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KI im Recruiting | Wer heute noch manuell sichtet, bremst sein ganzes Team aus.

13Mai2025
6 min
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Inhalt

Welche Recruiting-Aufgaben kann KI wirklich übernehmen – und wo sind ihre Grenzen? In unserem Interview geben Expertinnen und Experten klare Antworten.

Recruiting Prozess

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Experten-Interview

KI im Recruiting-Prozess

Welche Bereiche im Recruiting-Prozess sind sinnvoll von KI abdeckbar?

Maria Brinninger-Gschaider, MA (HR_4.0 Beratung ZELLNER)

Keine so leichte Frage angesichts des aktuell sehr inflationär verwendeten Begriffes. Da muss der User schon genauer hinsehen, ob es sich bei Einzelanwendungen tatsächlich um KI oder nur Digitalisierungs- und Automatisierungsschritte handelt. Oft werden zweitere ebenso mit dem Label „KI“ versehen. KI im Recruiting-Prozess macht immer dann Sinn, wenn eine große Anzahl an Daten strukturiert verarbeitet werden soll. KI ist besonders wertvoll, wenn sie große Datenmengen schneller und präziser analysiert als ein Mensch, beispielsweise bei der automatisierten Lebenslaufanalyse.

Im Recruiting-Prozess können mehrere Felder mit KI abgedeckt werden – bei der „Attraction“ der Kandidaten können spezielle Algorithmen in der zielgenauen Ansprache im Personalmarketing eingesetzt werden, um den Gießkanneneffekt zu reduzieren und eine größere Reichweite bei der gewünschten Zielgruppe zu erzielen. Künstliche Intelligenzen zeigen bei der „Selection“ und Prüfung dann einen Nutzen, wenn sehr viele Bewerbungen gesichtet und selektiert werden müssen. Oder wenn innerhalb eines eigenen Talentpools ein Abgleich zwischen Anforderungsprofil und Kandidaten-Profil erfolgen muss. Greift die KI noch Hand-in-Hand mit dem genutzten ATS, erstellt automatisierte Einträge, Bewerber-Kommunikation und Erinnerungen, liegt hier ein großes Einsparungspotenzial von manuellen, zeitraubenden Tätigkeiten innerhalb des Recruiting-Prozesses.

Mag. Armand Kaáli-Nagy (ÖPWZ)

In allen Bereichen des Recruiting Prozesses kann KI als Unterstützung eingesetzt werden. Gerade im Recruiting ist der Anteil an Digitalen Prozessen von Unternehmen sehr unterschiedlich. Was man beim Einsatz von KI insbesondere im Recruiting mitberücksichtigen muss, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen. Nicht jedes Tool am Markt darf in der EU auch eingesetzt werden.

Als Unterstützung beim Texten, als Kommunikationskanal für Nachfragen, in der Analyse von Stellenprofilen – die Einsatzmöglichkeiten sind gewaltig. Abhängig von der Unternehmensgröße, der Anzahl an Bewerbungen und dem Grad der Digitalisierung des Bewerbungsprozesses, macht den sinnvollen Einsatz von KI-Tools individuell.

Hermann Pavelka-Denk (Pavelka-Denk Personalberatung)

KI kann eine enorme Unterstützung in Bereichen wie Lebenslauf-Screening und Bewerberkommunikation bieten. Im Screening kann sie schnell und präzise nach relevanten Erfahrungen und Qualifikationen suchen und dabei helfen, die ersten Hürden zu überwinden.

Ein Beispiel aus meiner eigenen Arbeit: Wir nutzen wir eine KI-gestützte Lösung, die Kandidaten automatisch vorab analysiert und passgenaue Profile erstellt. Auch das Active Sourcing, bei dem KI potenzielle Kandidaten auf LinkedIn identifiziert und direkt anspricht, spart enorm viel Zeit. Der KI-gestützte Auswahlprozess kann so viel effizienter und zielgerichteter gestaltet werden, ohne den menschlichen Kontakt zu ersetzen.

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us)

Alle repetitiven und fehleranfälligen Schritte können gut von KI übernommen werden. KI hilft beim Texten, bei der automatischen Terminkoordination, beim Erstscreening von CVs sowie durch Chatbots beim Beantworten häufiger Fragen. Weiters können KI-Tools dabei helfen, das Nutzungsverhalten von Zielgruppen zu analysieren und anschließend die Jobinserate gezielt dort online zu platzieren, wo die Zielgruppen aktiv sind. Dadurch können potenzielle Bewerbende zielgruppenspezifischer adressiert werden (Social Recruiting) während die Qualität und Effizienz des Recruitingprozesses erhöht und die Kosten gesenkt werden. Wichtig ist mir aber zu betonen, dass die Letztentscheidung aus meiner Sicht eine menschliche bleiben muss. Richtig eingesetzt gewinnt man durch KI Zeit für strategische Themen und persönliche Kommunikation.

Tristan Niewöhner (persomatch)

KI kann viele wiederkehrende und zeitaufwendige Aufgaben im Recruiting übernehmen, um Prozesse effizienter zu gestalten. Besonders sinnvoll ist ihr Einsatz bei der Vorauswahl von vielen Bewerbungen, indem sie Lebensläufe analysiert und nach relevanten Kriterien filtert – jedoch muss die finale Auswahl weiterhin von Menschen getroffen werden. Chatbots können rund um die Uhr Fragen beantworten und erste Informationen liefern. Auch das Active Sourcing profitiert von KI, da Algorithmen gezielt passende Kandidatinnen und Kandidaten auf Plattformen wie LinkedIn identifizieren. Weitere Einsatzbereiche sind die automatische Terminplanung, um Vorstellungsgespräche effizient zu koordinieren, sowie Textanalysen, die helfen, Stellenanzeigen inklusiver und attraktiver zu gestalten. Zudem kann KI in der Datenanalyse Trends erkennen und Vorhersagen über den Erfolg von Einstellungen treffen.

Essenzielle KI-Details

Was ist essenziell, um mit Hilfe von KI zu besseren Ergebnissen zu bekommen als ohne KI?

Hermann Pavelka-Denk (Pavelka-Denk Personalberatung):

Der größte Mehrwert von KI im Recruiting entsteht, wenn wir sie als Erweiterung und nicht als Ersatz für den menschlichen Aspekt sehen. Es ist entscheidend, dass wir die richtigen Datenquellen nutzen und diese laufend aktualisieren, um sicherzustellen, dass die KI relevante und faire Entscheidungen trifft.

Bei uns in der Beratung haben wir durch den Einsatz einer fortschrittlichen KI-Analyseplattform einen besseren Überblick über die Bedürfnisse unserer Kandidatinnen und Kunden gewonnen, was es uns ermöglicht, passgenaue Empfehlungen abzugeben. Wichtig ist auch, dass die KI die menschliche Entscheidungskompetenz nicht ersetzt – sie muss vielmehr als Unterstützung dienen, um Fehler zu minimieren und Prozesse zu beschleunigen.

Tristan Niewöhner (persomatch):

Der Schlüssel zum Erfolg mit KI im Recruiting liegt in der richtigen Kombination aus Technologie und menschlicher Expertise. Zunächst müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Datenbasis hochwertig und divers ist, damit die KI-Modelle keine verzerrten oder fehlerhaften Entscheidungen treffen. Regelmäßige Kontrollen und Anpassungen der Algorithmen sind entscheidend, um unbewusste Vorurteile (Bias) zu vermeiden.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die klare Definition von Kriterien, damit die KI nicht nur formale Qualifikationen berücksichtigt, sondern auch relevante Soft Skills erkennt. Zudem sollte KI nicht isoliert genutzt werden, sondern als Ergänzung zum menschlichen Urteilsvermögen. Transparenz spielt dabei eine große Rolle: Bewerbende sollten wissen, wenn KI in der Vorauswahl eingesetzt wird. Letztlich geht es darum, den Auswahlprozess zu verbessern, nicht zu automatisieren – KI kann Daten liefern, doch die finale Entscheidung bleibt menschlich.

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us):

Für eine erfolgreiche Nutzung von KI-Tools gibt es unterschiedliche Schlüsselfaktoren: eine durchdachte KI-Strategie inklusive realistischer Zielsetzung, klar definierte Prozesse, eine gute Datenbasis, die Auswahl des richtigen Tools sowie die Schulung der Mitarbeitenden. Die Datenmenge, anhand der das KI-Tool programmiert bzw. angelernt wurde, ist ebenfalls von großer Bedeutung. Falls die Datenmenge zum Beispiel nicht divers genug ist, könnte das KI-Tool Vorurteile verstärken oder gewisse Zielgruppen bevorzugen. Daher ist es essenziell, KI-Systeme regelmäßig zu monitoren und stichprobenartig zu kontrollieren.

Maria Brinninger-Gschaider, MA (HR_4.0 Beratung ZELLNER):

Essenziell ist die tiefe Beschäftigung mit den KI-Tools, die zum Einsatz kommen sollen und die Analyse wie diese bestmöglich die bestehenden Recruiting-Prozesse unterstützen und verschlanken können. Die Verwendung von richtigen Prompts führt zudem zu optimierten Ergebnissen. Unerlässlich ist außerdem das Wissen darum, worauf die KI trainiert ist, wie sie funktioniert und weiterentwickelt werden kann.

Ein übergeordnetes vernetztes Wissen und Expertenwissen, um verlässlich zu beurteilen, wie gut die KI arbeitet. Bestückt mit diesem Handwerkszeug unterstützen KI-Anwendungen sehr effizient, sekundenschnell und oftmals akkurat bei der Lösung unterschiedlichster Aufgabenstellungen wie z.B. der Optimierung von Stellenanzeigen, Kandidatenvorschlägen und -bewertungen, Lebenslauf-Screenings, Kandidaten-Kommunikation, Maßnahmen für die Personalentwicklung (Weiterbildungsmaßnahmen und die Weiterentwicklung von Teams und Einzelpersonen) und helfen, kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVPs) im Recruiting zu etablieren.

Mag. Armand Kaáli-Nagy (ÖPWZ):

Um KI-Tools zu steuern, aber auch deren Ergebnisse kontrollieren zu können, ist Know-how im Recruiting und Wissen über das Unternehmen unerlässlich. Somit kommt zur Recruiting-Kompetenz noch die KI-Kompetenz dazu. Sprich, ich brauche beim Einsatz von KI mehr Kompetenzen, aber kann beim richtigen Einsatz schneller und effektiver arbeiten.

Fazit

Unsere interviewten Expertinnen und Experten sind durch die Bank begeisterte KI-Nutzer. Ihrer Meinung nach steigert KI – richtig eingesetzt – die Effizienz im Recruiting erheblich: Sie analysiert Lebensläufe, optimiert Stellenanzeigen, automatisiert Terminplanung und filtert Kandidatenprofile. Besonders im Active Sourcing hilft sie, die passenden Talente gezielter anzusprechen. Unternehmen sparen so Zeit und Ressourcen, ohne die menschliche Entscheidungskompetenz zu ersetzen.

Allerdings gilt es, rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten – nicht jede KI-Lösung darf in der EU uneingeschränkt eingesetzt werden. Letztendlich bleibt KI ein Werkzeug, das die Qualität des Recruitings verbessert, aber den Menschen nicht ersetzt.

Interviewte Personen

KI im Recruiting | Wann entsteht wirklich Mehrwert durch AI?

Hermann Pavelka-Denk

Hermann Pavelka-Denk, Pavelka Denk Personalberatung

Maria Brinninger-Gschaider, M.A.

Maria Brinninger-Gschaider, Beratung Zellner

Mag. Armand Kaáli-Nagy

Armand Kaáli-Nagy, OePWZ

Mag. Cornelia Schwaminger

Cornelia Schwaminger, AndUS

Tristan Niewöhner

  • Geschäftsführer
  • persomatch GmbH
Tristan Niewöhner, persomatch: Stellenausschreibung Stellenanzeigen

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