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Themenkonflikt für Coaches – Was tun wenn das Thema des Coachees auch ein Thema des Coaches selbst ist?

19Mai2016
4 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Coaches sind Menschen, die u.a. aus ihrem Erfahrungsschatz schöpfen. Dumm nur, wenn die eigenen Erfahrungen hemmen und das Thema des Coachees auch ein Thema für den Coach als Person darstellt. Wie kann und soll ein Coach professionell damit umgehen?

NICHT GEMEINT sind zB Mitarbeiter ist Coachee und hat Problem mit seiner Führungskraft. Diese Führungskraft ist der Coach und ist deshalb selbst betroffen. Dass aus dieser Situation keine Coaching-Situation werden kann, ist klar.

GEMEINT sind Themen, die rein aufgrund der Thematik den Coach ebenfalls betreffen.

 

Drei erfahrene Business Coaches geben uns Einblick:

Welche Möglichkeiten im Umgang haben Coaches, wenn es um ein Coachingthema geht, das sie selbst betrifft?

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Ein wichtiger professioneller Grundsatz für Coaches ist die Selbstreflexion. Dies beinhaltet, dass ein Coach  seine Erfahrung, sein Wissen und seine Kompetenz berücksichtigt, um festzustellen, ob er den Anforderungen an einen Coachingauftrag auch gewachsen ist. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte es ein  Gespräch  zum Thema „Befangenheit“ mit dem Coachee geben und eine Weiterempfehlung  an einen Kollegen oder Kollegin folgen .

Mag. Brigitta Hager (Trigon): Im Laufe eines Coachings werden immer wieder Themen besprochen, die auch dem Coach vertraut sind. Würde das nicht so sein, wäre der Coach eine leblose Instanz ohne Höhen und Tiefen, ohne Umwege, ohne Emotionen und ohne tolle Erfolge. Und wer möchte schon seine beruflichen oder persönlichen Anliegen einer emotionslosen Maschine anvertrauen? Wichtig ist allerdings in diesem Moment, dass der Coach möglichst rasch erkennt, ob das Coachingthema seines Coachees ein (noch) zu bearbeitendes Thema seiner selbst ist. Dazu braucht es ein hohes Maß an Achtsamkeit und Konzentration, an Selbstreflexion und regelmäßiger Supervision. Im Sinne seiner ethischen Verantwortung hat der Coach möglichst rasch zu entscheiden, ob er das Coaching fortführen kann.

Mag. Renate Strommer (ASO & WiLAk): Themen betreffen auch in Teilaspekten. Ein qualifizierter Coach hat in seiner Ausbildung gelernt, damit umzugehen. Die Möglichkeiten hängen ab vom Grad der Eigenreflexion und der Belastung bzw. Druck durch das  eigene Thema.  Der erste Schritt ist Bewusst machen. Je nach Aktualität und Belastung reichen die Möglichkeiten von „Ziehen lassen“, „Abgrenzen und Parken“ bis hin zum Beenden eines Coachings oder Weiterverweis. Belastende Themen sollten in Selbsterfahrung und Supervision bearbeitet werden, sodass sie im Coaching zumindest abgegrenzt werden können. Das ist Teil der Psychohygiene, die der Coach nicht nur sich sondern auch seinen Kunden schuldet.

Welche Möglichkeiten bestehen bereits im Vorfeld, um solch eine Situation zu vermeiden?

Mag. Brigitta Hager (Trigon): Ein Vermeiden erscheint mir kaum möglich und ist meines Erachtens auch nicht unbedingt anzustreben. Zugleich gibt es einige Möglichkeiten, sich auf diese Situationen vorzubereiten:

  • Eine lösungsfokussierte Gesprächsführung und Haltung unterstützt den Coach dabei, sich klar auf das Anliegen des Coachees zu konzentrieren und sich selbst „nur“ als Enabler oder Facilitator im Coaching zu sehen.
  • Der Einsatz von Gesprächs- und Coachingtechniken verringert die Gefahr, aus der eigenen Erfahrung heraus dem Coachee Ratschläge zu geben.
  • Das Thema, das im Coaching bearbeitet werden soll, beim Erstgespräch sorgfältig beschreiben lassen.
  • Als Coach für regelmäßige kollegiale Beratung oder Supervision sorgen.

Mag. Renate Strommer  (ASO & WiLAk): Die Zauberformel heißt Selbsterfahrung und Supervision.
Hier geht es um Psychohygiene, Grenzen setzen, eigene Themen erkennen und bearbeiten,  aber auch beleuchten, was im Coachingprozess wirkt, beispielsweise eigene Muster, Glaubensätze, Antreiber, Werte, Einstellungen und vieles mehr.
Wie beeinflusse ich als Coach den Coachingprozess (meist unbewusst)? Was ist dadurch für den Kunden nicht möglich? Eigene Themen wirken sich aus, wie und wie weit ich als Coach den  Entwicklungsraum gestalten und aufrecht erhalten kann aber auch  wieviel Energie ich investieren muss.
Selbsterfahrung und Supervision sind wesentliche Säulen der Qualitätssicherung!
Qualifizierte Coaches haben mehrere hundert Stunden im Lauf ihrer Ausbildung bereits absolviert und reflektieren periodisch während ihrer Berufsausübung.
Einige Berufsgruppen haben dafür gesetzlich geregelte Mindeststunden, z.B. die Psychologischen Berater/Lebens- und Sozialberater, in deren Berufsbild Coaching im privaten und beruflichen Umfeld vorbehalten ist. Hier sind während der Ausbildung mindestens 150 Stunden Selbsterfahrung und 100 Stunden Supervision zu leisten sowie mindestens 16 Stunden p.a. während der Berufsausübung.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Jedem Coaching geht eine Auftragsklärung voraus. Sollte sich hier schon das Thema Befangenheit abzeichnen, kann man den Auftrag entweder gleich ablehnen oder gewisse Punkte noch genauer klären, bevor man den Auftrag annimmt.  Aber nicht immer lässt sich die Situation dadurch vermeiden. Coaching ist ein Prozess und nicht immer ist von Anfang an klar, welche Themen am Weg zum Ziel auftreten.  Aber auch wenn es während des Coachingprozesses zu einem für den Coach „heiklen“ Thema kommt, führt kein Weg daran vorbei, in sich zu gehen, zu reflektieren und notfalls das Coaching zu beenden.  Eine Supervision oder ein Gespräch unter Kollegen kann hier für den Coach selbst sehr hilfreich sein.

Bereiten Sie die Teilnehmenden in Ihrer Coachingausbildung auf solche Fälle vor?

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult prohaska): Im Grundlagenmodul unserer Ausbildung beschäftigen wir uns auch mit dem Thema „Ethik“ im Coaching. Mittels Fallbeispielen, die die Teilnehmer in Kleingruppen zuerst selbst bearbeiten und dann im Plenum diskutieren, führen wir sie an entsprechende Themen heran. Die AHA-Erlebnisse sind danach immer groß.  Die Professionalität eines Coaches zeigt sich aber genau in solchen Situationen.

 

Die Gesprächspartner

„Themenkonflikt für Coaches – Was tun wenn das Thema des Coachees auch ein Thema des Coaches selbst ist?“

 

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Mag. Sabine Prohaska
Geschäftsführerin

seminar consult prohaska


hager_brigitta_trigonMag. Brigitta Hager
Geschäftsführerin

Trigon Entwicklungsberatung Unternehmensberatung GmbH


strommer_renate_asoRenate Strommer
Geschäftsführerin

ASO & WiLAk GmbH


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