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Mitarbeiterbefragung Betriebsrat

Mitarbeiterbefragungen sind weit verbreitete Instrumente. Um diese in Bezug auf Datenschutz und Betriebsrat unbedenklich zu halten, werden diese im Regelfall als „100% anonym“ durchgeführt. Aber was bedeutet Anonymität eigentlich in diesem Fall? Eine kurze fachliche Bestandsaufnahme.

Mitarbeiterbefragungen werden in den allermeisten Fällen entlang der Grundsätze von Freiwilligkeit und Anonymität durchgeführt. Dies bedeutet, dass Mitarbeiter eingeladen werden, es aber niemals Zwang besteht sich zu beteiligen (ganz im Gegensatz zu teilweise bzw. theoretisch verpflichtenden Personalfragebögen). Zum anderen bedeutet dies auch, dass die abgegebenen Antworten anonym ausgewertet werden und auch niemand erfährt, wer sich an der Befragung beteiligt hat und wer nicht.

Der Begriff der Anonymität wird dabei häufig genutzt. Aber was bedeutet dieser eigentlich in diesem Zusammenhang? Man kann in der Praxis zwischen unterschiedlichen Situationen unterscheiden, die wiederum in unterschiedlichen Phasen einer Mitarbeiterbefragung schlagend werden.

Anonymität in der Erhebungsphase

In der Erhebungsphase einer Mitarbeiterbefragung gibt es in der Praxis wohl drei idealtypische Fälle

  • Anonyme Erhebung: Bei einer anonymen Erhebung weiß das Befragungsinstitut technisch gesehen 100% NICHTS über die befragten Personen. Als Beispiele dafür können gelten
    • Papierbefragungen, die zufällig verteilt werden
    • Online-Befragungen mit einem allgemeinen, für alle Teilnehmer identen Zugangslink (sofern keine bspw. IP Adressen gespeichert werden)
    • Online-Befragungen mit zufällig verteilten Zugangscodes
  • Anonymisierte Erhebung: Bei einer anonymisierten Erhebung besteht zwar ein gewisses Maß an Personenbezug, dieser ist aber über organisatorische Maßnahmen des Datenschutzes soweit geschützt, dass Rückschlüsse nur unter erhebliche, und unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft möglich wäre. Die Durchführung kann damit aus Sicht des Datenschutzes der Betroffenen einer anonymen Erhebung gleichgesetzt werden. Als Beispiel kann dafür etwa eine klassische Online-Befragung per Emaileinladung gelten. Dabei werden meist zufallsgenerierte Zugangscodes verwendet. Es besteht damit zumindest zeitweise eine Verknüpfung zwischen Emailadresse, Online-Umfrage und abgegebenen Antworten. Diese Verknüpfung wird über technische Maßnahmen gemildert (bspw. Lagerung in unterschiedlichen Datentabellen, Pseudoanonymisierung, Trennung von Ergebnisdaten und Kommunikationsdaten nach Ausfüllen des Fragebogens).
  • Vertrauliche Erhebung: Als dritte Spielart kann noch die vertrauliche Erhebung genannt werden.  Diese wird oft im ersten Blick nicht bedacht, findet sich in der Praxis aber in zwei Spielarten:
    • Bei Mitarbeiterbefragungen (v.a. in den USA) werden oft Fragebögen im Hintergrund mit Datensätzen aus der Personalabteilung verbunden. Diese werden daher auch als attributierte oder vorkodierte Befragungen bezeichnet. Nicht mit dem Ziel eine bestimmte Person zu identifizieren, sondern mit dem Ziel die maximale Qualität an Daten über Geschlecht, Alter, Position etc. direkt mit den Antworten verknüpfen zu können. Dies hat aber den Effekt, dass die Erhebung selbst oft nicht anonym und auch nicht anonymisiert ist. Die Vertraulichkeit und Professionalität des erhebenden Institutes sind die einzigen Garanten dies in der Auswertung nachfolgend zu anonymisieren.
    • Die zweite Spielart findet sich bspw. bei Interviews oder Arbeitsplatzbegehungen. Hier hat der Interviewer meist sehr genau Kenntnis über die Person. Die erhobenen Informationen werden aber vertraulich behandelt.

Anonymität in der Auswertung

Der Anonymität in der Erhebung steht die Anonymität in der Auswertung gegenüber. Da es bei der Anonymität ja nicht nur um den direkten Personenbezug geht sondern auch die Kombination von merkmalen Menschen identifizierbar machen könnten, gelten hier andere Kriterien und Maßnahmen.

  • Sparsame Datenerhebung („privacy by default“): Fragebögen sollten so konstruiert werden, dass personenbezogene Zusatzfragen (sogenannte Soziodemographika) auf ein zweckmäßiges Minimum reduziert werden.
  • Anonmyisierung durch Aggregation: Die Auswertung von Befragungsdaten erfolgt stets aggregiert für die jeweilige Auswertungseinheit (bspw. Abteilungen bei Mitarbeiterbefragungen).
  • Mindestauswertungsgrenze (primäre Geheimhaltung): Die Auswertung erfolgt nur für Auswertungseinheiten die eine bestimmte Mindestauswertungsgrenze (= Zahl an ausgefüllten Fragebögen) erreichen. Diese Mindestauswertungsgrenze wird in Kundenprojekten individuell definiert und schriftlich fixiert. Ergebnisse unter der Auswertungseinheit werden generell nicht gesondert dargestellt. Diese müssen mit einer anderen Einheit verschmolzen werden oder fließen nur in das Gesamtergebnis ohne weitere Differenzierung ein (siehe sekundäre Geheimhaltung).
  • Vermeidung der Differenzbildung (sekundäre Geheimhaltung): Zusätzlich zu aufgrund der Mindestauswertungsgrenze ausgeblendeten bzw. nicht ausgewerteten Einheiten werden auch jene Einheiten ausgeblendet bzw. nicht ausgewertet, aufgrund derer durch eine Differenzbildung die ausgeblendete bzw. nicht ausgewertete Einheit ggf. herausrechenbar wäre. Primäre und sekundäre Geheimhaltung gehen daher Hand in Hand und können nicht getrennt voneinander erfolgen.
  • Vermeidung von Kreuauswertungen: Zusätzlich sind Kreuzauswertungen weitestgehend zu vermeiden. Auch wenn Midnestauswertungsgrenzen auch in diesem Falle greifen würden ist die Vermeidung der Verschneidung unterschiedlicher Soziodemographika ein anonymitätssicherendes Prinzip.

Datenschutz als Haltung

Ich möchte betonen, dass – bei professioneller Durchführung und entsprechenden technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Datenschutz – jegliche Erhebung bei einer anonymen bzw. anonymisierten Auswertung das gleiche Maß an faktischer Anonymität für die Befragten bietet. Datenschutz ist ein Fachgebiet, Daten zu schützen eine Haltung die sich in jedem einzelnen Handgriff ausdrückt.

Es macht dennoch einen Unterschied ob eine Befragung als „anonym“ oder „anonymisiert“ angekündigt wird. Es macht einen Unterschied ob davon gesprochen wird, dass Daten „anonym erhoben“ oder „anonymisiert ausgewertet“ werden. Ich möchte Sie daher zu einem sorgsamen und kritischen Blick ermutigen, wenn Sie die nächste Umfrage sehen.

Mitarbeiterbefragungen: Anonym, anonymer am anonymsten

Mag. Gerd Beidernikl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Gerd Beidernikl ist geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult, der Vienna Corporate Research and Development GmbH und Lehrvortragender für Organisationssoziologie.

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