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HR-Tipp: Wie schult man Mitarbeiter aus Südkorea richtig?
Praktisches Beispiele & Tipps

Zielgruppe:



Personen, die mit Personal-Entwicklung in Südkorea zu tun haben


Tipp-Geber:


xxx


Dr. Karin Schreiner (Intercultural Know How – Training & Consulting)


 

Im Schulungskontext, wenn es um Verständnisfragen geht, kann ein Ja leicht missverstanden werden. Mitarbeiter aus Südkorea, Japan oder China, aber auch Thailand oder den Philippinen, tun sich schwer zuzugeben, wenn sie bei einer Schulung nicht alles verstanden haben.

Höflichkeitsfloskeln, Zustimmung, Beschwichtigungen als Antwort sind dann für Österreicher sehr irreführend, wenn sie nicht im jeweiligen kulturellen Hintergrund interpretiert werden. Kritisches Hinterfragen, klärende Fragen, Nachfragen sind Kommunikationsformen, die bei uns gegenüber Vorgesetzten durchaus üblich sind und erwartet werden. Nicht so in anderen Kulturen:

Schulung im IT Bereich einer großen österreichischen Versicherung. Die IT Fachfrau und Abteilungsleiterin hielt eben einen längeren Vortrag über ein neues Tool, das angewandt werden soll. Ihre Zuhörer sind südkoreanische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die eigens nach Österreich ins Unternehmen gekommen sind, um eingeschult zu werden.

„Ich hoffe, Sie konnten meinen Ausführungen folgen. Haben Sie Fragen?“

Die Zuhörer blicken auf ihre Laptops, keiner von ihnen meldet sich.

„Gibt es wirklich keine Fragen? Haben Sie alles verstanden?“

Keiner der Zuhörer stellt eine Frage. Alle nicken und murmeln ein Ja.

„Sie wissen, dass Sie dieses Tool selbständig anwenden müssen. Haben Sie wirklich keine Fragen?

Stille macht sich breit. Alle blicken in die Laptops. Niemand stellt eine Frage.

„Gut, dann danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung.“

Die Gruppe packt ihre Laptops ein und geht schweigend aus dem Schulungsraum. Am nächsten Tag hagelt es Emails an die Abteilungsleiterin, in denen sehr differenzierte Fragen bezüglich des Tools und der Anwendung gestellt werden. Die Abteilungsleiterin ist erbost und versteht nicht, weshalb diese Fragen nicht am Tag zuvor gestellt worden sind.

Verständnisfragen zu stellen ist nicht in allen Kulturen üblich. In unserem österreichischen Kontext gehen wir davon aus, dass Mitarbeiter nachfragen, wenn etwas unklar ist oder näher erläutert werden soll. Aber auch kritisches Hinterfragen der Inhalte und Diskussionen sind üblich. Dies ist möglich, wenn auf einer egalitären Ebene interagiert wird, was in österreichischen Unternehmen weitgehend der Fall ist. Dahinter liegt auch die Auffassung vom Recht des Einzelnen, prinzipiell alles in Frage zu stellen und näher zu untersuchen. Kritisches Denken geht somit mit einem Recht auf Wissen einher, das von Institutionen und Lehrenden gewährt und unterstützt wird. Diese Denktradition geht auf Sokrates zurück, der die Antworten seiner Gesprächspartner immer infrage stellte und sie durch logische Argumente  zu überzeugen versuchte. Diese Fähigkeit, seine Gedanken und Gefühle in Worte auszudrücken, ist wichtiger Bestandteil im westlichen Lernprozess (vgl. Karin Schreiner, Würde, Respekt, Ehre, Bern 2013).

Überall dort, wo in einem Unternehmen oder einer Institution Hierarchien betont werden, wird eine vortragende Person (Lehrende, Vorgesetzte, Manager usw.) respektvoll behandelt und dazu gehört auch, dass keine Fragen gestellt werden. Zwei Aspekte liegen diesem Verhalten zugrunde: Zum einen liegt in einem hierarchischen System die Verantwortung einen Inhalt zu vermitteln, beim Vortragenden. Eine klärende Frage würde demnach bedeuten, dass er oder sie den Inhalt unklar vorgetragen hätte. Sie würde somit das Gesicht verlieren. Zum anderen verliert auch der Fragende das Gesicht, da er oder sie sich mit der Frage Blöße vor allen anderen gibt, etwas nicht verstanden zu haben. Beides wird in einem formellen Kontext wie einem Vortrag oder einer Schulung möglichst vermieden. Gesicht-Wahren, Respekt und Höflichkeit sind in diesem Zusammenhang Aspekte, die sehr eng aneinander liegen und unter dem Gebot von Seniorität angewandt werden.

Tipps für Ihre Geschäftsanbahnung mit südkoreanischen Kunden:

  • Beachten Sie, dass ein höfliches JA nicht immer ein gemeintes Ja bedeutet.
  • Stellen Sie nach einer Schulung sehr präzise Fragen, die nicht mit Ja oder Nein zu beantworten sind.
  • Um sicher zu gehen, dass bei einer Schulung alles verstanden wurde, lassen Sie die Teilnehmenden wichtige Punkte selbst erklären, prüfen Sie Inhalte ab. Eine Methode, die bei Österreichern sicher nicht gut ankommt, aber im asiatischen Kontext Anwendung findet.
  • Bieten Sie an, dass Sie auch Fragen per Email entgegennehmen. Damit wahren Sie das Gesicht der Teilnehmenden an der Schulung.
Dr. Karin Schreiner, MA | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Dr. Karin Schreiner ist interkulturelle Trainerin und Coach für interkulturelles Management. Sie ist Ihre Ansprechpartnerin für kulturspezifische Trainings zu Indien, China, Japan, Süd-Korea.

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