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Unterschiedliche Chronotypen im Office vereint | Nur „anders“ oder schlichtweg „faul“?

chronotypen

Kürzlich führte ich ein Interview zu Chronotypen. Also die individuell unterschiedlichen Zeiten von idealem Schlafrhythmus und Zeiten des Leistungshochs.

Nun stelle ich mir allerdings die Frage: wie erkenne ich, ob jemand sicherlich leistungsbereit und leistungsfähig ist, eben zu seiner eigenen Zeit (die vielleicht nicht unbedingt mit meiner persönlichen chronotypischen Präferenz harmoniert), oder ob der Mensch schlicht und einfach faul ist?

Experten-Interview

Ich wende mich nochmal an meine Experten-Runde mit einem konkreten Beispiel:

Chronotypen – konkretes Beispiel

Angenommen: in der Früh bin ich müde und bleibe lieber im Bett liegen, falle nach dem Lunch in ein Mittagstief, nachmittags erreiche ich mein Leistungshoch beim Joggen und sacke danach müde auf die Couch.
=> Welchem Chronotyp entspricht das, oder ist es einfach nur Faulheit gepaart mit Motivationsmanko? Worin liegt der Unterschied? Und wie kann dieser Unterschied (Nachteule versus Faulpelz) für Unternehmen und auch für das Individuum sichtbar gemacht werden?

Corporate Health, Chronotypen

Links der HR-Branche Corporate Health

Dr. Helmut Stadlbauer (IBG):

Lassen Sie mich auseinanderklauben: dass ein großer Teil der Arbeitenden in der Früh müde ist, weil er zu wenig geschlafen hat. Das Leistungstief am Nachmittag, so zwischen 13 und 16 Uhr, je nach Chronotyp, ist auch etwas ganz normales, und hat auch nicht zwingend mit dem Essen zu tun. Dass das zweite Leistungshoch des Tages um etwa 17 bis 19 Uhr bei vielen schon in die Freizeit fällt, ist ja die Regel – und den meisten auch nicht unangenehm. Dass Sport müde macht, vor allem etwa ein bis drei Stunden nach der Anstrengung, ist ja gut, und hilft beim Einschlafen. Was Sie hier also beschreiben, ist die Arbeits- und Freizeitrealität einer Mehrheit der Arbeitenden, und kein bestimmter Chronotyp.

Für viele fängt die Arbeit biologisch gesehen zu früh an, deshalb haben sie zu wenig geschlafen und sind müde. Das hat mit Faulheit nichts zu tun. Einen müden Menschen zu motivieren, ist mitunter aufwändiger, als einen ausgeschlafenen – die Unternehmen hätten es in der Hand. Wobei aber ein weiterer wichtiger Punkt ins Spiel kommt: ist die Arbeit derart gestaltet, dass sie mich von sich aus motiviert, reizt, beflügelt? Oder ist sie – übertrieben – so, dass es immer einen Antreiber mit der Peitsche braucht, damit ich beim Arbeiten nicht einschlafe? Sinnvolle Arbeit oder leere Monotonie? Ich meine, Menschen sehnen sich nach sinnvoller Beschäftigung, die ihnen Erfolgserlebnisse bietet. Wenn sie das nicht tut, ist es auch biologisch besser, in den Schongang zu schalten. Ist das nun Faulheit, oder nicht eher Intelligenz?

Zurück zu den Chronotypen: keiner davon ist per se motivierter oder „fauler“ als ein anderer – nur die Leistungshochs und ihren besten Schlaf haben sie zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Wenn die Arbeit sinnentleert ist, wollen erfahrungsgemäß auch späte Chronotypen gern früh beginnen. Und noch lieber früh aufhören, damit sie in ihrer leistungsbereiten Tageszeit noch möglichst viel sinnvolle Freizeitaktivitäten unterbringen.

Mag. Dr. Birgitt Espernberger (ASZ):

Die Differenzierung zwischen Faulheit und Chronotyp ist schwierig, da die Ursachen für unterschiedliche Schlaf-Wach-Rhythmen sehr komplex und vielfältig sind. Wohl aber können wissenschaftliche Verfahren, um den Chronotyp festzustellen (zB. CSM – Composite Scale of Morningness), verwendet werden. Auch können Führungskräfte durch die Beobachtung des Verhaltens der Mitarbeitenden einen wesentlichen Beitrag leisten.

Dr. Lisa Tomaschek-Habrina, MSc (E.S.B.A.):

Entspricht eher einem mittleren Chronotyp, also Mischtypen mit Tendenz zur Nachteule. Es geht darum, dem subjektiven Schlafbedürfnis und individuellen Schlafrhythmus nachzukommen, weil dies unsere Regenerationsfähigkeit maßgeblich beeinflusst. Dazu gehört eben auch eine gute Selbstwahrnehmung und selbstverständlicherweise auch Selbstdisziplin. Natürlich kann ich nicht nichts arbeiten, nur weil ich zu spät ins Bett gegangen bin, und dann morgens nicht fit bin. Faulheit hat mit viel oder wenig Schlaf nichts zu tun. Jedoch macht es einen großen Unterschied, wenn bekannte Nachteulen bereits um 8 Uhr wichtige, kognitiv fordernde Meetings zu absolvieren haben. Da sind sie sicherlich nicht in ihrem Bestleistungsspektrum.

Wie kann man es sichtbar machen? In meinen Keynotes oder Impulsseminare lautet eine meiner ersten soziometrischen Fragen: „Sind Sie eher  Morgenmuffel, Frühaufsteher, Langschläfer oder Nachteulen!“ um gleich zu Beginn weg für chronobiologische Grundkonstanzen zu sensibilisieren und gleichzeitig macht man auch für andere Kollegen im Raum etwas sichtbar, was in der Zusammenarbeit hilfreich sein kann. Also es zum Thema machen, Menschen darüber informieren, dass die Chronobiologie einen wichtigen, nicht zu ignorierenden mentalen sowie körperlichen Gesundheitsfaktor darstellt.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy):

Einen Faulpelz erkenne ich daran, dass dieser nie eine passende Zeit für Aufgabenerfüllung findet – ein Early Bird arbeitet in der Früh konzentriert und produktiv und eine Nachteule halt in der Nacht. Faulpelze halten permanenten Winterschlaf.

Danke

Danke für diesen Schluss-Satz, Corinna!

Unterschiedliche Chronotypen im Office vereint | Nur „anders“ oder schlichtweg „faul“?

Die Interview-Partner

Dr. Helmut Stadlbauer

Helmut Stadlbauer

Corinna Ladinig, MBA

Corinna Ladinig, CTC

Dr. Lisa Tomaschek-Habrina, MSc

Tomaschek-Lipiarski

Mag. Dr. Birgitt Espernberger

Brigitt-Espernberger, ASZ, Artificial Intelligence
Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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