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Während der Ausgangsbeschränkungen halten einige zentrale Branchen das öffentliche Leben am Laufen. Aber Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt wie Verkäufer oder Pflegekräfte leiden nun unter sehr speziellen psychischen Belastungen. Wie können Führungskräfte hier unterstützen?

Handelsangestellte in Lebensmittelgeschäften und Apotheken, Ärzte, Pflegekräfte, Postler, Laboranten, Reinigungskräfte und Beschäftigte von Notfalldiensten. Sie sind die neuen Helden!

Sie werden von denjenigen beklatscht, die zu Hause auf die Lockerung der Situation hoffen und maximal im Home-Office arbeiten.

Psychische Belastungen

Aber natürlich gibt es Ängste und Stress auf Seiten der Mitarbeiter. Es kommt jetzt zu anderen psychischen Belastungen als dies vor der Corona-Krise im Arbeitsalltag der Fall war.

Wie geschützt bin ich wirklich? Kann ich meinem Arbeitgeber vertrauen? Wie soll ich mit dem zusätzlichen Zeitdruck umgehen? Wie kann ich bei ungeduldigen Leuten trotzdem ruhig bleiben?

Das kann sich durch innerliche Unruhe, emotionale Achterbahnfahrten, Schlafstörungen oder Gereiztheit äußern.

Stationsleitungen im Krankenhaus oder Filialleitungen von Supermärkten haben nun eine große Verantwortung diesen Mitarbeitern gegenüber. Sie können viel unterstützen um diese schwierige Zeit gut zu meistern.

Hier einige arbeitspsychologische Tipps für Führungskräfte

  • Schaffen Sie Strukturen! Diese sind trotz des neuen Arbeitsalltages, der natürlich Umstellungen erfordert, wichtig, weil Mitarbeiter sich darauf verlassen können. Aufgrund der Unsicherheit und Veränderung ist es gut, Routinen – so weit wie möglich – beizubehalten, z.B. regelmäßige Teamsitzungen. Routine und Strukturen sind wichtige Anker in diesen Zeiten.
  • Gerade jetzt kann Kundenverkehr extrem emotional sein. Darum braucht Ihr Team hier klare Regelungen: Wie sollen wir damit umgehen, wenn wir von Kunden beschimpft werden? Wie sollen wir mit ungeduldigen Patienten umgehen? Was muss man sich gefallen lassen? Was nicht mehr? Das heißt, wo werden Grenzen gezogen? Klare, für alle idente Regelungen sind wichtig, damit Mitarbeiter nicht alleingelassen werden und auch jeweils in gleicher Art und Weise reagieren können. Auch das schafft Sicherheit!
  • Holen Sie sich Expertise, beispielsweise von Arbeitsmedizinern oder von anderen Präventionsexperten! Versuchen Sie, die Maßnahmen möglichst transparent zu kommunizieren: Was tun Sie, um Ihre Mitarbeiter gesundheitlich zu schützen? Warum sind gewisse Schutzmaßnahmen in der Firma bzw. an diesen Arbeitsplätzen nicht möglich? Was ist zu tun, wenn jemand offensichtlich Fieber hat?
  • Schauen Sie sich Ihre Arbeitsorganisation an! Organisieren Sie die Arbeit so, dass gefährdetere Personengruppen geschützt sind (z.B. ältere Handelsangestellte werden nun eher zum Einschlichten der Regale herangezogen als zum Kassieren, wo sie direkten Kundenkontakt hätten). Vielleicht haben auch Sie in Ihrem Unternehmen die Möglichkeit, Anpassungen in der Arbeitsorganisation oder in der Schichteinteilung vorzunehmen? Aber: Machen Sie transparent, wie Sie die Vorgehensweise entschieden haben! Jede Ungleichbehandlung hat sicherlich ihre Gründe (andere Aufgaben, Infektionsrisiko, Kinderbetreuung, …), aber ist für die Mitarbeiter nicht immer offensichtlich.
  • Hören Sie Ihren Mitarbeitern zu und zeigen Sie Empathie! Fühlen Sie sich aber bitte nicht dazu gedrängt, immer alles gleich lösen zu müssen. Es ist völlig okay, dass man in einer neuen Situation nicht immer weiß, was zu tun ist. Außerdem kann es auch durch die sozialen Kontakteinschränkungen dazu kommen, dass Ihre Mitarbeiter bei Ihnen als Führungskraft nun mehr Emotionen abladen als sonst.
  • Halten Sie Kontakt zu jenen Mitarbeitern, die gerade nicht vor Ort arbeiten, weil sie im Home-Office sind oder Kinderbetreuungspflichten nachkommen! Regelmäßiges Telefonieren ist hier wichtig.
  • Versuchen Sie aus diesen ersten Tagen zu lernen! Reden Sie ganz offen mit Ihrem Team. Besprechen Sie: Was hat in diesen ersten Tagen gut funktioniert? Was wollen Sie beibehalten? Was wollen Sie verändern? Es kann sein, dass diese Situation mehrere Wochen oder vielleicht sogar Monate dauert und gerade dann ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wichtig.
  • Versuchen Sie, Ihre eigenen Emotionen – soweit es möglich ist – zuzulassen! Auch Sie dürfen unsicher sein, denn es ist für uns alle eine Ausnahmesituation. Natürlich freut sich Ihr Team über einen Fels in der Brandung. Aber wenn Sie nicht ehrlich sind und sich selbst viel Stärke vorspielen, werden Sie das nicht sehr lange durchhalten. Machen Sie sich lieber bewusst, welche Emotionen Sie gegenüber Ihrem Team zeigen wollen und welche eher gegenüber Ihrer Familie oder Ihren Freunden. Vielleicht benötigen Sie jetzt – mehr als sonst – Rückzugsräumlichkeiten in der Arbeit, um mit Ihrer Energie gut haushalten zu können.

Tipp an uns alle

Wenn wir aktuell mit Dienstleitern im Supermarkt, im Gesundheitssystem oder bei der Post zu tun haben: Denken wir daran, dass diese Menschen gerade ihre eigene Gesundheit und die ihrer Familie riskieren, damit unsere Gesellschaft weiter versorgt ist und das normale Leben zumindest halbwegs aufrecht bleibt.

Es ist nicht die passende Zeit für Ungeduld oder Null-Fehlertoleranz. Es ist Zeit für Menschlichkeit, Dankbarkeit und Rücksichtnahme!

Psychische Belastungen im Corona-Kundenkontakt

Mag. Veronika Jakl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Veronika Jakl ist Arbeits- und Personalpsychologin. Sie begleitet mit Ihrem Team Organisationen bei Veränderungen und führt Evaluierungen psychischer Belastungen durch. Führungskräfte und HR-Mitarbeiter trainiert sie in Kommunikation und Führungsfragen. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Fachforums für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie.

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