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Feedback geben vs. Ratschlag geben: Der feine Unterschied

feedback

Feedback ist einer jener Begriffe der modernen Arbeitswelt, die allgegenwärtig sind. Im Zentrum dabei steht die Feedbackfähigkeit in zwei Ausprägungen: Feedback geben und Feedback anzunehmen. Dabei wird „Feedback“ oft mit „Ratschlägen“ verwechselt.

„Feedback“ und „Ratschläge“ haben viel gemeinsam und doch einige fundamentale Unterschiede. Beide sollen und wollen Menschen dabei unterstützen sich (beruflich) zu entwickeln, sie schlagen dabei aber unterschiedliche Wege ein.

  • Ratschläge sind meist dort angebracht wo man es mit noch unerfahrenen Mitarbeitenden in einer Sache zu tun hat, wenig Zeit für Selbstlernen besteht oder das Fehlerrisiko zu hoch ist. Der Ratschlag ist der scheinbar schnellere Weg.
  • Feedback ist üblicherweise dort zielführender, wo es darum geht Lernprozesse und Lernmotivation langfristig zu fördern. Es ist der scheinbar langsamere Weg, wird aber meist als der nachhaltigere bezeichnet.

Feedback geben: der Grundaufbau

Der Grundaufbau eines jeden gelungenen Feedbacks ist es stärker beschreibend als bewertend zu sein und dabei konkret zu sein und nicht zu allgemein. Es geht um die Schilderung der eigenen Beobachtung, des eigenen Eindrucks. Dabei darf es alleine aber nicht verbleiben. Was dazu gehört ist die Auswirkung auf die Situation, die man aus der Beobachtung heraus wahrnimmt oder erwartet.

Feedback = Beobachtung + Auswirkung (Ich habe bemerkt X. Ich spreche dies an weil Y.)

Beispiel: „Ich habe beobachtet, dass du in diesem Meeting den dominierenden Redeanteil hattest und mehrmals andere nicht zu Wort hast kommen lassen. Ich habe dein Eindruck, dass nicht alle ihre Bedenken geäußert oder ihre Anregungen eingebracht haben und wir dadurch ggf. wichtige Impulse nicht erhalten haben.“

Im Kern ist dies Feedback. Aber noch kein entwicklungsorientiertes Feedback im engeren Sinn. Dazu fehlt noch der Lern- bzw. Veränderungsimpuls. Das „Was ist jetzt damit zu tun?“

Klassische Feedbackregel: 3W‘s

Eine der klassischen Feedbackregeln, die 3W Regel, beschreibt den idealen Feedbackaufbau als:

  • Wahrnehmung: Ich habe bemerkt X.
  • Wirkung: Ich spreche dies an weil Y.
  • Wunsch: Ich wünsche mir in Zukunft Z.

Also um im oberen Beispiel zu bleiben etwas: „Ich würde mir wünschen, dass du den Meinungen der anderen mehr Raum gibst und bewusst darauf achtest, dass jeder sein Anliegen einbringt.“

Das Wunsch soll die mögliche Richtung der Verhaltensänderung aufzeigen, die Umsetzungshoheit aber beim Feedbackempfänger belassen. Also:

Feedback = ich beobachte etwas, das dir wohl nicht bewusst ist + ich zeige es dir auf + ich sage dir warum dies wichtig ist und was ich mir wünschen würde + ich überlasse dir was du daraus machst

Aber ist das eigentlich ein Wunsch? Oder ist dies nicht ein Ratschlag?

Der Grundaufbau eines Ratschlages

Ein Ratschlag ist eine ausgesprochene Empfehlung bzgl. einer Handlungsalternative. Ich beobachte etwas, das aus meiner Sicht nicht optimal ist, und gebe im Zuge dessen eine Lösung für das Problem an.

Ratschlag = Beobachtung + empfohlenes alternatives Verhalten

Beispiel: „Ich empfehle dir in Meetings weniger Redezeit zu beanspruchen und den anderen mehr Raum zu geben die eigene Meinung auszusprechen.“ oder „Ich empfehle dir jeden im Raum direkt anzusprechen ob er noch Fragen oder Anmerkungen zu dem Thema hat, bevor du zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehst.“

Wunsch vs. Ratschlag

In den hier konstruierten Beispielen liegt Wunsch und Ratschlag nahe beisammen  – zumindest in bestimmten Kontextsituationen. Man stelle sich vor:

  • Ein Kollege sagt: „Ich wünsche mir, dass du auch mich zu Wort kommen lässt.“
  • Der eigene Vorgesetzte sagt: „Ich wünsche mir, dass du alle zu Wort kommen lässt.“

Auch wenn beides per Definition ein Wunsch ist bin ich mir fast sicher, dass in den meisten Fällen der „Wunsch“ des Vorgesetzten eher als Ratschlag oder Weisung verstanden wird.

Gibt es Alternativen zum Wunsch

Wenn es bei entwicklungsorientiertem Feedback nun darum geht weniger Ratschläge zu geben und der Wunsch, aus klassischen Feedbackregeln manchmal sehr nahe am Ratschlag liegt, welche Alternativen hat man.

  • Ich halte den „Wunsch“ zu äußern weiter für die ideale Variante wenn es um sehr persönliches Feedback geht auf einer kollegialen Ebene. Zu sagen wir es einem selber erging in einer Situation und was man sich selber wünschen würde ist in diesem Kontext absolut passend.
  • Um das Ratschlagspotenzial zu verringern bietet sich ggf. auch an mehrere Vorschläge zu formulieren, die in unterschiedliche Lösungsrichtungen. Um in unserem Beispiel zu bleiben: „Ich würde mir wünschen, dass du X machst oder auch Y machst oder auch Z machst.“ Die Entscheidung liegt dann wiederum stärker beim Feedbackempfänger.
  • Man kann alternativ auch anstelle des Wunsches stärker auf Fragen setzen, die helfen die Sichtweise des Feedbackempfängers zu beleuchten und seinerseits Handlungsalternativen zu entwickeln. In unserem Beispiel: „Wie hast du das Meeting erlebt?“ oder „Wie könnte man dies aus deiner Sicht in Zukunft vermeiden?“
  • Ebenso dankbar: Man fragt dezidiert danach ob der Feedbackempfänger einen Ratschlag haben möchte. Beispielsweise: „Mir ging es in den ersten von mir moderierten Meetings ähnlich. Möchtest du wissen was ich seither anders mache um das Problem gezielt zu vermeiden?“

Unterm Strich: Warum der Unterschied zählt

Feedback ist gut. Ratschläge können ebenso gut sein. Ratschläge sind v.a. dort sinnvoll wo jemand noch nicht das Wissen und die Erfahrung besitzt eine Situation voll zu beurteilen und der Rat eines erfahrenen Kollegen leere Kilometer vermeiden hilft. Oder auch wo es um das Einhalten eines bestimmten Verhaltens geht ohne Handlungsalternativen und das Feedback diese negative Abweichung aufzeigt.

Feedback im Sinne von „Die Entscheidungsfreiheit liegt beim Feedbackempfänger“ ist v.a. dort angebracht, wo man Selbstlernprozesse anregen möchte, die drei Komponenten stärken:

  • Selbstreflexion: Ein Ratschlag stellt meist das was man tun sollte ins Zentrum und vernachlässigt teilweise das was geschehen ist. Bewusstes Feedback auf eine Situation hin erhöht die Selbstreflexionsfähigkeit.
  • Motivation: Ein Ratschlag ohne Fokus auf die Auswirkung auf die Situation löst teilweise Widerstand aus. Ein „ich kann dich nicht hören“ ist wirksamer als ein „sprich lauter“.
  • Autonomie: Feedback ist meist dort am wirksamsten, wo die Entscheidungs- und Handlungsautonomie des Feedbackempfängers gefördert und nicht beschnitten wird. Denn dann kann der sich entscheiden, wie er den Wunsch des Feedbackgebers berücksichtigen könnte.

Feedback geben vs. Ratschlag geben: Der feine Unterschied

Mag. Gerd Beidernikl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Gerd Beidernikl ist geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult, der Vienna Corporate Research and Development GmbH und Lehrvortragender für Organisationssoziologie.

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