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Weiterbildungs-Wille bei Führungskräften bedeutet … den ersten Schritt zur Tür raus?

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Bestehende Mitarbeiter mit dem Wunsch, einen berufsbegleitenden MBA oder eine ähnlich intensive Führungskräfte-Ausbildung zu absolvieren, lässt manche Personalabteilung unruhig werden. Ein Mitarbeiter, der aus eigenem Antrieb eine umfassende Ausbildung anstrebt, möchte diese – nanonaned – voraussichtlich auch umsetzen. Was wenn das im eigenen Unternehmen nicht möglich ist? Wenn das im eigenen Unternehmen nicht gewollt ist? Von Unternehmens- oder Mitarbeiter-Seite?

Tja, dann wird es eng. Oder es wird positiv wahrgenommen und aktiv mit Entwicklungs-Möglichkeiten gespielt, finanzielle und/oder zeitliche Unterstützung von Unternehmens-Seite diskutiert, ein gemeinsamer Karriereweg diskutiert. So einfach? Nein. So einfach ist es nicht.

 

Ja, ich bin mir bewusst, dass ich hier Äpfel mit Birnen mit Semmeln vergleiche. Ich beziehe meine Fragen auf intensive MBA-Studien genauso wie auf kürzere Weiterbildungen. Grundtenor ist: fundierte & intensive Ausbildung für Führungskräfte. Ohne genau zu definieren, wie sie konkret auszusehen hat. Denn genau darum geht es: was ist sinnvoll … wann … für wen rechnet es sich?

Experten-Interview

Abermals lade ich meine Experten-Runde zum Gespräch:

..

Ein bestehender Mitarbeiter strebt eine externe Führungskräfte-Ausbildung / ein berufsbegleitendes MBA-Studium an. Worauf sollte sich die Führungskraft / die HR-Abteilung gefasst machen?

Günther Mathé, MBA (careercenter): Grundsätzlich ist es immer ein Zeichen nach einem Veränderungswunsch. Wenn ein Mitarbeiter so viel Zeit berufsbegleitend in seine Weiterentwicklung steckt, hat er tendenziell auch das Bedürfnis, dass sich dann mit einem erfolgreichen Abschluss für ihn auch etwas verändert. Ein Unternehmen sollte sich daher rechtzeitig darum kümmern, dem Mitarbeiter die passende Anerkennung und Wertschätzung für so ein Engagement entgegen zu bringen, um ihn dadurch auch weiterhin an das Unternehmen zu binden. Mit finanzieller Unterstützung (abgesichert im Rahmen eines Bildungskontos) oder zeitlichem Entgegenkommen (freie Tage für die Ausbildung oder zum Lernen) oder internen Workshops, in denen der Mitarbeiter sein erworbenes Wissen weiter gibt, merkt der Mitarbeiter, dass er wahrgenommen und geschätzt wird. Wenn ihm rechtzeitig interne Karrieremöglichkeiten oder Gehaltssprünge durch die Ausbildung aufgezeigt werden, schafft das Unternehmen vielleicht den Mitarbeiter weiterhin ans Unternehmen zu binden. Wenn er sich durch den Abschluss seiner Weiterbildung dennoch verabschiedet, kann das niemand verhindern.

Mag. Robert Korp (Dale Carnegie Austria): Sie sollte eruieren, welche Motive der betreffende MA hat und sich die Frage stellen, was im internen Angebot eventuell fehlt. Im Sinne der Weiterentwicklung aber die Initiative unterstützen bzw. fördern.

MMag. Victor Mihalic (EBC*L): Ehrlich gesagt würden bei mir sofort die Alarmglocken schrillen. Mit einem MBA sind zwei lange Jahre verbunden, in denen eine wichtige Schlüsselkraft durch die enorme Mehrfach-Belastung – Beruf, Familie, Studium – sicherlich nicht 100 % Leistung für das Unternehmen erbringen wird können. Ob sich diese Investition rechnen wird, ist zudem äußerst ungewiss. Die Qualität und die Umsetzbarkeit für den Unternehmensalltag der mittlerweile hunderten unüberschaubaren MBA-Programme ist fraglich. Zudem sind nach Abschluss höhere Gehaltsforderungen als auch Abwanderungstendenzen zu erwarten. Warum sonst sollte sich der Mitarbeiter diese Belastung antun wollen? Des Weiteren hätte ich für diese exklusive Sonderbehandlung gegenüber seinen Kollegen erheblichen Erklärungsbedarf.
Mein alternatives Angebot wäre eine umfassende Führungskräfteausbildung, die ihm das tatsächlich für die Praxis notwendige Know how bringt. Das kann allerdings kein Drei-Tages-Schnellsiedekurs sein, sondern sollte eine hohe Wertigkeit sowie eine Imagekomponente haben. Daher sollte am Ende des Lehrgangs keine Teilnahmebestätigung, sondern ein anerkanntes, übergeordnetes Zertifikat stehen, das den Stellenwert der Ausbildung deutlich macht.

Petra Schulte (USP-D Consulting): Ein Mitarbeiter, der sich für seine weitere Entwicklung nach außen wendet, will nicht nur Karriere machen, sondern sieht die Hebel dafür auch nicht zwangsläufig im eigenen Unternehmen. Haben wir es mit sehr kleinen Unternehmen zu tun, die keine eigene Führungskräfte-Entwicklung anbieten, liegt die externe Suche nahe. Doch im Gespräch mit dem Vorgesetzten oder HR-Leiter lassen sich auch andere Alternativen für ein externes Programm finden, wie zum Beispiel ein begleitendes Coaching oder ein Qualifizierungsprojekt, bzw. beides in Kombination miteinander.
Werden jedoch Führungskräfte -Ausbildungen angeboten und der Mitarbeiter bemüht sich dennoch um ein externes Programm, sollte geklärt werden, welche Beweggründe der Mitarbeiter hat. Möglicherweise ist das Führungskräfte-Programm oder das MBA-Studium ein Signal für fehlende Orientierung des Mitarbeiters über die Angebote der Organisation, fehlende Unterstützung durch den Vorgesetzten oder fehlenden Bindungswillen des Mitarbeiters. Diese Klärungsarbeit sollte jeder weiteren Investition vorangehen, bevor der Mitarbeiter sich selbst und seinen nicht diskutierten Entscheidungen überlassen wird.
Viele MBA-Studien gehen einem grundlegenden beruflichen Wechsel voran. Der Kausalzusammenhang wird oftmals umgekehrt gesehen, so als entwickelte der Mitarbeiter im MBA-Studium den Wunsch nach Veränderung, doch der Impulsgeber liegt zeitlich meist vor dem Studium und entspringt der vom Mitarbeiter subjektiv erlebten Karrierestagnation oder einer beruflichen Sackgasse. Vor allem, wenn Mitarbeiter keine akademische Ausbildung mitbringen, im Unternehmen jedoch erkennen können, dass für die gehobene Managementkarriere ein Studium als Voraussetzung gilt, entwickeln sie den starken Glauben, sich persönlich beweisen und weiter qualifizieren zu müssen, um im Unternehmen zukünftig punkten zu können.
Externe FK-Programme und berufsbegleitende MBA-Studien sind ein deutliches Signal für bestehende Unruhe, Unzufriedenheit und persönlich erlebte fehlende Auslastung im aktuellen Tätigkeitsfeld. Diese Entwicklungswünsche beantworten subjektiv erlebte Defizite und sollten gehört und gemeinsam bearbeitet werden.
Nach dem Motto „Reisende soll man nicht aufhalten“ wurden schon viele Karrierestrebende indirekt aus der Organisation gedrängt, weil ihr Anliegen, sich extern für höhere berufliche Weihen zu qualifizieren, intern verhindert und abgewertet wurde. Doch gerade die Investition – durch Freizeit, Freistellung, Bildungsurlaub oder auch finanzielle und organisatorische Erleichterungen – in die Kompetenz und den Selbstwert eines Mitarbeiters zieht nicht nur die aktive Rückerstattung durch erhöhte Motivation, neue Arbeitsmethoden und Sichtweisen, sondern auch die langzeitige Bindung des Mitarbeiters nach sich. Loyalität lässt sich nicht kaufen, aber sie lässt sich durch Entwicklungsverhinderung deutlich schmälern.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Da bieten unterschiedliche Firmen unterschiedliche Art der Unterstützung an – es reicht von „um Gottes Willen, da konzentriert sich jemand dann mehr auf eine Ausbildung“ bis zur finanziellen und zeitlichen Unterstützung und Einbindung von unternehmensrelevanten Projekten.
Führungskräfte-Ausbildung ist dort sehr hilfreich, wenn es um angehende Führungskräfte geht oder ein Pool von potentiellen Führungskräften angelegt wird – das Gelernte kann relativ schnell in den Arbeitsalltag eingebunden werden – dabei sollten allerdings die Führungskräfte dieser Mitarbeiter tatkräftig eingebunden werden und die Umsetzung aktiv unterstützen.

Prof. (FH) Dr. Helmut Siller (E-learning-consulting): Die Führungskraft sollte zunächst erkennen, dass sich die Person weiterbilden und -entwickeln möchte. Das muss aber keine drei oder vier Jahre (da sind die üblichen planmäßigen Studiendauern in Österreich!) dauern, es geht auch in 12 oder 14 Monaten. Ein MBA weist den Absolventen als Persönlichkeit mit akademischer Zusatz-Ausbildung aus.
Es bedarf auch gar keiner zeitlichen Freistellung seitens des Arbeitgebers, da so ein MBA auch in Form eines Fernstudiums absolviert werden kann. Keine Angst: Der Mitarbeiter wird sich nicht verabschieden, aber er möchte zeigen, dass er „noch mehr drauf hat“. Freuen Sie sich, dass Sie solche Mitarbeiter haben!

Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching Consulting): Die Führungskraft hat einen Mitarbeiter, der sich für Führen interessiert. Und da es ein nicht unbedeutender zeitlicher Aufwand ist,  eine externe FK-Ausbildung oder ein MBA Studium berufsbegleitend zu starten, ist das ein sehr deutlicher Hinweis auf Karrierestreben. Für die Führungskraft gibt das die Möglichkeit, mit ausreichend Zeitvorsprung, die Karriere zu unterstützen und sich somit sukzessive ein bedeutendes Netzwerk ehemaliger Mitarbeiter zu schaffen. Gleichzeitig kann zeitgerecht die Nachfolge im eigenen Team geplant werden. Für sich selbst oder für den Mitarbeiter. Finanzielle Beteiligungen an der Ausbildung von Unternehmensseite können oftmals den Verbleib des Mitarbeiters im Unternehmen unterstützen. Die HR Abteilung hat ausreichend Zeit, für den Mitarbeiter Jobs und/oder Programme im Unternehmen/im Konzern auszuloten. So können dem Mitarbeiter in Folge adäquate Angebote in Nachwuchsführungskräfteprogrammen oder aktuelle Führungsjobangebote gemacht werden. Im besten Falle win/win für alle Seiten.

Marianne Grobner (Grobner Consulting & Fachhochschule Vorarlberg): Zunächst einmal sollte man sich auf eine gewisse zeitliche Zusatzbelastung des Mitarbeitenden während des Studiums einstellen. Wenn man als Dienstgeber einen guten Lernverlauf ermöglichen und von der Kompetenzerweiterung profitieren möchte, sollte geprüft werden, ob einerseits eine gewisse zeitliche Freistellung oder auch vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit möglich ist und welche konkreten Themen und Projekte dem studierenden Mitarbeitenden als Lern- und Entwicklungsfeld übertragen werden können. Man kann davon ausgehen, dass wer studiert, sich durch das Studium über kurz oder lang einen Karrieresprung erhofft. Da muss das Unternehmen überlegen, ob es einen solchen auch bieten kann. Engagierte Studierende möchten Erlerntes auch gerne im Betrieb ausprobieren und umsetzen. Sie brauchen auch die Möglichkeit, ihr neues Knowhow auf den Alltag zu übertragen. Wenn sie da immer wieder eingebremst werden und  gegen Wände laufen, kann ein hohes Frustpotenzial entstehen. Letztendlich werden solche qualifizierten Mitarbeiter gehen.

Welche Möglichkeiten der positiven Mitarbeiter-Bindung sehen Sie?

Ulrike Jung (hrdiamonds): Eine typische Vereinbarung, wenn Mitarbeiter eine berufsbegleitende Weiterbildung absolvieren, ist z.B. die finanzielle Unterstützung seitens des Unternehmens, die Mitarbeiter werden dafür durch Verträge an das Unternehmen gebunden. In anderen Fällen verzichten Mitarbeiter für eine bestimmte Zeit auf eine Gehaltserhöhung o.ä. Innovativ und abwechslungsreich wären doch auch andere flexiblere Möglichkeiten, die einerseits für das Unternehmen, als auch für den Mitarbeiter gewinnbringend wären. Varianten wie die Kostenübernahme durch den Mitarbeiter, dieser kann dafür aber in neue Rollen schlüpfen oder kostenlos Projekte durchführen etc. wären denkbar. Diese würden einerseits dem bitteren Beigeschmack eines formalen Vertrages entgegensteuern aber auch motivierend für den Mitarbeiter wirken.

Was sollte eine Führungskräfte-Ausbildung in der Praxis tatsächlich bewirken?

Mag. Robert Korp (Dale Carnegie Austria): Sehr viele Top-Führungskräfte sind Manager aber keine Leader. Steuerung eines Unternehmens oder eines Teams in einer volatilen und sich rasch verändernden Welt funktioniert nicht ohne ausgeprägte Leadership Skills. Egal welche Ausbildung, wir brauchen starke, gewinnende Persönlichkeiten als Führungskräfte.


Die Gesprächspartner

Weiterbildungs-Wille bei Führungskräften bedeutet … den ersten Schritt zur Tür raus?

HRweb

Mag. Robert Korp
Geschäftsführer

Dale Carnegie Austria


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Veronika Aumaier, MAS, MSc
Eigentümerin und Geschäftsführerin

Aumaier Coaching Consulting GmbH


mathe-guenther-careercenter-150_qGünther Mathé, MBA
Geschäftsführer

careercenter


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Petra Schulte
Geschäftsführende Gesellschafterin

USP-D Consulting GmbH


HRwebMMag. Victor Mihalic
Geschäftsführer

EBCL International GmbH


ladinig_corinna_ctc_150_qCorinna Ladinig, MBA
Geschäftsführung

CTC Academy OG


HRwebMarianne Grobner
Beraterin, Autorin und Hochschullehrerin

Grobner Consulting & Fachhochschule Vorarlberg


HRwebUlrike Jung
Management Board, Personalentwicklerin & Coach

HRdiamonds


HRwebProf. (FH) Dr. Helmut Siller

ELC E-Learning-Consulting GmbH


Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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