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Mitnahme von Kindern in den Betrieb – was es dabei zu beachten gibt

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Von Zeit zu Zeit stehen Eltern kurzfristig vor einem scheinbar unlösbaren Betreuungsproblem, etwa wenn Tageseltern krank, Eltern, Großeltern oder Freunde kurzfristig nicht verfügbar oder Betreuungseinrichtungen geschlossen sind. In zahlreichen Betrieben, die ich zB im Audit berufundfamilie betreue, ist es üblich, dass Kinder fallweise an den Arbeitsplatz mitgenommen werden, wenn es für einen Tag eben keine andere Möglichkeit gibt.

In der Diskussion mit Verantwortlichen stellt sich dabei meist heraus, dass es dafür jedoch keine Regelung im Unternehmen gibt, sondern das fallweise Mitbringen an den Arbeitsplatz einfach toleriert wird. Ein solches Vorgehen ist ein zweischneidiges Schwert. Zum Einen sollen natürlich nicht zusätzliche Regelungen noch mehr Bürokratie mit sich bringen, zum Anderen aber gibt es einige Punkte, die zu bedenken sind und die ich hier für Sie zusammengefasst habe.

Organisatorische Überlegungen

Die Möglichkeit, dies in Notsituationen tun zu können, entlastet die Arbeitnehmer und kann in manchen Fällen sogar den Arbeitsalltag und die Stimmung der gesamten Belegschaft steigern. Gut organisiert und kommuniziert, kann die Mitnahme von Kindern ein deutliches Zeichen familienbewusster Arbeitgeber sein.

Häufig existiert für die Mitnahme von Kindern keine spezielle Regelung, sondern sie wird seitens des Unternehmens einfach toleriert. Dies kann einerseits auf einer faktischen Ebene zu Konflikten führen, weil Kollegen oder Kunden das nicht wollen und sich belästigt fühlen oder die Mitnahme von Kindern die Arbeitsabläufe stört. Andererseits müssen sich Unternehmen des Haftungsrisikos bewusst sein, das sie bei erlaubter Mitnahme von Kindern in den Betrieb eingehen. Oft ist es auch genau dieses Risiko, das Unternehmen dazu veranlasst, die Mitnahme von Kindern komplett zu untersagen. Auch dies ist bei Vorhandensein einer entsprechend soliden Regelung nicht nötig. In jedem Fall sollte die Mitnahme von Kindern in den Betrieb in Form einer Richtlinie oder Arbeitsanweisung klar geregelt werden, um das Haftungsrisiko und die Störung der Arbeitsabläufe zu minimieren.

Organisatorisch sollten vor allem folgende Punkte überlegt werden:

  • Go und No-Go Areas
    Wo sollen sich die mitgenommenen Kinder aufhalten? Gibt es einen geeigneten, separaten Bereich? Gibt es Bereiche im Betrieb, wo eine Mitnahme von Kindern ausgeschlossen ist oder sein soll?
  • Beschäftigungsmöglichkeiten
    Gibt es im Haus Beschäftigungsmöglichkeiten? Beispielsweise haben einige Unternehmen Spielekisten angeschafft, um Kindern, die in den Betrieb mitgenommen werden, eine sinnvolle, kindgerechte Beschäftigung zu ermöglichen.
  • Haltung der Führungskräfte
    Auch die Führungskräfte müssen einer Mitnahme von Kindern im Notfall positiv gegenüberstehen, damit dieses Konzept Erfolg im Unternehmen hat.
  • Benützung der Betriebsküche
    Die Möglichkeit, zum Beispiel auch ein vergünstigtes Mittagessen für Mitarbeiterkinder zu erhalten, sollte geklärt sein.

Rechtliche Überlegungen

Auch rechtlich gibt es einige Punkte, die bei genauerer Überlegung durchdacht werden sollten. Vor allem die Sorge, dass Kinder am Betriebsgelände zu Schaden kommen oder Schaden anrichten, lässt viele Arbeitgeber (nicht ganz unberechtigt) zögern, einer Mitnahme von Kindern zuzustimmen. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen, die eine Mitnahme von Kindern in Ausnahmefällen erlauben, klare Regeln dafür aufstellen. Dies kann beispielsweise in Form einer arbeitgeberseitig aufgestellten Richtlinie erfolgen. Folgende Punkte sollten dabei jedenfalls abgedeckt sein:

  • Umfang und Ausmaß
    Es sollte aufgezählt werden, unter welchen Umständen und wie oft Kinder in den Betrieb mitgenommen werden können, also z.B. bei Erkrankung der Betreuungsperson, wenn sonst keine Betreuungsperson verfügbar ist usw. Keinesfalls darf zugelassen werden, dass kranke Kinder in den Betrieb mitgenommen werden. Das gefährdet andere Arbeitnehmer.
  • Meldeprozess
    Aus organisatorischen, aber auch aus rechtlichen und versicherungstechnischen Gründen, muss dem Arbeitgeber rechtzeitig und korrekt gemeldet werden, wann welches Kind im Betrieb ist.
  • Aufsichtspflicht und Haftungsausschluss
    Es ist klarzustellen, dass die Aufsichtspflicht und Haftung während des gesamten Aufenthalts am Firmengelände bei den Eltern alleine liegt. Diese haben dafür zu sorgen, dass sich Kinder nur in vereinbarten Bereichen aufhalten oder bewegen. Eltern, die ihre Kinder in den Betrieb mitnehmen wollen, müssen hierfür die Haftung übernehmen und ggf. eine Haftungsausschlusserklärung unterzeichnen.
  • Störung anderer Arbeitnehmer
    Eltern sind anzuhalten, dafür zu sorgen, dass die Störungen für Kollegen und Arbeitsabläufe möglichst gering sind.
  • Benutzung von Betriebsräumen und Betriebsmitteln
    Es muss klargestellt werden, in welchen Bereichen des Unternehmens sich Kinder aufhalten dürfen und wo deren Aufenthalt verboten ist. Zudem sollte dargestellt werden, ob und in welchem Umfang Betriebsmittel (z.B. Computer) von mitgebrachten Kindern benutzt werden dürfen.
  • Datenschutz
    Es ist seitens der Eltern darauf zu achten, dass sensible Unternehmensdaten geschützt sind.
  • Widerrufs- und Änderungsvorbehalt / Befristung
    Im Rahmen der erstmaligen Einführung dieser Maßnahme könnte eine Befristung aufgenommen werden, um zunächst versuchsweise zu testen, ob die Mitnahme für alle Beteiligten (besonders auch für Arbeitnehmer ohne Kinder) funktioniert. Weiters empfiehlt sich ein Widerrufs- oder Änderungsvorbehalt für den Fall, dass sich die Rahmenbedingungen ändern.

Existiert eine klare Regelung im Unternehmen, so schützt diese zwar nicht vor allen rechtlichen Risiken, aber es können wesentliche Punkte damit abgedeckt werden. Zudem haben sich folgende Punkte als lohnend erwiesen:

  • Es sollte mit der Betriebshaftpflichtversicherung abgeklärt werden, ob und welche Schäden bei der Mitnahme von Kindern in den Betrieb gedeckt sind.
  • Gemeinsam mit einer allgemein verbindlichen Regelung, die von den Arbeitnehmern zu unterzeichnen ist, sollte auch eine Haftungserklärung der Eltern unterschrieben werden, um die Haftung des Arbeitgebers bestmöglich zu minimieren.

Alternative Unterstützungen

Es gibt aber über die Mitnahme von Kindern in den Betrieb hinaus auch noch andere Möglichkeiten, wie Unternehmen Mitarbeiter bei Betreuungsengpässen unterstützen können:

  • Telearbeit:
    Das Arbeiten von zu Hause kann da, wo möglich, eine gute Option sein, um Mitarbeiter in dringenden Betreuungsnotfällen zu unterstützen. Auch um angebrochene Tage, etwa nach einem Arztbesuch mit einem Kind, aufzufüllen, kann Telearbeit unterstützend sein.
  • Eltern-Kind-Büro:
    Manche Unternehmen haben eigene Eltern-Kind-Büros geschaffen. Ein gutes Beispiel haben wir Ihnen im Artikel „Good Practice: Das Familienzimmer im VERBUND“ gegeben. Der Vorteil liegt hier darin, dass klar ist, wo Mitarbeiter mit Kindern arbeiten können, die entsprechende kindgerechte Ausstattung vorhanden ist und damit auch eine Kultur gefördert wird, in der Verständnis für familiäre Herausforderungen vorhanden ist.

Wie auch immer die Mitnahme von Kindern im Betrieb aber geregelt wird, besonders wesentlich ist es, die Kultur dahingehend zu prägen, dass das Unternehmen und die Führungskräfte Mitarbeiter mit und ohne Betreuungsverpflichtungen bei außerberuflichen Anliegen unterstützen und ihnen damit die Sicherheit geben, dass sie mit ihren Problemen und Anliegen nicht alleine sind.


Weitere Informationen

Informationen zum Thema „Mitnahme von Kindern“ in den Betrieb und vielen anderen familienfreundlichen Lösungen finden Sie in unserem Buch „Familienfreundlichkeit im Betrieb“ von Peter Rieder, Anna Mertinz und Elisabeth Wenzl, erschienen im MANZ Verlag, ISBN 978-3-214-08311-3.

Mitnahme von Kindern in den Betrieb – was es dabei zu beachten gibt

Mag. (FH) Peter Rieder | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. (FH) Peter Rieder ist Gründer der Arbeitswelten Consulting sowie geschäftsführender Gesellschafter des Diversity Think Tank Austria und begleitet Unternehmen in den Themen Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Audit berufundfamilie), Diversity Management und nachhaltiges Personalmanagement.

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