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Den Sinn in der Arbeit sehen, Eigenverantwortlichkeit und die Möglichkeit sich zu entwickeln gelten als zentrale Motivationsquellen für Mitarbeiter. Viele leistungsstarke Unternehmen haben sich diese Erkenntnisse zu eigen gemacht und ihre Strukturen, Prozesse und Kultur entsprechend umgebaut. Selbstverantwortung, Transparenz und Offenheit sowie gegenseitige Unterstützung sind wesentliche Eckpfeiler.

Deliberatley Developmental Organizations (DDO) heben diese Faktoren aber auf ein Niveau, das bei vielen Unwohlsein auslöst, denn es bedeutet erbarmungslos offen zu seinen Schwächen zu stehen.

Robert Kegan und Lisa Laskow Lahey haben den Begriff der Deliberately Developmental Organization (DDO) geprägt und beschreiben diese Organisationen anhand von Fallbeispielen von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und unterschiedlicher Historie (Decurion Corporation und Bridgewater Associates). Gemeinsam ist den Unternehmen ihre Philosophie, dass Mitarbeiter und Führungskräfte auf allen Hierarchieebenen offen zu ihren Schwächen stehen müssen um individuell aber auch als Unternehmen wachsen zu können. Alle Grundsätze, Praktiken und Gemeinschaften im Unternehmen sind darauf ausgerichtet allen Mitarbeitern Wachstum zu ermöglichen in dem sie regelmäßig an ihre Grenzen geführt werden.

Schwäche als Stärke und Fehler als Chance

Eine DDO zeichnet sich dabei nicht durch neue Organisationsstrukturen aus, ist sie doch nach wie vor klassisch hierarchisch organisiert. Das Mindset der Führungskräfte und Mitarbeiter ist aber ein anderes. Unabhängig von Hierarchieebene, Status, Alter, Betriebszugehörigkeit sind alle Personen im Unternehmen aufgefordert, offen zu ihren Schwächen und Fehlern zu stehen. Es soll nicht nur das „beste Selbst“ im Unternehmen gezeigt werden, sondern die gesamte, „wahre“ Person. Wird in vielen traditionellen Organisationen viel Zeit darauf verwendet, sich vorteilhaft zu präsentieren, die eigenen Unzulänglichkeiten und Schwächen zu kaschieren und Spielchen zu spielen, werden diese Schwächen und Unzulänglichkeiten in einer DDO als Wachstumspotenziale gesehen. Nur wenn man sich diesen konsequent stellt, kann man sich selbst entwickeln und sein volles Potenzial ausschöpfen.

Schmerz + Reflexion = Fortschritt

Fehler zu machen, Schwächen zu haben gilt als „OK“. Was in einer DDO nicht akzeptiert wird, ist diese nicht zu identifizieren, zu analysieren und daraus zu lernen. Nun haben schon viele Unternehmen eine Fehlerkultur etabliert, in der dieses Lernen ermöglicht wird. Wenige Unternehmen gehen aber so weit, dies auch auf ganz persönliche Verhaltensweisen und Emotionen auszuweiten. So werden bei allen Fehleranalysen neben den Prozessen, Daten und Fakten auch immer die persönlichen Verhaltensweisen, Denkmuster und Reaktionsmuster der einzelnen Personen hinterfragt und analysiert (z.B. „Was an ihrer Denkweise als Verantwortlicher könnte zu einer unangemessenen Entscheidung führt haben?“). Nur wenn diese Themen mit betrachtet und gelöst werden ist sichergestellt, dass dieser Fehler nicht wieder auftritt. Arbeiten in einer DDO bedeutet also, permanent die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, sich alten Mustern und Dämonen zu stellen – eine vielfach schmerzhafte Erfahrung, die in der Gedankenwelt einer DDO aber zu Fortschritt führt.

Vertrauensvolles Umfeld und begleitende Unterstützung

Die Mitglieder einer DDO werden aber auf diesem Weg nicht alleine gelassen. Um diese tiefgreifende Offenheit und Verwundbarkeit zulassen zu können, bedarf es eines sicheren und vertrauensvollen Umfelds und einer wertschätzenden Kommunikation. Dies wird einerseits dadurch geschaffen, dass alle Personen durch die gleichen Feedback-Prozessen betroffen sind, Leistungsbeurteilungen auf allen Ebenen transparent für alle sind und somit alle im Unternehmen – von der Top-Führungskraft bis zu jedem einen Mitarbeiter – die gleiche Verwundbarkeit zeigen. Andererseits wird das Eingestehen von Fehlern und Schwächen ausdrücklich gefordert und hat keine negativen Konsequenzen für die Person. Individuelle Schwächen werden nicht nur als Lernfeld für die einzelne Person, sondern auch für das gesamte Unternehmen gesehen. Gemeinsam, offen und transparent über Probleme zu sprechen ist dabei besonders wichtig. Vielfach werden kritische Gespräche auch durch erfahrene Führungskräfte moderiert, die sicherstellen, dass das Problem umfassend betrachtet wird, Feedback wertschätzend gegeben wird und sowohl gemeinsame Lösungen für das Problem erarbeitet werden als auch konkrete individuelle Lernaspekte definiert werden. Neben dieser vertrauensvollen Umgebung, hat jede Person im Unternehmen auch noch „seine Crew“. Dies ist ein fixes Team an Personen, das sowohl bei der beruflichen als auch der persönlichen Entwicklung unterstützend zur Seite steht.

Ein Weg für alle?

Fluktuationsquoten nach dem ersten Jahr und Erfahrungsberichte von Mitarbeitern und Führungskräften einer DDO zeigen, dass diese bedingungslose Offenheit als Basis für die persönliche Entwicklung nicht für alle der richtige Weg ist. Obwohl die DDOs im Bewerbungsprozess auf diese besondere Art der Feedback- und Fehlerkultur hinweisen, können sich nur wenige Personen vorstellen, wie derartige Prozesse tatsächlich ablaufen. Das wertschätzende aber dennoch schonungslose Feedback zu den eigenen Verhaltensweisen und Mustern ist in der Realität dann doch einigen zu viel. Vor allem auch für erfahrene und verdiente Führungskräfte, die wie jede andere Person im Unternehmen diesen Analysen unterzogen wird. Sie bekommen dabei Feedback von z.T. viel jüngeren und unerfahreneren Personen und müssen ihr jahrelang als erfolgreich erlebtes Verhalten kritisch reflektieren.

Für die, die in den DDOs verbleiben ist dieser Weg aber dennoch der richtige, um herausragende Leistungen zu erbringen: „Radical Truth & Radical Transparency – openly and thoughtfully disagreeing on important issues is the most powerful way of creating meaningful work, meaningful relationships and great outcomes”, Bridgewater Associates LP

DDO – mehr als schonungslose Offenheit

Diese besondere Fehler- und Feedbackkultur einer schonungslosen Offenheit ist ein Grundpfeiler einer DDO aber nicht die einzige Besonderheit, die diese Organisationen auszeichnen. Mehr über die Art und Weise wie in einer DDO Karriere verstanden und Erfolg definiert wird, finden sich in einem  nächsten Artikel zu Deliberately Developmental Organizations (DDO), der im August hier erscheinen wird.


Literaturempfehlung

Kegan, Robert, Laskow Lahey, Lisa (2016). An everyone Culture. Becoming a Deliberately Developmental Organization. Harvard Business Review Press. Boston

Schonungslose Offenheit als Motor des Unternehmenserfolgs

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