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Krisenmüdigkeit | Über steigende Aggressivität am Arbeitsplatz

07Jun2024
4 min
Aggression

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Die Stimmung in vielen Unternehmen wird zunehmend aggressiver. Führungskräfte berichten von gereizteren Kundenkontakten und einer raueren Kommunikation mit weniger Toleranz innerhalb der Teams. Diese Entwicklung kommt nicht überraschend.

Die vielen globalen Krisen der letzten Jahre und die daraus resultierenden Unsicherheiten setzen immer mehr Menschen unter Druck. Die Folgen dieser psychischen Dauerbelastung zeigen sich nun immer deutlicher auch in der Arbeitswelt.
Unternehmen und deren Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, ein zunehmend toxisches Arbeitsumfeld zu managen und Lösungen zu finden, um das Arbeitsklima zu verbessern. Was also tun, um rechtzeitig gegenzusteuern?

Ursachen der wachsenden Aggressivität

Die Gründe für diese zunehmende Aggressivität sind vielfältig und tief verwurzelt. Ein zentrales Element ist die anhaltende Stressbelastung durch externe Krisen. Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur gesundheitliche Ängste geschürt, sondern auch soziale Isolation und wirtschaftliche Unsicherheit mit sich gebracht. Viele Menschen haben ihre Routinen verloren und kämpfen mit der Unsicherheit ihrer Zukunft.

Die durch den Ukraine-Konflikt ausgelöste Energiekrise und die damit verbundenen steigenden Kosten für die Lebenshaltung, setzen viele Haushalte zusätzlich unter Druck. Besonders hart trifft das jene, die ohnehin mit knappen Ressourcen haushalten müssen. Zusätzlich trägt der Krieg in der Ukraine zur globalen Unsicherheit bei und beeinflusst das Sicherheitsgefühl vieler Menschen, was wiederum zu einer allgemeinen Anspannung führt.

Nicht zuletzt sorgen auch zunehmende Ängste um den Arbeitsplatz wegen der schwachen Konjunktur für Stress. Die Sorge um die berufliche Zukunft führt zu einem Gefühl der Bedrohung, das oft zu einer erhöhten Reizbarkeit und Aggressivität im Verhalten führt. Menschen, die in Sorge um ihre berufliche Existenz sind, reagieren oft defensiv und aggressiv, was den Umgang mit Ihnen erheblich erschwert.

Auswirkungen auf das Arbeitsklima

Diese externe Anspannung wird unweigerlich in die Arbeitswelt getragen. Führungskräfte berichten von einer Zunahme verbaler Aggression im Kundenkontakt. Kundinnen, die sich unter Druck und gestresst fühlen, reagieren schneller gereizt und lassen ihren Frust an den Mitarbeitenden aus. Das führt zu einer Spirale der Negativität: Das betroffene Personal fühlt sich angegriffen und reagiert gleichfalls gestresst und weniger geduldig.

Innerhalb der Teams ist eine ähnliche Dynamik zu beobachten. Mitarbeitende, die früher gut miteinander auskamen, geraten jetzt aneinander. Die Kommunikation wird rauer, Missverständnisse nehmen zu und die Bereitschaft zur Kooperation sinkt. Zusätzlich verschärft wird diese Entwicklung dadurch, dass durch die Ausweitung von Home-Office der Raum für persönliche Begegnungen stark reduziert wurde. Das alles hat erhebliche Auswirkungen auf die Produktivität und das allgemeine Betriebsklima.

Ein weiteres Risiko ist die Ausgrenzung innerhalb von Teams. Unter dem Druck der äußeren Umstände suchen manche Personen nach Sündenböcken, um den eigenen Stress zu kompensieren. Das führt zu einem toxischen Arbeitsumfeld, in dem Vertrauen und Teamgeist erodieren. Solche Entwicklungen können langfristig das gesamte Unternehmen schädigen, da sie die Moral und das Engagement in der Belegschaft untergraben und die Fluktuationsrate erhöhen.

Präventive Maßnahmen gegen Arbeitsplatzkonflikte

Angesichts der zunehmenden Aggressivität und der daraus resultierenden Spannungen müssen Führungskräfte gezielte Maßnahmen ergreifen, um ein produktives Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Eine offene Kommunikation ist dabei ein zentraler Ansatzpunkt. Indem Führungskräfte regelmäßige Meetings einplanen, in denen Mitarbeitende offen über ihre Befindlichkeiten sprechen können, wird das Vertrauen innerhalb des Teams gestärkt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Stressmanagement. Viele Unternehmen bieten bereits Programme zur Stressbewältigung an, die jedoch oft unzureichend genutzt werden. Diese Programme sollten nicht nur ausgebaut, sondern auch aktiv beworben werden. Workshops zu Achtsamkeit und Resilienz sowie individuelle Beratungsangebote können den Teams helfen, besser mit Stress umzugehen und die psychische Gesundheit zu stärken.

Zusätzlich sollten präventive Konfliktmanagement-Maßnahmen sowohl im Umgang mit Kunden als auch innerhalb der Teams verstärkt werden. Konkret bedeutet dies, dass regelmäßige Schulungen zur Konfliktlösung und Deeskalation angeboten werden. Diese Schulungen sollten praktische Techniken zur Kommunikation und zum Umgang mit schwierigen Situationen vermitteln. Rollenspiele und Szenarien, die Konfliktsituationen nachstellen, können den Mitarbeitenden helfen, sicherer und souveräner zu agieren.

Fazit

Das Arbeitsklima in den Unternehmen bleibt, wenig überraschend, nicht von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Spannungen verschont. Angesichts der vielfältigen globalen Krisen in den letzten Jahren, ist es entscheidend, dass Unternehmen und Führungskräfte sensibel auf die Bedürfnisse ihrer Belegschaft eingehen.

Ein harmonisches Arbeitsumfeld, das von Vertrauen, Respekt und Zusammenarbeit geprägt ist, bildet die Grundlage für langfristigen Erfolg und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dabei kommt der Förderung von Konfliktkompetenz und Deeskalation eine zentrale Bedeutung zu.

Wenn wir Mitarbeitende und Führungskräfte mit den nötigen Werkzeugen ausstatten, um Konflikte konstruktiv zu lösen und Eskalationen zu vermeiden, legen wir den Grundstein für eine kollaborative und produktive Arbeitskultur, die auch den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist.

„Der Dialog ist die Ablehnung von Aggression“
(Jacques Lacan, franz. Psychologe)

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