Wie gelingt der Start eines Benefit-Programms? HR-Abteilungen, die am Beginn einer Benefits-Reise stehen, unterschätzen teilweise, was wirklich nötig ist: interne Hürden, Abstimmung, Kommunikation, Change-Management.
Dieses Interview beleuchtet den Weg von der Idee zur erfolgreichen Einführung.
HR-Branche Corporate Benefits
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Experten-Interview
Erste Schritte
Welche ersten Schritte empfehlen Sie Unternehmen, die neu ins Thema Corporate Benefits einsteigen möchten?
Welche Benefits existieren im Unternehmen bereits?
Gerhard Danler (Moser Danler & Partner): Der größere Aufwand für den Start eines Benefit-Programms liegt in der Sammlung der bestehenden Benefits. Unsere Erfahrung zeigt: Viele Unternehmen bieten durchaus einige Vorteile – doch diese sind häufig nicht bekannt, unstrukturiert dokumentiert oder über klassische Kanäle wie das Intranet schlicht nicht auffindbar. „Was ich nicht kenne, kann ich nicht nutzen“ – und so verpufft der positive Effekt, den gut gemeinte Angebote eigentlich erzielen sollten.
Hinzu kommt: Manche sind veraltet, regional begrenzt oder entsprechen – je nach Altersgruppe – nicht mehr den heutigen Erwartungen. Um hier Klarheit zu schaffen, stellen wir einen digitalen Erhebungsfragebogen bereit, der kollaborativ von mehreren Personen – meist aus HR und Marketing – bearbeitet wird. So entsteht ein umfassendes Bild der aktuellen Situation.
Als Experten begleiten wir diesen Prozess aktiv, konsolidieren die Ergebnisse und erarbeiten gemeinsam im Workshop den Status quo sowie die Zielsetzung. Dabei fließen unsere Erfahrungen zu einzelnen Benefits ebenso ein wie konkrete Vorschläge für optimierte Abläufe und neue Ideen zur Erweiterung des Angebots.
Welche Corporate Benefits machen Sinn?
Conny Wilczynski (Sportbox): Unternehmen, die neu ins Thema Corporate Benefits einsteigen, sollten zunächst ihre Ziele und Zielgruppen klären und anschließend eine Bedarfsanalyse unter Mitarbeitenden durchführen. Auf dieser Basis lassen sich ein realistisches Budget festlegen und passende Benefit-Kategorien auswählen (zB. Gesundheit). Danach empfiehlt sich eine Pilotphase mit klarer Kommunikation, um Akzeptanz zu testen. Schließlich sollten Nutzung und Wirkung regelmäßig ausgewertet und angepasst werden.
Bernard Zamakhovski (Crocodil Events): Aus meiner Erfahrung ist der wichtigste erste Schritt, wirklich ehrlich in das eigene Team hineinzuhören. Wir haben unsere Benefits nicht am Reißbrett entworfen, sondern gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickelt. Wir haben gefragt, was ihnen im Alltag wirklich hilft und was sie motiviert, das reicht von flexibleren Arbeitszeiten bis hin zu freien Tagen nach großen Event-Wochenenden. Danach folgt die klare Kommunikation, wer versteht, warum ein Benefit entsteht, nutzt ihn auch aktiver.
Welches Ziel wird verfolgt?
Helmut Schleich (Probonio, Bikeleasing): Der wichtige erste Schritt ist, sich klar zu werden, warum man Mitarbeiter-Benefits einführen möchte und welchen Beitrag sie zur Unternehmensstrategie leisten sollen. Geht es primär um Recruiting, um Bindung oder um eine moderne Positionierung als Arbeitgeber? Erst wenn das Ziel definiert ist, lassen sich die passenden Benefits auswählen und intern sauber begründen.
Danach sollte man prüfen, welche Angebote zur eigenen Belegschaft und zu den rechtlichen bzw. steuerlichen Rahmenbedingungen passen – in Österreich z. B. geleaste Bikes, Essenzuschuss oder Mitarbeiterrabatte, weil sie einen sofort erlebbaren Mehrwert schaffen. Idealerweise arbeitet man dabei mit einem Partner, der diese Leistungen digital abbildet und die Administration schlank hält.
Dr. Andreas Heralic (SPORTS.Selection): Zunächst bräuchte es ein klares Zielbild: Warum sollen Benefits eingeführt werden und welche Wirkung wird damit angestrebt – z.B. stärkere Bindung, höhere Attraktivität als Unternehmen oder ein Kulturimpuls. Danach folgt eine Bestandsaufnahme: Welche Angebote existieren bereits, wie und von welchen „Gruppen“ werden sie genutzt, wo bestehen Lücken? Wichtig ist, Beschäftigte aktiv einzubeziehen – etwa über Umfragen oder Fokusgruppen. Erst danach sollte die Auswahl passender Benefit-Unternehmen und Tools erfolgen. Wir empfehlen, klein zu starten und auf Maßnahmen zu setzen, die sichtbar, messbar und gemeinschaftsstiftend sind. Ein Beispiel ist die Teilnahme an der Firmenchallenge Österreich – sie schafft sofort erlebbaren Nutzen, fördert Bewegung, Teamgeist und Kommunikation und kann als Einstieg in ein breiteres Benefit- oder Gesundheitsprogramm dienen.
Stolpersteine
Wo hakt es erfahrungsgemäß am häufigsten in der Umsetzung? Und wie lassen sich diese Hürden frühzeitig umschiffen?
Vielschichtige Stolpersteine
Anna Bauer, MSc (VBV): Wichtig ist, Corporate Benefits nicht isoliert zu betrachten, sondern als Teil einer konsistenten Employee-Experience-Strategie, die Kultur, Wertschätzung und Bindung stärkt. Daher sollte man es nicht zu operativ angehen. Entscheidend ist, dass sie sowohl von den Mitarbeitenden geschätzt werden, als auch zu den Werten des Unternehmens passen.
Als Beispiel: als Unternehmen der betrieblichen Altersvorsorge legen wir besonders Wert auf „finanzielle Vorsorge“ und „Gesundheit im Alter“: alle Mitarbeitenden der VBV erhalten eine Zusatzpension. Darüber hinaus bieten wir zahlreiche Gesundheits-Benefits, wie Vorsorgeuntersuchungen, Vorträge und psychosoziale Unterstützung durch MaVie. Nachhaltigkeit hat bei uns ebenfalls einen hohen Stellenwert, weshalb wir uns für das Jobticket und Jobrad statt für Firmenparkplätze entschieden haben. Ebenso ist eine gute interne Kommunikation entscheidend, um Benefits im Unternehmen sichtbar zu machen. Ein weiterer Stolperstein kann in der Administration liegen: Wenn ein Prozess zu kompliziert ist, leidet das gesamte Programm. Einfache, digitale Lösungen und Employee Self Service können die Administration in der HR-Abteilung erleichtern.
Christoph Monschein (Edenred): Am häufigsten hakt es in meiner Erfahrung bei der Akzeptanz. Benefits verpuffen, wenn sie an den Bedürfnissen vorbeigehen, zu kompliziert oder nicht allgemein nutzbar sind. Dem beugt man vor, indem man den richtigen Benefit wählt, Mitarbeitende früh einbindet, Feedback ernst nimmt und pragmatisch nachjustiert. Das schafft Vertrauen und erhöht die Nutzung.
Der zweite Klassiker ist unklare Kommunikation: Manche Unternehmen führen Benefits ein, erklären aber nicht verständlich, wie sie funktionieren – wo man sie findet, wie man sie einlöst, welche Fristen gelten. Mein Tipp: Schritt-für-Schritt-Anleitungen, kurze Erklärvideos, FAQs und konkrete Beispiele aus dem Arbeitsalltag. Ganz oft hat der Anbieter solche Informationen auch bereits gesammelt und gut aufbereitet in der Schublade – fragen kostet nix.
Drittens: technische Hürden. Wenn das System umständlich oder instabil ist, sinkt die Nutzung sofort. Deshalb vor dem Roll-out gründlich testen, auf Benutzerfreundlichkeit achten und einen klaren Support-Kanal anbieten. Der beste Benefit bringt nichts, wenn die Mitarbeitenden an der Nutzung scheitern.
Marion Kanalz (movevo): Im Prozess gibt es ganz unterschiedliche Stolpersteine und Hürden. Einerseits ganz zu Beginn, wenn nicht klar ist, warum man gewisse Benefits einführt und wie sie in das Gesamtkonzept passen. Später wenn man merkt, dass Benefits nicht genutzt werden oder niemand Bescheid weiß, was eigentlich alles so angeboten wird. Es ist nicht die Lösung möglichst viele Benefits anzubieten, sondern die die auch ankommen.
Häufig scheitert es aber gar nicht an dem konkreten Angebot, sondern an der fehlenden Planung der Verantwortlichkeiten und der Kommunikation. Wer ist für die Kampagne verantwortlich? Gibt es ein Reporting? Wie sollen die Mitarbeitenden davon erfahren? Wann ist ein passender Moment für die Einführung? Wer steht bei Fragen als Ansprechperson zur Verfügung? Wie wird der Erfolg gemessen?
Ein häufiger Stolperstein ist auch: Man fragt Mitarbeitende nach Feedback, setzt dann aber etwas ganz anderes um. Das sorgt schnell für Frust.
Kommunikation!
Mag. Joachim Schuller (GrECo International): Die größte Hürde liegt oft in der Kommunikation. Immer wieder hören wir die erstaunte Frage: „Warum wird ein Benefit nicht genutzt, obwohl er im Intranet ausführlich beschrieben ist?“ – Die Antwort: Niemand begibt sich detektivisch auf die Suche nach Benefits. Mitarbeitende müssen von Unternehmensseite aktiv und wiederholt auf Corporate Benefits aufmerksam gemacht werden. Benefits müssen einfach erklärt werden – insbesondere bei Vorsorge-Benefits ist dies ein extrem wichtiger Punkt. Und da holt man sich auch am besten Fachexperten mit an Bord. Das bedeutet: idealerweise macht man sich einen jährlichen Kommunikationsplan, holt sich kommunikative Unterstützung durch externe Benefit-Anbieter und ist sich im Klaren darüber, dass man wohl jedes Jahr wieder von vorne beginnt. Abschließend: meiner Erfahrung nach ist das Bündeln von Information zu mehreren Benefits – außer auf einer allgemeinen Informationsseite – kontraproduktiv. Konzentrieren Sie sich auf einen konkreten Benefit nach dem anderen und stellen Sie diesen individuell vor. Dann haben Sie auch die notwendige Aufmerksamkeit dafür.
Rene Moser (Frutura): Erfahrungsgemäß entstehen Schwierigkeiten vor allem durch unzureichende Kommunikation. Mitarbeitende wissen oft nicht, welche Benefits es gibt oder welchen Mehrwert sie bieten. Ebenso wichtig ist eine ausgewogene Auswahl der Angebote, damit keine Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Mitarbeitergruppen entsteht – Neid und Frustration sind sonst vorprogrammiert. Eine frühzeitige, offene Einbindung aller Zielgruppen und klare Kommunikationsstrategien helfen, diese Hürden zu vermeiden.
Angebots-Inflation
Sonja Liebing, MSc (BDO): Erfahrungsgemäß scheitern Corporate-Benefit-Programme oft an typischen Stolpersteinen. Häufig sind Budgets knapp, das Angebot an Benefits groß, die Nutzungsraten aber gering. Wir sehen in vielen Unternehmen eine „Benefits-Inflation“, bei der zu viele Angebote bestehen, die nicht zu den Unternehmenswerten und Bedürfnissen der Mitarbeitenden passen. Dies kommt häufig gepaart mit mangelnder Kommunikation an die Belegschaft, wenig Orientierung und Klarheit über das Angebot. Mitarbeitende wissen schlicht nicht, was ihnen zusteht. Das verursacht hohe Kosten, aber wenig Mehrwert. Umso wichtiger daher, die aufgestellte Benefit-Strategie regelmäßig zu evaluieren mithilfe klarer Messgrößen, die gemeinsam mit HR, Finanzabteilung und Geschäftsführung definiert werden.
Es klingt erstmal kontraintuitiv, aber besser ist es oft, sich auf wenige, aber relevante Benefits zu konzentrieren, die einen echten Mehrwert für die Belegschaft bieten.
Abstimmungs-Bedarf
Peter Moll (Firmenradl): Ein häufig unterschätzter Punkt ist der Abstimmungsbedarf innerhalb des Unternehmens. HR will ein Benefit einführen, aber Payroll, Controlling oder auch die Rechtsabteilung wurden noch nicht involviert – das sorgt oft für Verzögerung. Auch die Kommunikation an die Mitarbeitenden ist manchmal zu technisch oder zu knapp gedacht. Gerade beim Fahrradleasing gibt es Fragen: Wie funktioniert die Gehaltsumwandlung? Was passiert, wenn ich kündige? Wir bringen hier die nötige Erfahrung mit, um Unternehmen durch diesen Dschungel zu begleiten. Wir stellen Materialien zur Verfügung, beantworten Fragen und nehmen den Unternehmen diese Aufgabe weitgehend ab. Wichtig ist außerdem: Auch wenn der Benefit für das Unternehmen kostenneutral ist, muss der Ablauf intern gut integriert sein. Wer diese Punkte von Anfang an berücksichtigt, vermeidet Stolpersteine.
FAZIT: Corporate Benefits
Ein erfolgreiches Programm für Corporate Benefits beginnt nicht mit dem Einkauf von Gutscheinen oder Fitness-Abos, sondern mit Selbstreflexion: Was bieten wir bereits und was braucht unser Team wirklich?
Die Expertinnen und Experten im Interview zeigen, dass der größte Stolperstein oft in der fehlenden internen Abstimmung und Kommunikation liegt. Wer Benefits strategisch angeht, sie klar kommuniziert, auf reale Bedürfnisse zuschneidet und den Mut hat, klein und messbar zu starten, legt den Grundstein für eine nachhaltige Arbeitgebermarke.
Entscheidend ist nicht die Menge, sondern die Relevanz der Angebote. Und wie sichtbar und nutzbar sie gemacht werden.
Interviewte Personen
Einführung von Corporate Benefits | Der Weg von der Idee zur Umsetzung
Bernard Zamakhovski
- Geschäftsführer
- Crocodil Events
- Unternehmens-Profil
- www.crocodil.at
Marion Kanalz
- Co-Founder
- MOVEVO
- Unternehmens-Profil
- www.movevo.app
Christoph Monschein
- General Manager
- Edenred Austria
- Unternehmens-Profil
- www.edenred.at
Sonja Liebing, MSc
- Managerin (Organizational Development)
- BDO Consulting GmbH
- Unternehmens-Profil
- www.bdo.at
Mag. Joachim Schuller
- Competence Center Manager Health & Benefits
- GrECo International AG
- www.greco.services
Peter Moll
- Geschäftsleiter
- Firmenradl
- www.firmenradl.at
Anna Bauer, MSc
- stellvertretende HR-Leiterin
- VBV – Betriebliche Altersvorsorge AG
- Unternehmens-Profil
- www.vbv.at
Gerhard Danler
- Geschäftsführer
- Moser Danler & Partner GmbH & Co KG
- Unternehmens-Profil
- www.mybenefits.at
Conny Wilczynski
- Geschäftsführer
- SPORTBOX GmbH
Dr. Andreas Heralic
- Geschäftsführer
- SPORTS.Selection – HERALIC.Concepts GmbH
Rene Moser
- Head of People and Culture
- Frutura Obst & Gemüse Kompetenzzentrum GmbH
Helmut Schleich
- Managing Director Probonio Österreich
- BLS Bikeleasing-Service Österreich GmbH


