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Train the Trainer | Wie viel Spontanität muss im Trainer-Alltag Platz finden?

25Aug2016
9 min
ttt_train-the-trainer-ausbildung

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Der ständig spontane & flexible Trainer, wird mächtig auf die Probe stellt, wenn das Konzept aufgrund externer Widrigkeiten ins Wasser fällt. Trainer-Ausbildungen bereiten die Trainer auf viele Situationen vor – auch auf diese:

 

Mit folgender Frage & Themenstellung wandte ich mich an Vertreter von Train-the-Trainer-Ausbildungen und bin auf die Lösungs-Ansätze gespannt:

Wie bereiten Sie die Trainer in Ihrer Ausbildung auf folgende Situation vor:

Der Trainer (für Teambuilding) wird von der Firma XY kontaktiert, er kennt ähnliche Unternehmen in der Branche, er wurde der Personalabteilung empfohlen, mit diesem Unternehmen war er noch nie in Kontakt, die Eckpunkte erhält er in einem Email:

  • 1 Unternehmen
  • 10 Teams mit je 1 Training für je 1 Tag
  • Die Ausgangssituation ist für alle Teams die selbe, daher ist nur 1 Konzept erforderlich
  • Ziel: die generell negative Stimmung im Unternehmen verbessern. Die GF möchte den Mitarbeitern mit diesem Seminar etwas plakativ Gutes tun und somit die Zufriedenheit und Loyalität der Mitarbeiter erhöhen.
  • Seminarhotel in der Nähe mit Outdoor-Möglichkeit vorhanden.
  • Das Teambuilding eilt, Zeit um mit allen Abteilungsleitern Vorgespräche zu führen gibt es nicht.

Ein kurzes persönliches Briefing mit der Personalabteilung bringt keinerlei Zusatzinfo.

Experten-Interview

Sabine, eine exzellente Trainerin – und ganz nebenei HRweb-Autorin – lacht und ich ernte ein wissendes Nicken, offensichtich habe ich mit diesem Thema den Nagel auf den Kopf getroffen:

Mag. SabineProhaska (seminar consult): Diese Situationen kenne ich nur allzu gut. Einerseits sind die Erwartungen der GF überzogen. Ein Tag soll sofort die Stimmung im Unternehmen verbessern. Wenn wir das leisten könnten, wären wir Wunderwuzzis. Andererseits braucht es 10 unterschiedliche Konzepte, da jedes Team anders tickt und andere Herausforderungen hat. Als Trainer müssen wir auf diesen beiden Ebenen arbeiten und Vorbereitungen treffen. Das bedeutet:

  • Arbeit an realistischen Zielen „Was könnten erste kleine Anzeichen nach den Trainings sein, an denen man den Weg in die richtige Richtung erkennen kann?“ Diese Frage sollte der GF gestellt werden.
  • Andererseits wären ein paar Vorinfos von den Teams dringend notwendig.

Ich arbeite in der Trainerausbildung gerne mit solchen Praxisbeispielen. Die Teilnehmer des Lehrgangs diskutieren ihre Vorgangsweise in diesen Fällen in Kleingruppen und präsentieren dann ihre Ergebnisse. Im Plenum wird nochmals über die einzelnen Ideen reflektiert. Diese Sequenzen sind für die Teilnehmer immer ein Highlight. Sie erhalten Einblick in die Praxis und können im Austausch mit den Kollegen ihre Ideen überprüfen bzw. neue Ideen gewinnen. Dadurch wird die Rolle des Trainers und auch die „nicht sichtbare Arbeit“ außerhalb des Seminarraums immer deutlicher.

Vor dem Training:

Wie sieht Ihre Vorbereitung für den Trainingstag aus? Inhalt, Ziel, …?

Günther Mathé, MBA (careercenter): In unserer Trainerausbildung lernen die angehenden Trainer, dass eine gute Vorbereitung wesentlich für den Trainingserfolg ist, ein gutes Training aber meist von der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Trainers abhängt.
Wichtig ist, die Hardfacts der Firma zu kennen: Wie ist der Webauftritt der Firma? Wie tritt sie in sozialen Medien auf. Ein Trainer sollte sie auch Leitbilder, Kataloge und zusätzliche Firmeninfos zuschicken lassen, um sich wirklich über Produkte und das Kerngeschäft genau zu informieren. Sehr oft gibt es eine Infomappe für neue Mitarbeiter, die dem Trainer auch behilflich ist, sich gedanklich gut auf die Firma und deren Mitarbeiter einzustellen.
Jeder Trainer sollte, auch wenn kein persönliches face to face Gespräch mit einer Führungskraft oder Teamleiter möglich ist, zumindest ein längeres Telefonat führen, um Details über die Mitarbeiter der einzelnen Teams rauszufiltern und um mögliche Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen für das Training abzuklären.
Gerade bei einem Teambuilding ist es sinnvoll, den Mitarbeitern im Vorfeld eine Infomail zu schicken, wo wichtige Eckdaten über das Hotel, den Seminarablauf und Dresscode beinhaltet sind. Bei Outdoortrainings kommt es immer wieder vor, dass Mitarbeiter im Anzug oder Frauen mit hohen Schuhen auf Grund fehlender Vorfeldinformation, die Übungen nicht mitmachen können bzw. wollen. Das kann man mit einem Infomail fein umgehen.
Wir empfehlen in der Ausbildung auch, bei Teambuildingseminaren immer mindestens zu zweit auf ein Training zu fahren, um möglichst spontan und flexibel zu bleiben. Gruppendynamische Aspekte und Wetter lassen es oft nicht zu, am geplanten Ablauf festzuhalten.
Die Trainer bekommen von uns während ihrer Ausbildung eine eigene Trainermappe mit den wichtigsten Inhalten und Übungen für persönlichkeitsbildende Seminare, um sich wirklich schnell auf ungewisse Rahmenbedingungen einstellen zu können. Diese Übungen trainieren wir während unserer Ausbildung, damit für fast jede Situation der Trainer eine Übung mit wenig Vorlaufzeit und Material parat hat.

Mag. Paul Bischofberger (Team|Manufaktur): Um hier gewissermaßen auch gleich die Antwort auf die nächste Frage vorwegzunehmen, nämlich, wie flexibel das Teambuilding ist, um spontan auftretende Anforderungen abzufedern und aufzufangen: bei Teamklausuren gehen wir davon aus, dass das Konzept, das wir im Vorfeld erstellt haben, nicht eins zu eins halten wird. Das unterscheidet diese Art von Veranstaltung von klassischen Trainings, und wir verwenden in so einem Fall auch gar nicht so gerne den Begriff Teamtraining als vielmehr den Begriff Teamklausur oder Teamtag.
Gerade wenn im Rahmen der Vorgespräche klar wird, dass die organisationsseitigen Ziele etwas unklar oder, wie in dem von Ihnen angeführten Beispiel, fast schon ein Schuss ins Blaue sind, bestehen wir darauf, sämtlichen Teilnehmern im Vorfeld einen Kurzfragebogen zusenden zu dürfen, in dem wir sie fragen, was aus ihrer Sicht für die Klausur relevante Themen wären, worüber wir besser nicht sprechen sollten, mit was für Gefühlen sie in die Klausur gehen u.a.m.
Im Rahmen unserer Ausbildungsgänge für Trainer und/oder Moderatoren bearbeiten wir diesen Punkt insofern ausführlich, als wir u.a. verschiedene technische Möglichkeiten vorstellen und besprechen (Papier-Bleistift, Mailumfrage, Online-Umfragetools) und exemplarische Umfragen für verschiedene Ausgangssituationen erstellen.

Bei obiger Ausgangssituation würde ich u.a. auf jeden Fall folgende zwei Fragen stellen:

  • Bitte beschreiben Sie die Stimmung in Ihrem Unternehmen auf einer Skala von Null bis Zehn, wobei Null bedeutet, dass die Stimmung nicht schlechter sein könnte und zehn, dass die Stimmung nicht besser sein könnte.
  • Wenn Sie nicht Zehn angekreuzt haben: Was müsste Ihrer Ansicht nach geschehen, damit Sie Ihren Punkt um zwei höher setzen würden als Sie dies zuvor getan haben?

Über die Team|Manufaktur-Homepage haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sämtliche Fragen – anonym – zu beantworten, und in dem beschriebenen Fall würde tatsächlich auch jedes Team einen jeweils eigenen Zugang zur Umfrage bekommen. Auf Basis dieser Antworten entwickeln wir dann das Konzept für den Teamtag und reduzieren gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit einem unpassenden Konzept in die Veranstaltung gehen.

Michaela Baumgartner (Group Austria): Vorbereitung für 3 Seminarangebote – die Mitarbeiter können aus diesen 3 unterschiedlichen Themen für diesen Tag – im Vorfeld –  ihre Priorität wählen. Das meist gewählte Thema wird als erstes Seminar abgehalten. Mögliche Folgeseminare könnten folgen.

  • Thema 1: Teambildung: Aktivitätsseminar mit Erlebnisfaktor
  • Thema 2: Kommunikationsseminar: Wie höre und verstehe ich mein Gegenüber besser
  • Thema 3: Körpersprache: Wie wirke ich und wie will ich wirken

Ziel dahinter ist, die Mitarbeiter mitbestimmen zu lassen. Es geht um Zufriedenheit und Loyalität. Das beginnt bei der Mitwirkung und Mitentscheiden des Einzelnen.

Tag des Trainings:

DAS wäre ja kaum zu erwarten gewesen: Jedes Team ist unterschiedlich strukturiert, hat verschiedene Herausforderungen und Zielsetzungen. Wie flexibel ist das Teambuilding im Laufe des Trainings-Tages, um die spontan auftretenden Anforderungen abzufedern und aufzufangen?

Günther Mathé, MBA (careercenter): Ein guter Trainer hält nicht zwangsweise an seinem Konzept fest, sondern erkennt was für die Gruppe gerade wichtig und dringend ist.
Entscheidend für die Flexibilität des Trainers ist natürlich, was die vorgegebenen Rahmenbedingungen der Personalabteilung sind. Ist der Personalabteilung wichtig, dass jedes Team genau das Gleiche macht? Gibt es im Jahr darauf aufbauende Trainings dafür, die als Basis einen Teil der Übungen und Inhalte brauchen?
Wir üben mit den Trainern in der Trainerausbildung in verschiedenen Settings, wie sie sich in veränderten Rahmenbedingungen verhalten können. Der Trainer muss erkennen, dass es wichtiger ist, die Leute in ein gutes Gefühl zu versetzen, als zwanghaft das vorbereitete Programm durch zu machen.
Der zweite Trainer unterstützt den Haupttrainer in seiner Spontanität. Wenn man merkt, dass die nächste geplante Übung jetzt unpassend für die Gruppe ist (weil sich das Wetter ändert oder die Übung zB bereits bekannt ist), bereitet der Co Trainer einen anderen Part vor und keiner der Teilnehmer wird es merken.
Wenn man merkt, dass ein Team bei diversen Themen Schulungsbedarf hat, dann muss man das in der Nachbesprechung unbedingt in der Personalabteilung deponieren.

Michaela Baumgartner (Group Austria): Dadurch dass eine persönliche Wahl zum Thema getroffen wurde, ist eine Motivation zum Thema zu erwarten. Die Tagesplanung ist mit Theorie und Praxis soweit ausgearbeitet, dass eine gute Balance besteht. Das Grundsätzliche ist, dass bei diesen Themen Teambuildungssequenzen so eingebaut sind, dass reger Austausch erwünscht ist.

Mag. Anna Langheiter (design.train.mastery): Da ja nicht als Training, sondern als Moderation angelegt, äußerst flexibel. Je nachdem, was die Gruppe hier braucht, würde ich mit Teamtools variieren bzw. den jeweiligen aktuellen Aspekt stärker herausarbeiten. Die inhaltlichen Themen können zeitlich gut angepasst werden – vielleicht braucht es dafür an der einen oder anderen Stelle eine straffere Moderation.

Isabella Schnabel (Easy Train): Jedes Training muss so konzipiert sein, dass der Spagat zwischen den Zielanforderungen des Auftraggebers und der am Seminar teilnehmenden Personen geschafft wird. Wir sind als Trainer beiden „Kunden“ gegenüber gleich verpflichtet. Eine Zielabfrage zu Beginn jedes Trainings ist daher unerlässlich. Die Kompetenz – sowohl fachlich als auch methodisch – des Trainers muss daher gewährleisten, dass die diesbezügliche Flexibilität gegeben ist. Der Gestaltungsrahmen des Trainings muss bis zu gewissen Grenzen variabel sein.

DI Wolfgang Paul Eisserer (Braining): Klar, bei jeder Durchführung werden die gesammelten Situationen anders aussehen, die Hauptprobleme werden idR zu 75% deckungsgleich sein. In der Vorbereitung werden aber mehrere Lernangebote vor-ausgewählt, so dass gruppenspezifisch am besten passende In- und Outdoor-Übungen angeleitet, durchgeführt und anschließend reflektiert werden können. Meine Empfehlung sieht nicht nur in fachspezifischen Themenbereichen eine mehr moderierende Rolle; Inspirationen durch den Trainer nur dann, wenn sie konkret zur Lösung beitragen können; jedenfalls mit Vertrauen in die Lösungskompetenz der Gruppen. Dh flexibel in der Auswahl der zu behandelnden Themen (Gruppenarbeiten und Trainer-Impulse) und in der Auswahl der vorbereiteten Team-Übungen.

Warum werden solche Aufträge immer wieder an Trainer weitergegeben, obwohl sie nicht besonders effizient sind?

Mag. SabineProhaska (seminar consult): Dafür gibt es mehrere Gründe:

Trainingsmaßnahmen werden oft als Feigenblatt benutzt. Nach dem Motto „Die GF hat ja etwas zur Stimmungsverbesserung getan, sogar Ressourcen dafür zur Verfügung gestellt. Also bitte beklagt euch nicht weiter!“ Ein Trainingstag- extern ausgelagert- ist natürlich bequemer, als sich in einen Prozess zu begeben und Dinge wie Kommunikation, Kompetenzaufteilungen, etc. im Unternehmen ernsthaft zu hinterfragen.

Ein weiterer Grund ist oft Unwissenheit der Auftraggeber darüber, wie Lernen und Verhaltensänderungen funktionieren. Das psychologische Wissen darüber, wie Menschen „ticken“ und was sie brauchen, fehlt.  In meinen Seminaren für Personalentwickler  zum Thema „Training, Coaching & Co“ bin ich sehr häufig mit unrealistischen Vorstellungen und Erwartungen konfrontiert. Dabei kann man aber den Kosten/Nutzen- Effekt erhöhen, wenn man dieses Wissen nutzt und die Angebote besser anpasst.

Wie wichtig ist denn Spontanität für einen Trainer bei Teambuildingveranstaltungen?

Mag. Paul Bischofberger (Team|Manufaktur): Meiner Ansicht nach ist das eine der wesentlichsten Voraussetzungen, um hier einen guten Job zu machen. Und an der Stelle trennt sich für mich auch die Spreu vom Weizen. Diese Flexibilität setzt ja nämlich auch voraus, dass man gewissermaßen offenen Auges ins Unbekannte läuft ohne auch nur eine Idee davon zu haben, wohin diese Reise führen wird. Das ist der große Unterschied zum klassischen Training: hier weiß ich ganz genau, wann ich was mache, worüber ich wann in welcher Form spreche, welche Übungen ich wann einsetze und was am Ende des Tages herauskommen sollte. Natürlich kommt es auch hier vor, dass ich meine Inhalte auf die Schnelle dem Teilnehmerwissen bzw. den Teilnehmerinteressen anpassen muss, und bspw. die eine oder andere Übung oder einen Theorieblock kurzfristig rausnehme und durch einen anderen ersetze. Aber weder meine Kollegen noch ich haben es jemals erlebt, dass wir das gesamte Trainingsdesign über den Haufen werfen mussten.
In Teamklausuren ist das eher die Regel denn die Ausnahme. Hier arbeite ich uneingeschränkt prozessorientiert. Wirklich klar sind für mich normalerweise nur die ersten ein, zwei Stunden des ersten Klausurtages, wenn es darum geht, ebendiese teamrelevanten Themen zu erheben. Sobald diese bekannt bzw. benannt sind, entscheide ich spontan, wie ich welches Thema bearbeitbar mache.
Genau daran arbeiten wir im Rahmen unserer Ausbildungen für Workshopmoderatoren: einerseits viel Wissen über Teams weiterzugeben, sodass man als Trainer oder Moderator weiß, was machbar und sinnvoll ist und was nicht, andererseits Methodenkompetenz zu vermitteln, sodass die unterschiedlichsten Fragestellungen produktiv bearbeitbar gemacht werden können.

Train the Trainer | Wie viel Spontanität muss im Trainer-Alltag Platz finden?

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