt:

Der Einkommenverlust ist nicht mehr aufzuholen

Mehrheitlich liegt die Kinderbetreuung noch immer bei den Frauen, auch wenn die Männerbeteiligung laufend steigt, wie aktuelle Väterkarenzzahlen zeigen. Hier aber ein kleines Beispiel, wie Einkommenunterschiede zustande kommen, ohne dass jemand etwas willentlich falsch gemacht hat:

vergleichsrechnung-300x252Bleibt eine Frau für zwei Kinder insgesamt fünf Jahre zu Hause, dann fehlen ihr fünf Jahre in der Gehaltsentwicklung, während ihre männlichen Kollegen ihre Gage kontinuierlich steigern können. Und das noch dazu in einer Zeit, in der sich das Gehalt in der Regel am stärksten entwickelt – in einer Hochleistungszeit. Im Schnitt bekommen Frauen in Österreich mit etwas über 28 Jahren das erste Kind. Das ist auch die Zeit in der sich gehaltlich in der Regel einiges tut. Man(n) hat einige Jahre Berufserfahrung gesammelt und die ersten Gehaltssprünge warten. Nicht so für unsere karenzierten Damen.

In unserer Musterrechnung oben verdienen beide anfangs € 2.000 brutto. Während er zwei Mal einen Gehaltssprung von 10% macht, erhält sie nur die (hier vereinfacht immer gleiche) Wertanpassung von 2% jährlich. Zusätzlich macht er einen Stufensprung in eine höhere KV Stufe. Der Unterschied ist hier mit fiktiven € 25 angenommen. In Summe verdient er nach fünf Jahren um € 492,33 mehr als sie, wenn sie nach fünf Jahren wieder einsteigt. Und hier ist er, der Einkommensunterschied von 22,3%! Beide machen danach den gleichen Job, aber er hat einen deutlichen Gehaltsvorsprung, während sie nahe am ursprünglichen Niveau weiter rackert.

Karenzzeiten anrechnen als Lösung?

Eine Lösung wäre, in Karenzzeiten fiktive bzw. durchschnittliche außerordentliche Sprünge mitzurechnen und außerdem KV Sprünge mitzumachen. Nur kaum ein Unternehmen tut dies, zumal es ja auch keine Verpflichtung dazu gibt. Zwar hat es Anläufe in diese Richtung gegeben, aber die sind bislang eher im Sand verlaufen.

Daher steigen Frauen mit einem um Jahre niedrigeren Gehalt wieder ein, währenddessen durcharbeitende Kollegen sich gehaltlich weiterentwickelt haben. Ein Rückstand von – wie in unserem Beispiel – fünf Jahren ist auf die Lebensverdienstsumme kaum aufzuholen, außer die große Karriere kommt zu einem späteren Zeitpunkt. Wäre da nicht das Problem der Kinderbetreuung und damit einhergehend der Teilzeitarbeit.

Teilzeitjobs sind oft weniger wertige Jobs

Entgegen dem Vorgehen unserer (bisherigen) Frauenministerin möchte ich im Thema Teilzeit keinesfalls schwarz malen. Es gibt zahlreiche Frauen (wie Männer), die sich auch bewusst für eine Teilzeitposition entscheiden, da sie ihre Lebensprioritäten mit Kindern anders setzen (siehe unser Artikel „Ich arbeite jetzt mal weniger – andere Gründe für Teilzeit„). Was aber so oder so meist der Fall ist, ist eine niedrigere Wertigkeit von Teilzeitpositionen. Das bedeutet, dass Teilzeitbeschäftigte seltener außerordentliche Gehaltsanpassungen bekommen, da sie häufig „Systemerhalter-Jobs“ machen. Und so vergrößert sich die Lücke zwischen Mann und Frau, zwischen Teilzeit und Vollzeit, zusätzlich.

Unternehmen haben es vielerorts noch nicht fertig gebracht, wertige Teilzeitpositionen zu schaffen bzw. Arbeitsprozesse so auszurichten, dass sie in Teilzeit gut erledigbar sind. Headcounts und Budgets rechnen nach wie vor in Vollzeitköpfen und Vollzeitäquivalenten, sodass Alternativen schon von Haus aus nicht bedacht werden.

Eine Fortsetzung in der Führung ist schwierig

Vor allem Führungskräfte haben es nach der Karenz schwer, wieder in eine solche Position zu kommen. Das Wort „Teilzeitführungskraft“ steht in den meisten Organisationen auf der schwarzen Liste. So bleibt nach der Rückkehr nur der Wechsel in die Fachkarriere, was wiederum mit Einkommenverlust einhergeht. Das erkärt auch zum Teil den unterschiedlichen Anteil an Frauen und Männern in Führungspositionen.

Die angeheizte Diskussion um die Einkommenstransparenz und wie man sie um alles in der Welt erreichen könnte, ist also nicht der Wahrheit letzter Schluss. Vielmehr geht es darum die systemimanenten Problemstellungen zu lösen und einerseits ein Werteverständnis für die Arbeit in der Kinderbetreuung sowie andererseits ein neues Werteverständnis von Teilzeitarbeit zu entwickeln. Ein Teil der Aufgabe kommt sicherlich der Politik und Gesetzgebung (Verpflichtung, Stufensprünge fiktiv mitzurechnen; mehr Möglichkeiten der Kinderbetreuung, …) zu, der andere obliegt den Unternehmen, wenn es um ein zeitgemäßes Denken geht (Wie wertvoll ist Teilzeitarbeit und was ist in dieser Form alles erledigbar). In beiden Richtungen gibt es also noch eine Menge zu tun, damit der Equal Pay Day irgendwann der letzte eines Jahres sein kann.

Equal Pay Day – nicht alle Arbeitgeber sind böse

Schlagwörter:

Teilen:

Ähnliche Beiträge